Misburger Wald

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Im Nordwesten des Misburger Waldes

Der Misburger Wald ist ein etwa 520 Hektar großer forstwirtschaftlich gestalteter Wald,[1] der durch seine Lage am Stadtrand von Hannover im Stadtteil Misburg zugleich der Naherholung dient. Der Wald steht weitgehend im Eigentum des Landes Niedersachsen.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waldweg im Misburger Wald
Wietzegraben im Wald

In dem früher auch Misburger Holz genannten Waldgebiet[3] wurden mehrere, zum Teil tonnenschwere, aus der Eiszeit stammende Findlinge gefunden,[4] darunter der Misburger Findling in Verlängerung der heutigen Straße Findlingsweg.[5]

Erstmals erwähnt wurde der Misburger Wald in einer im Mittelalter ausgestellten Urkunde, in der den Bürgern der Stadt Hannover im Jahr 1365 das Torfstechen im Moor zwischen dem „Mudzborgher Holte“ und dem Dorf Warmbüchen erlaubt wurde.[6] Raseneisenerz aus Vorkommen im Misburger Wald wurde vor der Industrialisierung in sogenannten Waldschmieden verarbeitet.[7]

Am 1. Juni 1905 wurde im Misburger Wald eine Erholungsstätte für weibliche Tuberkulose-Kranke eröffnet.[8]

Im nordwestlichen Teil des Misburger Waldes, der früher auch als Witzenholz bezeichnet wurde,[9] sind zwei Überhälter seit 1937 und 1969 als Naturdenkmale geschützt. Sie stehen in der Nähe des Wietzegrabens, der große Teile des Waldes in nordwestlicher Richtung durchfließt. Beides sind nach ihrer Art Stieleichen (Quercus robur) mit den von der Region Hannover als Naturschutzbehörde vergebenen Bezeichnungen H 220 und H 222.

Das Militärreitinstitut Hannover umzäunte um 1900 ein Areal im Wald und legte darin ein Gehege für Wildschweine an, um dort Jagd zur Förderung des reiterlichen Vermögens durchzuführen. In dem Bereich erinnern heute drei Straßenzüge unter der Bezeichnung Am Alten Saupark an die Anlage.

Während des Ersten Weltkrieges wurden weite Teile der in und um den Misburger Wald gelegenen Flächen für den Bau des Mittellandkanals entwässert.[6] Dadurch wurden die Feuchtgebiete des Waldes beeinträchtigt; nur noch kleinflächig blieben Erlen-Bruchwälder erhalten.[10] Große Teile des Misburger Waldes wachsen jedoch auf basenreichen bzw. kalkbeeinflussten Standorten; daneben finden sich auch trocken gefallene Waldstandorte auf sauren Böden.[10]

Im Dreieck zwischen Colshornweg, Buchholzer Straße und Straße Am Nordfeld am Rand des Waldes gründete Elfriede Colshorn im Jahr 1919 ein Müttererholungsheim.[11] In einem Stadtplan für Hannover aus der Zeit um 2000 ist an dieser Stelle noch eingetragen „Elfr.-Colshorn-Hm.“[12] Inzwischen betreibt auf diesem Gelände der Landesverband Niedersachsen des Deutschen Roten Kreuzes unter der Bezeichnung „Fachdienstbereitschaft (FDB) Hannover-Misburg“und „Abteilung II – Nationale Hilfsgesellschaft“ mehrere Einrichtungen[13] wie Simulations- und Trainingszentrum (SiTZ) sowie Tagungszentrum und Rettungsschule. Zugänge und Zufahrten für LKW und PKW gibt es über den Colshornweg und die Straße Am Nordfeld.

1935 wurde im Bereich des Alten Sauparks eine Waldfläche von 12 Hektar der Reichsforstverwaltung unterstellt. Danach entstand auf dem Gelände ein Munitionsdepot mit 10 Lagergebäuden, einem Verwaltungsgebäude und einem Wohnhaus. In das Depot lagerte das Heereszeugamt Hannover ab 1938 Munition ein. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs kamen zwei Holzbaracken dazu, in denen Munition für die Luftwaffe lagerte. Nach dem Krieg dienten die Bauten Wohnzwecken und ein Lagerhaus wurde zum Schulgebäude.[14]

Während der Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg fielen zahlreiche Fliegerbomben in den Misburger Wald.[15] Es sollen über 500 Bomben und 16 Luftminen eingeschlagen sein, die Bombentrichter mit einem Durchmesser von bis zu 10 Meter hinterließen und den Baumbestand schädigten.[14] Die Luftangriffe im Bereich von Misburg galten vor allem kriegswichtigen Industrieunternehmen, wie der Deurag-Nerag.

In der Nachkriegszeit leitete der Förster Hans-Werner Lampe ab 1948 für rund drei Jahrzehnte die kriegsbedingt „recht zerstörten“ Flächen der Revierförsterei Misburg des Staatlichen Forstamtes Hannover. In Lampes Zeit[15] wurde der im Krieg angefallene Trümmerschutt teilweise zum Auffüllen der Waldwege genutzt, wodurch die Wege im Misburger Wald „eine leichte Dammlage erhielten“.[6]

Die Autobahn A 2 und die Autobahn A 7 verlaufen durch den Misburger Wald. Für ihren Bau wurden große Flächen des Waldes in Anspruch genommen. Die A 2 wurde in diesem Bereich 1936 und die A 7 im Jahr 1962 fertiggestellt. Ihr Kreuz, das Kreuz Hannover-Ost, liegt auch auf dem Gebiet des Misburger Waldes.[16] Parallel zur A 7 verläuft eine Hochspannungsleitung. Die Geräuschemissionen der beiden Autobahnen und der der nördlich des Waldes liegenden Moorautobahn beeinflussen die Erholungsqualität des Waldes.

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der üblichen Forstwirtschaft werden in zwei Schneisen, in denen Starkstromleitungen den Wald durchqueren, Weihnachtsbäume angepflanzt. Sie können von Interessierten selbst geschlagen werden. Da die Bäume nach wenigen Jahren geerntet werden, stellen sie für die Leitungen kein Risiko dar.[17]

Am Rande des Waldgebietes liegt der BlauerSee, der ein zum Naherholungsgebiet umfunktionierter ehemaliger Baggersee ist.

Schutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der größte Teil des Misburger Waldes gehört zu dem seit 1969 bestehenden Landschaftsschutzgebiet „Altwarmbüchener Moor - Ahltener Wald“ im Umfang von 3.357,7 Hektar (LSG H 19 und LSG H-S 00002).[18]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Misburger Wald wird neben den üblichen zur forstlichen Bewirtschaftung erforderlichen Waldwegen erschlossen und durchquert von dem Colshornweg, der Alten Peiner Landstraße und der Waldstraße.[19]

Misburger Wald-Forum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baustelle des Wald-Forums an der Buchholzer Straße

Die Niedersächsischen Landesforsten planen auf einem 7.500 m² großen Gelände als außerschulischen Lernort ein „Misburger Wald-Forum“ als einen „Treffpunkt für die Waldpädagogik“.[20] Der Grundstein für das aus Holz geplante Gebäude wurde 2021 gelegt.[21] Das Vorhaben an der Buchholzer Straße soll Seminarräume, Werkstatt und Labor sowie im Außengelände einen Teich und Bienenstöcke vorsehen.[1] Der Standort für das Wald-Forum am Rande des Misburger Waldes wurde frei, weil der Forstbetriebshof mit dem Verwaltungsgebäude von 1950 und der Maschinenhalle von 1975 im Zuge von Umstrukturierungen abgerissen wurde.[22] Zahlreiche Kooperationen mit Schulen in der Umgebung bestünden bereits. Zwei Jahre lang würden Schulklassen begleitet und ihnen „Wald und Natur mit allen ihren Seiten“ nähergebracht, auch mittels dem Lehrplan der Schulen angepassten Ausflügen. Zusätzlich zu der Zusammenarbeit mit Schulen beabsichtigen „die Landesforsten in Zukunft in Misburg auch regelmäßig Freizeitangebote [zu] organisieren“.[23]

Legende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die flache Erhebung des Grauberges

Im Osten des Misburger Waldes liegt der Hügel Grauberg mit 68 m ü. NHN,[24] der sich gegenüber dem Umland um etwa 8 Meter erhebt. Über die im Wald gelegenen Anhöhe führte in früheren Jahrhunderten ein Handelsweg nach Peine. Den Namen erhielt die Erhebung einer Legende nach. Der Grauberg sei bei Fuhr- und Kaufleuten gefürchtet gewesen, da sie ihren Wagen durch den Sand auf die Anhöhe schieben mussten. Dies sei eine günstige Gelegenheit für Überfälle durch Räuber gewesen. Da die Händler beim Passieren der Stelle stets Angst und Grauen gehabt hätten, kam es zum Namen Grauberg.[25][26]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmut Zimmermann: Von Anderten nach Stöcken. Streifzüge durch Hannovers Geschichte, Harenberg-Labs, Hannover 1987, ISBN 3-89042-023-0, S. 21–36
  • V. 11. Der Misburger Wald in geschichtlicher Sicht und seine Nutzung,
  • XVI. Der Misburger Wald heute – seine Pflanzen- und Tierwelt,
  • Die Sage vom Grauberg,
  • Flurnamen im Misburger Walde, alle Texte in Anton Scholand: Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeiten, 3. Auflage, überarbeitet und ergänzt von Valentin Bialecki, mit Texten von Wolfgang Illmer, Hannover 1992, S. 59–61 sowie 229–234, S. 260 und S. 262f.
  • Der Misburger Wald in: Wolfgang Illmer (Hrsg.): Chronik Misburg. Ursprung bis Gegenwart, Hannover-Misburg, 2012, S. 187 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Misburger Wald – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gabriele Schulte: Lernen im Freien: Land will Schülern den Wald näher bringen. Forstbetrieb in Misburg wird umgestaltet. ‚Chance gerade für Kinder und Jugendliche aus der Stadt‘. Verwaltung hatte Antrag zunächst abgelehnt. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, Ausgabe Stadt Hannover vom 1. Juni 2021, S. 20
  2. S. Bericht Bernd Hase: Bau des Waldzentrums lässt auf sich warten, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung, Online vom 14. April 2019, Abruf am 29. November 2021
  3. Franz Hinrich Hesse (Bearb.): Misburg, in ders.: Rund um Hannover. Nachschlagebuch und heimatkundlicher Führer durch Dörfer und Städte, hrsg. auf Anregung der Hannoverschen Heimatfreunde e. V. vom Landes-Fremdenverkehrsverband Niedersachsen-Weserbergland, Hildesheim: August Lax Verlagsbuchhandlung, 1941, S. 52
  4. Wolfgang Illmer (Hrsg.), Winfried Baßmann, Juan Carlos Blanco Varela (Mitarb.): Gedenkstein für Förster Lampe, in dies.: Chronik Misburg. Ursprung bis Gegenwart, Hannover-Misburg: Wolfgang Illmer, 2012, ISBN 978-3-00-038582-7, S. 109 u.ö.
  5. 19. Verordnung über Naturdenkmäler der Region Hannover (Neuregelungsverordnung), Anlage 1, in Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover - Sonderausgabe, S. 31 (Herunterladbare PDF Abruf am 22. November 2021)
  6. a b c o.V.: Grüner Ring - Tour III: Altwarmbüchener Moor - Tiergarten / Misburger Wald und Blauer See auf der Seite hannover.de [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 21. November 2021
  7. Dirk Neuber: Grundzüge der Wirtschafts-, Siedlungs-und Landschaftsentwicklung des Raumes Hannover bis in das 19. Jahrhundert. Berichte der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 141 (1999): 71-92.
  8. Bernhard Fränkel (Hrsg.): Der Stand der Tuberkulose-Bekämpfung in Deutschland. Denkschrift, dem Internationalen Tuberkulose-Kongress in Paris 1905 vorgelegt vom Deutschen Central-Komite zur Errichtung von Heilstätten für Lungenkranke, Berlin: Central-Komite, 1905, S. 233; Google-Books
  9. Jahrbuch des Provinzial-Museums zu Hannover (1904), S. 43; Google-Books
  10. a b Jürgen Feder, Georg Wilhelm Gefährdete Gefäßpflanzen im Stadtgebiet von Hannover Berichte der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 137 (1995): 161-182.
  11. Helmut Zimmermann: Rund um Meyers Garten, in: Von Anderten nach Stöcken. Streifzüge durch Hannovers Geschichte, Harenberg-Labs, Hannover 1987, ISBN 3-89042-023-0, S. 34, auch „geborene Meyer“ erwähnend.
  12. Stadtplan Hannover, Falkverlag, Ostfildern o. J. („Laufzeit bis 2003“)
  13. Beschreibung auf der Internetseite des Landesverbandes Niedersachsen des Deutschen Roten Kreuzes, Abruf am 9. Jänner 2022
  14. a b Der Misburger Wald in: Wolfgang Illmer (Hrsg.): Chronik Misburg. Ursprung bis Gegenwart, Hannover-Misburg, 2012, S. 187
  15. a b o.V.: Forstamtmann i.R. Lampe verstorben, in: Der Forst- und Holzwirt. Verkündigungsblatt der Landesforstverwaltungen Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und des Bundes Deutscher Forstmänner, Band 40 (1985), S. 320; Google-Books
  16. Helmut Zimmermann: Von Anderten nach Stöcken. Streifzüge durch Hannovers Geschichte, Harenberg-Labs, Hannover 1987, ISBN 3-89042-023-0, S. 28
  17. Anne Grüneberg: Hannoveraner schlagen ihren Weihnachtsbaum selber in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 22. Dezember 2012
  18. Verordnung zum Schutze des Landschaftsteiles „Altwarmbüchener Moor“ - Ahltener Wald" (Landeshauptstadt Hannover, Landkreise Hannover und Burgdorf), Landschaftsschutzgebiet Nr. 19. Vom 20. Juni 1969. Niedersächsisches Ministerialblatt Nr. 9/1970, S. 221 (Möglichkeit zum Herunterladen bei Hannover.de, Abruf am 3. Januar 2022)
    Beschreibung und Landkarte auf der Webseite Protectedplanet.net und Beschreibung und Landkarte auf der Webseite Protectedplanet.net, Abruf am 3. Januar 2022
  19. S. Stadtkarte von 1969. In dieser wird die Alte Peiner Landstraße noch „Laher Weg“ genannt.
  20. Beschreibung des Konzeptes auf Landesforsten.de, Abruf am 29. November 2021
  21. Bericht auf der Webseite Landesforsten.de Alexander Ahrenhold: Grundsteinlegung für das Misburger Wald-Forum. Bauarbeiten für außerschulischen Lernort am Rand von Hannover beginnen vom 5. Juli 2021, Abruf am 14. Dezember 2021
  22. Beschreibung der Entwicklung zum Wald-Forum auf der Webseite Nananet.de, Abruf am 11. Januar 2022
  23. Leona Passgang: Den Wald mit allen Sinnen erleben: Neues Wald-Forum nimmt Arbeit auf. Bauarbeiten des 1,3-Millionen-Euro-Projekts kurz vor dem Abschluss. Waldpädagogikzentrum will neues Angebot für Kinder und Jugendliche schaffen, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Stadt-Anzeiger Ost, vom 27. Januar 2022, S. 1
  24. Stadtplan Hannover. Stadtbezirke Buchholz-Kleefeld und Misburg-Anderten, 3. ergänzte Auflage, Verlag Mediaprint Graphisches Institut Eckermann, Paderborn (o. J.). S. auch Stadtkarte von 1969 bei Commons
  25. Jens Schade: Sagen aus Hannovers Osten: Schaurige Geschichten über Gespenster, Räuber und alte Kreuzsteine bei myheimat.de vom 18. März 2019
  26. Helmut Zimmermann: Der Grauberg in Misburg in Die schönsten Sagen aus Hannover und Umgebung, Essen, 1985, S. 39–40

Koordinaten: 52° 24′ 14,6″ N, 9° 50′ 39,1″ O