Muschelgarten

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Buttermuschel, ein typischer Bewohner der Muschelgärten

Als Muschelgarten wird eine kleine Terrasse aus Geröll und Steinen im Gezeitengebiet von Meeresbuchten bezeichnet, die die Ureinwohner an der Westküste der Vereinigten Staaten nutzen, um den Ertrag bei der Muschelzucht zu erhöhen. Diese traditionelle Art der Muschelzucht war bei den Kwakwaka'wakw noch im 19. Jahrhundert weit verbreitet und diente als ertragreiche Nahrungsquelle.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Muschelgärten werden entlang der Niedrigwasserlinie mit kleinen Mauern aus Geröll und Steinen angelegt. Bei Flut bricht die Brandung über diese Mauern und hinterlässt Sedimente, Schlick, Sand und Kies. Diese lagern sich am Boden ab und bilden im Laufe der Zeit eine Art Terrasse. So entstehen Rifflebensräume, in deren Sedimenten sich riffgebundene Meerestiere wie Muscheln ansiedeln, die an Stränden mit weichen Sedimenten nicht vorkommen. Die Muschelgärten ziehen auch eine Vielzahl anderer Meeresbewohner an, wie etwa Tintenfische.[1]

Erhöhung der Alkalinität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ureinwohner verteilten in den Muschelgärten zerbrochene Muschelschalen als alkalinitätssteigernde Mittel und arbeiteten diese in das Sediment ein. Die Muschelschalen bestehen aus Calciumcarbonat und erhöhen lokal den pH-Wert. Dies schützt den säureempfindlichen Muschelnachwuchs. Das Calcium wird von den Muscheln außerdem als Baustoff für ihre eigenen Schalen verwendet.[2]

Erhöhung des Ertrags[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In mit Muschelschalen gekalkten Terrassen wachsen etwa viermal so viele Buttermuscheln (Saxidomus gigantea) und mehr als doppelt so viele Venusmuscheln der Art Leukoma staminea wie in naturbelassenen Küstenabschnitten. Zudem wachsen die Muscheln schneller. Die so gezüchteten Muscheln waren eine wichtige Nahrungsressource, die zur Ernährungssicherheit der Kwakwaka'wakw beitrug.[3]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. D. Lepofsky u. a.: Ancient Shellfish Mariculture on the Northwest Coast of North America. In: American Antiquity. 80.2, 2015, S. 236–259, doi:10.7183/0002-7316.80.2.236.
  2. Alkalinitätserhöhung: Verfahren in den Kinderschuhen. In: World Ocean Review 2024: Mit den Meeren leben. Nr. 8, Maribus, Hamburg 2023, ISBN 978-3-86648-733-8, S. 136–149.
  3. D. Deur, A. Dick, K. Recalma-Clutesi, N. J. Turner: Kwakwaka’wakw „Clam Gardens“. In: Human Ecology. 43.2, 2015, S. 201–212, doi:10.1007/s10745-015-9743-3.