Matwei Wassiljewitsch Golowinski

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Matwei Wassiljewitsch Golowinski (auch: Mathieu; Russisch: Матвей Васильевич Головинский) (* 6. März 1865 in Iwaschewka (Ивашевка); † 1920 in Petrograd) war ein russisch-französischer Autor und Journalist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war der Sohn von Wassilij Golowinski, einem Aristokraten und Freund Dostojewskis (beide waren Mitglieder der Petraschewzen). Als der Vater 1875 starb, wurde Matwei von seiner Mutter und einem französischen Kindermädchen erzogen. Während seines Jurastudiums trat Golowinski einer antisemitischen und konterrevolutionären Gruppe bei, der „Heiligen Bruderschaft“ (Святое Братство), die mit gefälschten und manipulierten Dokumenten hantierte, um ihre Gegner zu diskreditieren.[1] Nach seinem Abschluss wurde Golowinski für die Ochrana tätig, für die er regierungsfreundliche Pressemeldungen arrangierte. Maxim Gorki enttarnte diese Tätigkeit öffentlich, was Golowinski zur Emigration zwang.

In Frankreich schrieb er Presseartikel im Auftrag Ratschkowskis, damals Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes in Paris. Im Rahmen dieser Tätigkeit soll er auch der Autor der berüchtigten Protokolle der Weisen von Zion gewesen sein, um „Beweise“ für eine kapitalistische und antizaristische Verschwörung gegen Nikolaus II. zu liefern.[2]

Er kehrte um 1905 nach Russland zurück. Er wechselte später die Seite und war von 1917 bis zu seinem Tod für die Bolschewisten tätig.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits Konrad Heiden identifizierte Golowinski und Ratschkowski 1944 als Autor bzw. Auftraggeber der sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion“, was jedoch nicht abschließend geklärt ist.

Die Annahme beruht wesentlich auf die Veröffentlichung der Erinnerungen des Grafen Alexandre du Chayla 1921, Zeugenaussagen anlässlich des Berner Prozesses von 1934/1935 und der Expertise du Chaylas vor dem Gericht in Bern.[3] Es wird inzwischen aber davon ausgegangen, dass die Zeugenaussagen vor dem Gericht und die Angaben des Grafen einzelne Fakten mit Fiktionen vermischten.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Hagemeister: Die „Protokolle der Weisen von Zion“ vor Gericht. Der Berner Prozess 1933–1937 und die „antisemitische Internationale“. Zürich : Chronos, 2017, ISBN 978-3-0340-1385-7, Kurzbiografie S. 534

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. The Daily Telegraph am 19. November 1999: 'Protocols of Zion' forger named (Memento vom 28. Mai 2008 im Internet Archive)
  2. br-online (Memento vom 29. August 2004 im Internet Archive)
  3. Michael Hagemeister, Sergej Nilus und die "Protokolle der Weisen von Zion" - Überlegungen zur Forschungslage Überarbeitete Fassung eines Vortrags vom 14. Dezember 1994 am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin.
  4. Wolfram Meyer zu Uptrup Rezension zu Cesare G. de Michelis, The Non-Existent Manuscript. A Study of the Protocols of the Sages of Zion. Lincoln 2004. In: H-Soz-u-Kult 21. September 2005. (PDF; 65 kB)