Meister des Tegernseer Hochaltars

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Tegernseer Hochaltar, Mittelteil: Kreuzigung, Oberbayern, um 1445

Als Meister des Tegernseer Hochaltars wird der namentlich nicht bekannte spätgotische Maler bezeichnet, der um 1445/6 den Hochaltar für die Klosterkirche des Benediktinerklosters am Tegernsee in Oberbayern gemalt hat.

Identifizierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Künstler wird manchmal nach der lateinischen Bezeichnung des Altars mit Tegernseer Tabula Magna als Meister der Tegernseer Tabula Magna benannt.[1][2] Die mit Große Tafel zu übersetzende Bezeichnung weist auf das mit sechs Metern Höhe und sechs Metern Breite ungewöhnlich große Gesamtformat des Altars hin.

Zunächst wurde der Tegernseer Altar Gabriel Mälesskircher zugeordnet, einem Maler, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Südbayern tätig war; dann aber konnte nachgewiesen werden, dass der Altar aus der Malergeneration vor Mälesskircher stammte und seinem Schöpfer wurde ein eigener Notname nach dem Werk gegeben.[3]

Es wird nach neueren kunsthistorischen Forschungen vorgeschlagen, den Tegernseer Hochaltar dem Werk von Gabriel Angler zuzurechnen, einem Maler, der ab 1430 in München als Tafel- und Freskomaler wirkte und der Lehrmeister von Gabriel Mälesskircher war.[4][5][6]

Der Tegernseer Hochaltar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Altar war dem heiligen Quirinus gewidmet, dem Schutzpatron des Klosters. Die Außenflügel stellen Szenen aus dem Martyrium des Heiligen dar, die Innenseiten und der Mittelteil zeigen Szenen aus der Passion Christi. Die Passionsszenen stellen die Geschehnisse in dramatischen, sogenannten volkreichen Szenen dar,[7] in gedämpften grauen und braunen Tönen. Die noch erhaltenen Tafelbilder des im 17. Jahrhundert aufgelösten Altars befinden sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg,[8] im Bayerischen Nationalmuseum in München[9] und im Diözesanmuseum der Erzdiözese München und Freising.[10]

Stilistische Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Meister des Tegernseer Hochaltars gehört – wie auch der Meister der Pollinger Tafeln – zu einer Gruppe von spätgotischen Malern im Münchner Raum, die in einem aus der Tradition gewachsenen, lokal geprägten neuen gotischen Realismus malen; deren erzählerische Dramatik und Drastik waren dann mitbestimmend für die Malerei der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Oberbayern, auch wenn die Malergeneration nach ihnen mehr durch den spätgotischen Stil der Malerei in Flandern beeinflusst war.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Norbert Huse: Kleine Kunstgeschichte Münchens. 3. durchgesehene Auflage, München 2004, S. 18–21
  2. Christian Klemm: Meister der Tegernseer Tabula Magna. In: Robert-Henri Bautier, Robert Auty, Norbert Angerman (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters Band 6. München, Zürich 1993, Sp. 485
  3. Ernst Buchner: Der wirkliche Gabriel Mälesskircher. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst N.F. 13, 1938/39, S. 38–40
  4. Objektlink nach Inv.Nrn. einzeln aufzurufen (L 10/213-216). Bayerisches Nationalmuseum München, abgerufen am 12. August 2017. Volker Liedke: Die Münchner Tafelmalerei und Schnitzkunst der Spätgotik II. Vom Pestjahr 1430 bis zum Tod Ulrich Neunhausers 1472. München 1982, S. 26
  5. Tegernsee Altar, Master of the. In: Gordon Campbell (Hrsg.): The Grove Encyclopedia of Northern Renaissance Art. Oxford 2009 (Englisch, Onlineversion)
  6. Helmut Möhring: Betrachtungen zu Tabula Magna und der Lettnerkreuzigung aus Tegernsee. In: Hartmut Krohm, Eike Oellermann (Hrsg.): Flügelaltäre des späten Mittelalters. (Beiträge des internationalen Colloquiums „Forschung zum Flügelaltar des späten Mittelalters.“ Oktober 1990), Berlin 1992, S. 127–143
  7. Elisabeth Roth: Der volkreiche Kalvarienberg in Literatur und Kunst des Spätmittelalters. Berlin 1958, S. 80–82
  8. Germanisches Nationalmuseum, Gm1055. http://objektkatalog.gnm.de/objekt/Gm1055
  9. Bayerisches Nationalmuseum, L 10/213 bis 10/216; L BStGS 1436
  10. Diözesanmuseum der Erzdiözese München und Freising, L9901
  11. Helmut Möhring: Die Tegernseer Altarretabel des Gabriel Angler und die Münchner Malerei von 1430–1450. München 1997

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Feuchtmayr: Die Anfänge der Münchner Tafelmalerei – Ausstellung in der Neuen Staatsgalerie. München 1935
  • Ernst Buchner: Der wirkliche Gabriel Mälesskircher. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst. N.F. 13, 1938/39, S. 38–40
  • Volker Liedke: Die Münchner Tafelmalerei und Schnitzkunst der Spätgotik II. Vom Pestjahr 1430 bis zum Tod Ulrich Neunhausers 1472. München 1982
  • Tegernsee Altar, Master of the. In: Gordon Campbell (Hrsg.): The Grove Encyclopedia of Northern Renaissance Art. Oxford 2009 (Englisch, Onlineversion)
  • Mälesskircher, Gabriel. In: Colum Hourihane (Hrsg.): The Grove Encyclopedia of Medieval Art and Architecture. Band 3, Oxford 2012, S. 185