Michael Blumhagen

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Michael Blumhagen (* 1958 in Graitschen bei Bürgel)[1] ist ein deutscher Bildhauer und Galerist und Vertreter der Jenaer DDR-Opposition.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Vater war der Dirigent Günter Blumhagen. Seit 1977 lebte und arbeitete Michael Blumhagen in Graitschen bei Bürgel, in der Nähe der Universitätsstadt Jena. Sein Haus entwickelte sich zum beliebten Treffpunkt für Künstler, Oppositionelle und jugendliche Aussteiger. Seit Anfang der achtziger Jahre war Blumhagen mit Matthias Domaschk, Roland Jahn, Gerold Hildebrand, Thomas Kretschmer, Petra Falkenberg und anderen aktiv in der Jenaer Friedensbewegung.

Zur Erinnerung an Matthias Domaschk, der am 12. April 1981 in der Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit Gera verstorben war, stellten Freunde Domaschks am 9. April 1982 eine Sandsteinskulptur auf dem Johannisfriedhof (Jena) auf. Die von Blumhagen geschaffene Plastik zeigte einen trauernden, Schutz suchenden Menschen mit den Lebensdaten Domaschks. Im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit wurde die 200 Kilogramm schwere Skulptur in den Abendstunden des 11. April 1982 entfernt. Nach deren Verbleib forschend, teilte man Blumhagen mit, sie sei beschlagnahmt, später hieß es, sie sei von "Unbekannten" gestohlen worden. Der konspirativ durchgeführte Abbau wurde von Roland Jahn fotografisch dokumentiert und vom Wochenjournal Der Spiegel veröffentlicht.

Blumhagen erhielt im Juni 1982 einen außerterminlichen Einberufungsbefehl zum Reservistendienst der Nationalen Volksarmee (NVA), ein häufig von den Behörden gegenüber missliebigen Personen und Oppositionellen eingesetztes Disziplinierungsinstrument. Da er bereits seinen aktiven Wehrdienst abgeleistet hatte, verweigerte Blumhagen die Einberufung und erklärte, den Dienst als Sozialen Friedensdienst oder als Bausoldat abzuleisten. Dies war für Reservisten rechtlich nicht vorgesehen. Nach Haussuchen und nachdem Interventionen u. a. bei Hermann Kant und Erich Honecker scheiterten, stellte sich Blumhagen am 15. Juni 1982 den Behörden. Seine Verurteilung erfolgte im Juli 1982. Blumhagens Haus in Graitschen bei Bürgel wurde baupolizeilich gesperrt und wegen angeblicher Baufälligkeit abgerissen. Nach Protesten aus dem In- und Ausland und nachdem Blumhagen in der Haft einen Ausreiseantrag gestellt hatte, wurde er im Dezember 1982 aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben.

Blumhagen ließ sich in West-Berlin nieder, war von hier aus für die DDR-Opposition aktiv und regte vor dem Hintergrund der atomaren Hochrüstung dieser Jahre u. a. den Abschluss persönlicher Friedensverträge zwischen Ost- und Westdeutschen an. Er organisierte in Berlin-Kreuzberg Straßenfeste und Künstlertreffpunkte und baute sich eine Existenz als Galerist, Gastronom und im Feinkosthandel mit Italien auf. Blumhagen lebt und arbeitet in Berlin und in Poppi, Provinz Arezzo (Italien).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ein Tod im Stasi-Gefängnis und eine verschwundene Plastik. DDR-Bildhauer riskiert Gefängnis. Taz 15. Juni 1982.
  • Trauernder Mann – wie die Blumhagen-Plastik von der Stasi gestohlen wurde. Der Spiegel 26/1982 (online).
  • Prozeß gegen Michael Blumhagen. Der Spiegel 27/1982.
  • Prozeß gegen Michael Blumhagen. Frankfurter Rundschau 14. Juni 1982.
  • Peter Bichsl: DDR-Behörden rissen Haus von Michael Blumhagen ab. Frankfurter Rundschau 5. August 1982
  • Udo Scheer: Vision und Wirklichkeit. Die Opposition in Jena in den siebziger und achtziger Jahren. Ch. Links Verlag Berlin 2002, ISBN 3861531860.
  • Henning Pietzsch: Opposition und Widerstand: Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit „Offene Arbeit“ Jena 1970-1989. Dissertation an der Technischen Universität Berlin 2004, als Publikation erschienen unter dem Titel: Jugend zwischen Kirche und Staat. Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit in Jena 1970-1989. Böhlau-Verlag Köln 2005, ISBN 3412172049.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Werner Schmidt (Hrsg.): Ausgebürgert : Künstler aus der DDR und aus dem sowjetischen Sektor Berlins ; 1949 - 1989. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Argon, Berlin 1990, ISBN 3-87024-160-8, S. 80.