Maurus von Salerno

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Maurus von Salerno (* um 1130 in Süditalien, wahrscheinlich Kalabrien; † 1214 in Salerno), kurz auch Maurus, war ein italienischer Arzt und medizinischer Schriftsteller. Als Hochschullehrer war er einer der berühmtesten Ärzte der Medizinschule von Salerno.

Er stammte aus einer wohlangesehenen Familie aus Süditalien. Sein Schüler Gilles de Corbeil bezeichnet ihn in seinem De laudibus compositorium als „Landsmann“ von Urso von Kalabrien, was darauf schließen lässt, dass Maurus ebenfalls aus Kalabrien stammte.

Er studierte an der Schule von Salerno etwa zwischen 1150 und 1160 bei Matthaeus Platearius († 1161) und Petrus Musandinus, dem Schüler und Nachfolger von Bartholomäus von Salerno und lehrte in leitender Funktion Medizin an der Schule von Salerno von etwa 1165 bis etwa 1200. In seinem Werk (De) Phlebotomia (bzw. De Flebotomia[1]) nahm er eine Bearbeitung des als Phlebotomia Hippocratis bezeichneten, im Textkern bis ins 8. Jahrhundert zurückgehenden und im Mittelalter weitverbreiteten pseudo-hippokratischen Aderlass-Traktats[2] auf, mit der er auch die Blutschau (Krankheitsprognose und -diagnose aus dem Blut) als Standardmethode in die Medizin einführte. Seine Bearbeitung, der im Gegensatz zu vielen anderen Aderlasstrakt-Verfassern seiner Zeit nicht die Aderlassstellen, sondern die Indikationen in den Vordergrund stellt,[3] wurde auch in deutschsprachigen Texten (etwa im ‚Arzneibuch‘ des Ortolf von Baierland und im sogenannten ‚Oberdeutschen Aderlaßbüchel‘) des Spätmittelalters überliefert.[4] Seine um 1160 am Golf von Neapel entwickelte Harnlehre, die Regulae urinarum,[5] befasst sich als Harnregionenlehre vor allem mit der Harnschau und wurde ab 1180 (in Thüringen oder Meißen) ins Deutsche übersetzt. Übersetzungen in weitere Sprachen und Rückübersetzungen ins Lateinische folgten.[6][7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Morris H. Saffron: Maurus of Salerno. Philadelphia 1972 (= Transactions of the American Philosophical Society. Neue Folge 62, 1).
  • Faith Wallis: Maurus of Salerno. In: Thomas F. Glick, Steven John Livesey, Faith Wallis: Medieval science, technology, and medicine: an encyclopedia. Routledge Chapman & Hall, New York u. a. 2005, ISBN 0-415-96930-1, S. 334. (englisch)
  • Gundolf Keil: Maurus von Salerno. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 897–898.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rudolf Buerschaper: Ein bisher unbekannter Aderlaßtraktat des Salernitaner Arztes Maurus: »De Flebotomia«. Medizinische Dissertation Leipzig 1919.
  2. Gundolf Keil: ‚Phlebotomia Hippocratis‘. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1154–1155.
  3. Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer: Variationen über den Phlebotomie-Traktat ›Venarum minutio‹. Die Vorlage des sogenannten ›24-Paragraphen-Textes‹. In: Konrad Goehl. Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 45–65, hier: S. 48.
  4. Friedrich Lenhardt: Hämatoskopie-Traktate (Blutschau-Traktate). In: Burghart Wachinger u. a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 3. De Gruyter, Berlin / New York 1981, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 422–425.
  5. Salvatore de Renzi, Charles Victor Daremberg, August Wilhelm Henschel (Hrsg.): Collectio Salernitana: ossia documenti inediti, e trattati di medicina appartenenti alla scuola medica Salernitana.] 5 Bände, Tipografia del Filiatre-Sebezio, Neapel 1852–1859; Neudruck Bologna 1967 (= Biblioteca di storia della medicina. II, 1–5). Band 3 (1854), S. 2–51.
  6. Friedrich v. Zglinicki: Die Uroskopie in der bildenden Kunst. Eine kunst- und medizinhistorische Untersuchung über die Harnschau. Ernst Giebeler, Darmstadt 1982, ISBN 3-921956-24-2, S. 23 f.
  7. Gundolf Keil: Der anatomei-Begriff in der Paracelsischen Krankheitslehre. Mit einem wirkungsgeschichtlichen Ausblick auf Samuel Hahnemann. In: Hartmut Boockmann, Bernd Moeller, Karl Stackmann (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Politik – Bildung – Naturkunde – Theologie. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1983 bis 1987 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen: philologisch-historische Klasse. Folge III, Nr. 179). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-82463-7, S. 336–351, hier: S. 343.