Neue Hanse (Staatenbund)

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Mitgliedsstaaten in dunkelblau und EU-Staaten in hellblau

Die Neue Hanse, auch Hanse 2.0 genannt, ist ein Zusammenschluss der Staaten Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Lettland, Litauen, Niederlande und Schweden zur gemeinsamen Interessensvertretung auf der EU-Ebene. Der Name nimmt Bezug auf die alte Hanse, einem über mehrere Jahrhunderte bestehenden Bündnis von Kaufleuten und Handelsstädten in Nordeuropa. Das Bündnis der neuen Hanse vertritt über 50 Millionen EU-Bürger und bildet einen Wirtschaftsraum mit einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als drei Billionen Euro.

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die neue Hanse wurde im Februar 2018 von den Finanzministern Dänemarks, Estlands, Finnlands, Irlands, Lettlands, Litauens, der Niederlande und Schwedens durch die Unterzeichnung eines zweiseitigen Grundlagendokuments gegründet, in dem die „gemeinsamen Ansichten und Werte in der Diskussion über die Architektur der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)“ dargelegt wurden.[1]

Ziele und Zweck des Bündnisses[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gruppierung sieht in ihrem Zusammenschluss eine Möglichkeit, den Verlust des gleichgesinnten Vereinigten Königreichs in der europäischen politischen Arena nach dem Brexit zu kompensieren.[2] Gegenüber dem dominanten deutsch-französischen Block in der EU soll ein fiskalkonservatives und wirtschaftsliberales Bündnis aufgebaut werden.[3] Eine Vertiefung der europäischen Integration will die neue Hanse vorwiegend dort, wo zwischen den Mitgliedsländern auch Einigkeit über die Nützlichkeit der Integration besteht.[1] Die beteiligten Länder wollen einen weiterentwickelten europäischen Binnenmarkt, insbesondere im Dienstleistungssektor (d. h. eine sogenannte „Kapitalmarktunion“).[4] Außerdem wollen sie den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem vollwertigen Europäischen Währungsfonds ausbauen, welcher EU-Gelder zur Verhinderung von Wirtschaftskrisen umverteilen soll. Die Gruppe möchte auch, dass Regeln zu Haushaltsdefiziten eingehalten und die Staatsverschuldung in Europa eingedämmt wird.[3] Dem ESM soll dabei eine größere Rolle bei der Kontrolle der Staatshaushalte gegeben werden.[5]

Der irische Politiker Simon Coveney schlug vor, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Allianz auch auf die Außenpolitik erstrecken könnte, etwa auf den Friedensprozess im Nahen Osten und die Beziehungen der EU zu Afrika.[6]

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb der Mitgliedstaaten leben etwa 51 Millionen Menschen. Das gemeinsame BIP betrug 2022 rund 3.633 Milliarden Internationale US-Dollar.

Mitgliedstaat Hauptstadt Einwohner (2022)[7] BIP in Mio. US$
(KKP) 2022[8]
BIP pro Kopf
(KKP) 2022[8]
Staats-
schulden-
quote (2022)[9]
Arbeits-
losen-
quote (2022)[10]
Index der
menschlichen
Entwicklung
(2021)[11]
Danemark Dänemark Kopenhagen 5.903.040 418.963 71.332 US$ 30 % 4,4 % 0,948
Estland Estland Tallinn 1.344.770 60.199 44.630 US$ 17 % 5,6 % 0,890
Finnland Finnland Helsinki 5.556.880 324.269 58.445 US$ 75 % 6,7 % 0,940
Irland Irland Dublin 5.086.990 683.580 132.359 US$ 45 % 4,5 % 0,941
Lettland Lettland Riga 1.883.380 73.467 39.167 US$ 42 % 6,8 % 0,863
Litauen Litauen Vilnius 2.833.000 132.694 47.107 US$ 40 % 6,0 % 0,875
Niederlande Niederlande Amsterdam 17.703.090 1.244.148 70.728 US$ 49 % 3,5 % 0,945
Schweden Schweden Stockholm 10.486.940 695.379 66.091 US$ 32 % 7,4 % 0,947

Verbündete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ähnliche Ziele wie die neue Hanse verfolgen die sogenannten „sparsamen Vier“ (Frugal Four), zu denen neben Dänemark, den Niederlanden und Schweden auch Österreich gehört.[12] Auch die Visegrád-Staaten Slowakei und Tschechien unterstützen eine stärkere Rolle des ESM bei der Überwachung der Haushalte der EU-Staaten.[5]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Finance ministers from Denmark, Estonia, Finland, Ireland, Latvia, Lithuania, the Netherlands and Sweden underline their shared views and values in the discussion on the architecture of the EMU. Abgerufen am 6. November 2023.
  2. Hanseatic League 2.0 reflects changing shape of EU. In: The Irish Times. Abgerufen am 6. November 2023 (englisch).
  3. a b Neue Hanse. In: FuW. 9. Juni 2020, abgerufen am 6. November 2023.
  4. The EU’s new Hanseatic League picks its next Brussels battle. In: Financial Times. 1. Oktober 2018 (ft.com [abgerufen am 6. November 2023]).
  5. a b Jorge Valero: The euro 'hawks’ want bigger say for crisis fund in cuts and reforms. 2. November 2018, abgerufen am 6. November 2023 (britisches Englisch).
  6. Speech by Tánaiste Simon Coveney T.D. at The Hague, The Netherlands - Department of Foreign Affairs and Trade. 11. Oktober 2018, archiviert vom Original am 11. Oktober 2018; abgerufen am 6. November 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dfa.ie
  7. Population, total. In: World Bank Open Data. Abgerufen am 6. November 2023.
  8. a b Download entire World Economic Outlook database, October 2023. Abgerufen am 6. November 2023 (englisch).
  9. Liste der Länder nach Staatsschuldenquote, 2022
  10. Unemployment, total (% of total labor force) (national estimate). In: Weltbank. Abgerufen am 6. November 2023.
  11. United Nations: Country Insights. United Nations (undp.org [abgerufen am 6. November 2023]).
  12. deutschlandfunk.de: Sagen & Meinen - Die selbsterklärten „Sparsamen Vier“. Abgerufen am 6. November 2023.