Menouvetunnel

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Menouvetunnel
Traforo del Menouve
Offizieller Name Tunnel du Menouve
Nutzung Strassentunnel
Ort Col Nord de Menouve
Länge 2331 m
Anzahl der Röhren 1
Breite 6,00 m
Höhe 5,20 m
Größte Überdeckung 500 m
Bau
Baubeginn 1856
Fertigstellung - (1857 eingestellt)
Lage
Menouvetunnel (Kanton Wallis)
Menouvetunnel (Kanton Wallis)
Koordinaten
Nordportal 581595 / 81899
Südportal 45° 52′ 10,5″ N, 7° 12′ 54″ O

Der Menouvetunnel (italienisch Traforo del Menouve, französisch Tunnel du Menouve) ist ein Infrastrukturprojekt für einen frühen grenzüberschreitenden Tunnel in den Walliser Alpen, dessen Ausführung kurz nach Baubeginn 1856 eingestellt wurde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der um die Mitte des 19. Jahrhunderts geplante Scheiteltunnel sollte das Aostatal im Königreich Sardinien mit dem Rhonetal im Kanton Wallis in der Schweiz und mit Frankreich verbinden.

In mehrjährigen Studien bestimmten schweizerische und sardinische Ingenieure die geeignete Linienführung für eine leistungsfähige Verkehrsverbindung von Turin in das Wallis. Man suchte einen ganzjährig offenen Ersatzweg für die schwierige Passage über den hohen Grossen Sankt Bernhardpass. Auf der Walliser Seite hatte Ingenieur Ignaz Venetz im Auftrag des Kantons schon seit den 1840er Jahren begonnen, eine neue Fahrstrasse durch das Val d’Entremont abzustecken, und 1851 begann er mit den Ingenieuren de Quartéry und de Torrenté die möglichen Zufahrtswege zum Menouvetunnel sowie andere mögliche Tunnelführungen im Gebiet zu prüfen. Im Staatsarchiv des Kantons Wallis in Sitten liegen verschiedene von Venetz und seinen Mitarbeitern gezeichnete Pläne mit den Streckenvarianten.[1][2]

Vom Aostatal aus leitete Chorherr Georges Carrel, treibende Kraft hinter dem Vorhaben, die Planung der Zufahrtsstrecke. In den 1850er Jahren kam angesichts des raschen Fortschritts im Eisenbahnbau die Variante ins Gespräch, die Verbindung mit dem Menouvetunnel als Bahnstrecke auszuführen, wozu viel aufwändigere Zufahrtsrampen als für eine Fahrstrasse nötig waren.

Kurz nachdem im Jahr 1856 die Vortriebsarbeiten beim südlichen Tunnelportal begonnen hatten, einigten sich die sardinische und die schweizerische Regierung 1857 darauf, das Tunnelprojekt von Menouve fallen zu lassen und stattdessen die Simplonstrecke auszubauen.[3] Zu diesem Zeitpunkt waren nur etwa 62 Meter des Tunnels auf südlicher Seite ausgebrochen, auf nördlicher Seite waren es sogar nur 39 m.[4]

Das Tunnelprojekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Tunnelachse war etwa vier Kilometer östlich des Grossen Sankt Bernhardpasses unter dem Menouvepass und dem Mont Menouve vorgesehen. Das südliche Tunnelportal im Vallon de Menouve im Gebiet der Gemeinde Étroubles liegt auf 2243 m, das nördliche Tunnelportal unterhalb der Gipfel der Becs Noirs in der Nähe der Skipiste des 2010 geschlossenen Skigebiets Super Saint Bernard auf 2307 m, ca. 400 m oberhalb des Portals des hundert Jahre später gebauten Autotunnels unter dem Grossen Sankt Bernhard.[5] Beide Portale sind erhalten, jedoch teils verschüttet bzw. einsturzgefährdet.

Der Tunnel hätte den Berg etwa 100 m tiefer als der Bernhardpass und 500 m unter dem Menouvepass durchquert.[6] Er wäre von beiden Seiten über lange Rampen zu erreichen gewesen, die südliche vom Bahnhof Aosta aus hätte auf der kurzen Strecke von ungefähr 16 Kilometern im schmalen Tal einen Höhenunterschied von knapp 2000 HM überwinden müssen, was beim Bau einer Eisenbahn zahlreiche Kunstbauten erfordert hätte.

An beiden ehemaligen Baustellen zeugen heute noch sowohl die Fundamentüberreste der Baracken für die Bauarbeiter als auch kleinere Schutthalden des Ausbruchmaterials vom angefangenen Bauprojekt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Perrin: Histoire inconnue d’un tunnel alpin. In: Les Alpes, 1961, S. 276–293.
  • Paul Perrin: Le chemin de fer en Valais (1850–1963). In: Annales valaisannes, 1965, S. 307–324. Hier S. 309–313.
  • Ignace Mariétan: La vie et l’oeuvre de l’ingénieur Ignace Venetz, 1788–1859. In: Bulletin de la Murithienne, 76, 1959, 1–51.
  • Amé Gorret, Claude Bich: Guide de la Vallée d’Aoste. Turin 1877.
  • Paul Perren: Die unbekannte Geschichte eines Alpentunnels. In: Die Alpen (Buch des Schweizer Alpen Clubs), 1961.
  • Enrico Martinet: Il traforo fantasma tra l’Italia e la Svizzera rinasce come teatro. In: La Stampa, 30. Juli 2016.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ignace Mariétan: La vie et l’oeuvre de l’ingénieur Ignace Venetz, 1788–1859. In: Bulletin de la Murithienne, 76, 1959, 1–51. Hier S. 50.
  2. Staatsarchiv Wallis: Menouve 24/25, 26/27.
  3. Schweizerisches Bundesarchiv: Route du Grand St-Bernard, tunnel de Menouve.
  4. Gian Mario Navillod: Non tutti sanno che… Il traforo italo-svizzero del Menouve. In: Tapazovaldoten.
  5. Paul Perrin: Die unbekannte Geschichte eines Alpentunnels Schweizer Alpen Club
  6. Enrico Martinet: Il traforo fantasma tra l’Italia e la Svizzera rinasce come teatro. In: La Stampa, 2016