Megalenzephalie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Klassifikation nach ICD-10
Q04.5 Megalenzephalie
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Megalenzephalie (von altgriechisch μέγας megas, megalo, deutsch ‚groß‘ und altgriechisch ἐγκέφαλος enképhalos, deutsch ‚Gehirn‘) ist eine sehr seltene angeborene Veränderung mit einem ungewöhnlich großen Gehirn und Schädel (Makrozephalie) ohne erhöhten Hirndruck.[1][2]

Synonyme sind: Makroenzephalie, familiäre; Makroenzephalie; Kephalonie

Die Bezeichnung wurde bereits im Jahre 1900 durch den englischen Pathologen H. M. Fletcher geprägt.[3]

Ausführlich wurde das Krankheitsbild im Jahre 1972 durch den US-amerikanischen Neurologen William Erl DeMyer (1924–2008).[4]

Im Gegensatz zur Makrozephalie beruht die Zunahme des Kopfumfangs auf vermehrtem Wachstum des Gehirnes.[5]

Eine nur eine Hirnhälfte (Hemisphäre) betreffende Vergrößerung wird als Hemimegalenzephalie, Synonym: Unilaterale Megalenzephalie bezeichnet.[6]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Einteilung kann typischerweise als

erfolgen.[5]

Verbreitung und Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Häufigkeit ist nicht bekannt, das männliche Geschlecht ist im Verhältnis 4:1 häufiger betroffen. Die Vererbung erfolgt in den meisten Fällen autosomal-dominant.[1][7]

Daneben gibt es eine autosomal-rezessiv vererbte Form. Dieser Erkrankung liegen Mutationen im TBC1D7-Gen auf Chromosom 6 Genort p24.1 zugrunde.[8]

Klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klinische Kriterien sind:[1]

  • Makrozephalie mit Kopfumfang bei 2 Dritteln um 2 cm oberhalb der 98. Perzentile, bei einem Drittel um 2–4 cm darüber
  • abnormes Kopfwachstum zu 80 % in den ersten 4 Lebensmonaten
  • Körpergewicht und Länge normal
  • in über 90 % normale Intelligenz, Neurologie normal, keine assoziierten Fehlbildungen
  • Manifestationsalter schon vorgeburtlich oder in der Neugeborenenzeit

Es besteht eine hohe Assoziationen mit Autismus[9][10], aber auch mit Achondroplasie, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, Neurofibromatose Typ 1, Tuberöser Sklerose, Klippel-Trénaunay-Weber-Syndrom und Epidermal-Naevus-Syndrom.

Differentialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abzugrenzen sind Makrozephalien. z. B. infolge intrakranieller Druckerhöhung.[1]

Im Rahmen von Syndromen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Megalenzephale kann bei verschiedenen Syndromen mit Leitsymptom sein:

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 266., aktualisierte Auflage, de Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-033997-0 Stichwort Megalenzephalie
  3. H. M. Fletcher: A Case of Megalencephaly. Bd. 51. 1900, London, Pathological Society of London, S. 230–232.
  4. W. DeMyer: Megalencephaly in children. Clinical syndromes, genetic patterns, and differential diagnosis from other causes of megalocephaly. In: Neurology. Band 22, Nummer 6, Juni 1972, S. 634–643, PMID 4673338.
  5. a b P. Pavone, A. D. Praticò, R. Rizzo, G. Corsello, M. Ruggieri, E. Parano, R. Falsaperla: A clinical review on megalencephaly: A large brain as a possible sign of cerebral impairment. In: Medicine. Band 96, Nummer 26, Juni 2017, S. e6814, doi:10.1097/MD.0000000000006814, PMID 28658095, PMC 5500017 (freier Volltext) (Review).
  6. Hemimegalenzephalie. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  7. Megalencephaly, autosomal dominant. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  8. Macrocephaly/megalencephaly syndrome, autosomal recessive. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  9. C. W. Nordahl, N. Lange u. a.: Brain enlargement is associated with regression in preschool-age boys with autism spectrum disorders. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 108, 2011, S. 20195, doi:10.1073/pnas.1107560108.
  10. E. Redcay, E. Courchesne: When is the brain enlarged in autism? A meta-analysis of all brain size reports. In: Biological psychiatry. Band 58, Nummer 1, Juli 2005, S. 1–9, doi:10.1016/j.biopsych.2005.03.026, PMID 15935993
  11. Megalenzephalie-Polymikrogyrie-postaxiale Polydaktylie-Hydrozephalus-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  12. Megalenzephalie-schwere Kyphoskoliose-Großwuchs-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  13. Polyhydramnion-Megalenzephalie-symptomatische Epilepsie-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. Lorber, B. L. Priestley: Children with large heads: a practical approach to diagnosis in 557 children, with special reference to 109 children with megalencephaly. In: Developmental medicine and child neurology. Band 23, Nummer 4, August 1981, S. 494–504, PMID 7274594.