Nicolaus von Gersdorf

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Nicolaus von Gersdorf, seit 1672 Reichsfreiherr Nicolaus von Gersdorf (* 9. Juni 1629 in Doberschütz; † 23. August 1702 in Dresden) war ein deutscher Jurist und Diplomat.

Herkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicolaus von Gersdorf war der Sohn seines gleichnamigen Vaters Nicolaus von Gersdorf († 1631) auf Malschwitz, kaiserlicher Rat und Erbherr auf Döberschitz und dessen Ehefrau Anna Maria von Loeben aus dem Hause Kreckwitz.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1643 sollte er auf Wunsch der Mutter für seine Ausbildung an den königlichen Hof in Dänemark gehen, wurde jedoch auf dem Weg dorthin auf Verlangen des Kurprinzen Johann Georg II. dessen Kammerpage am kurfürstlichen Hof in Dresden.

Er betrieb von 1647 bis 1651 humanistische Studien und studierte Jus publicum und privatum (öffentliches und privates Recht) an der Universität Wittenberg. Anschließend unternahm er Reisen durch Frankreich, England, Holland und Italien.

1655 wurde er zum kurfürstlich-sächsischen Appellationsrat und im darauffolgenden Jahr zum Hofrat ernannt. 1657 ging er als kursächsischer Gesandter, anlässlich des Todes Kaiser Ferdinands III., nach Wien und wurde 1658, zur Kaiserwahl Leopolds I. vom kurfürstlichen Kollegium (oberste Behörde) nach Frankfurt am Main gesandt. Er besuchte auch im gleichen Jahr den König von Schweden, Karl X. 1660 erhielt er seine Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat.

Am 9. Dezember 1662 akkreditierte er als sächsischer Prinzipalgesandter auf dem Reichstag in Regensburg und blieb dort, auf Verlangen von Kaiser Leopold I., bis 1664. Er war in diesem Jahr auch Direktor des kursächsischen Kreistags und wurde von diesem zum Kaiser nach Wien gesandt. 1665 und 1666 war er an der Beilegung der Münsterschen und Niederländischen Unruhen beteiligt, die später zum Vertrag von Kleve führten. 1667 entsandte ihn das kurfürstliche Kollegium nach Frankreich, wo er 1668 in Saint-Germain-en-Laye dem König Ludwig XIV. Vorschläge im Namen des Kölnischen Konvents überbrachte und die Vermittlung in der militärischen Auseinandersetzung zwischen Spanien und Frankreich anbot. Nach dessen Annahme konnte er, mit Beteiligung der englischen und holländischen Gesandten, die Angelegenheit so beilegen, dass die formulierten Vorschläge im Frieden von Aachen ohne Änderungen akzeptiert wurden.

1672 hatte er wieder das Direktorium auf dem Obersächsischen Kreistag, im gleichen Jahr ernannte ihn der Kaiser zum Reichsfreiherrn mit dem Prädikat Pannerherr.

1679 war er in Lund in Schonen als Friedensvermittler während des Schonischen Krieges zwischen Dänemark und Schweden (1675–1679).[2][3]

1680 wurde er durch Kurfürst Johann Georg III. zum Oberkammerherr und 1686 zum Geheimratsdirektor[4] ernannt, seit diesem Jahr unterhielt er auch einen freundschaftlichen Kontakt zum lutherischen Theologen Philipp Jacob Spener, einem der bekanntesten Vertreter des Pietismus. Er stand auch in Korrespondenz mit August Hermann Francke, dem pietistischen Theologen Paul Anton sowie mit Carl Hildebrand von Canstein, dem Gründer der gleichnamigen Bibelanstalt.

Der Kurfürst von Sachsen entsandte ihn im Januar 1690 als Prinzipalgesandten nach Augsburg zur Krönung von Joseph I.[5] 1691 wurde er durch Johann Georg IV. zum bevollmächtigten Landvogt der Oberlausitz in Bautzen bestellt.

1691 ließ er das Mannlehngut Berthelsdorf in ein Erb-, Spill- und Kunkellehen umwandeln, sodass es auch an weibliche Nachkommen vererbt werden konnte. 1693 erwarb er das Niedere Berthelsdorfer Gut (auch Klixisches Gut genannt) von Magnus von Klix.[6] Am 23. Mai 1694 unterzeichnete er ein Traktat mit dem Kaiser das Armeekommando betreffend, wodurch dem Kurfürsten erlaubt wurde, seine, dem Kaiser versprochenen Hilfstruppen, erst zu stellen, wenn der Feldmarschall Hans Adam von Schöning frei gelassen worden sei.[7]

Als Nicolaus von Gersdorf starb, war er Pannerherr auf Baruth, Berthelsdorf, Breitlingen, Bretnig, Buchwalde, Hauswalde, Hennersdorf, Heuscheune, Kemnitz, Kreckwitz, und Rackel.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicolaus von Gersdorf heiratete 1659 in erster Ehe mit Hedwig Elisabeth Vitzthum von Eckstädt (1640–1664). Das Paar hatte mehrere Kinder:

  • Maria Sophie († 1700) ⚭ Haubold von Einsiedel auf Hopffgarten († 17. Juni 1699), Geheimrat und Ober-Steuerpräsident
  • Johann Georg (* 16. Mai 1662; † unbekannt) war königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer Kammerherr, bekam bei der Erbteilung Kemnitz, Bretnig und Hauswalde, er war mit Erdmuthe Sophie von Metzrad († 5. Oktober 1715) verheiratet.

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1666 Eva Katharina von Günderrode († 1670). Das Paar hatte mehrere Kinder:

  • Christina Sophie ⚭ Jobst Melchior von Wangenheim, Generalmajor
  • Hedwig Katharina ⚭ Adam Adolph von Uetterodt (1664–1730)

1672 heiratete er in dritter Ehe Henrietta Catharina (* 6. Oktober 1648 in Sulzbach; † 5. März 1726 in Großhennersdorf bei Zittau),[8][9] Tochter des kursächsischen Geheimen Rats und des Präsidenten des Oberkonsistoriums Carl von Friesen (1619–1686).[10] Seine Ehefrau ließ erstmals die Heilige Schrift in wendischer Sprache drucken,[11] nachdem ihr Ehemann 1670 den ersten Druck eines Abc-Buchs veranlasst hatte, mit dem die wendische Sprache als Schriftsprache erfasst wurde. Weil Nicolaus von Gersdorf sich größtenteils in Dresden aufhielt, übernahm seine dritte Ehefrau die Verwaltung des Gutes Berthelsdorf und der benachbarten Güter; sie zog sich nach dem Tod ihres Mannes auf ihre Güter in Großhennersdorf zurück.

Aus der dritten Ehe überlebten ihn sechs Kinder:

  • Johanne Eleonore (1681–1702) ⚭ Gottlob Ehrenreich von Gersdorf (1666–1720) auf Weichau in Schlesien
  • Gottlob Friedrich (* 19. April 1680; † 1752), Hof- und Justizrat und war auch Assessor des Kammergerichts, sowie polnischer und sachsen-merseburgscher Wirklicher Geheimer Rat; Herr auf Baruth, Buchwalde und Rackel, später auch von Oberberthelsdorf. 1745 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben;
  • Nicolaus (* 1689 in Dresden; † unbekannt), polnischer und kursächsischer Hof- und Justizrat; Besitzer von Berthelsdorf, Großhennersdorf und Heuscheune;
  • Charlotte Justine (* 17. November 1675; † 31. August 1763), beherrschte die griechische, lateinische und einige europäische Sprachen;
⚭ Reichsgraf Georg Ludwig von Zinzendorf und Pottendorf (1662–1700), polnischer und kursächsischer Geheimer Rat und Kammerherr
Dubislaw Gneomar von Natzmer (1654–1739), königlich-preußischen Generalleutnant
  • Rahel (* 6. September 1683; † 6. Dezember 1751) ⚭ Georg Christoph von Burgsdorf (1673–1741)[12][13]
  • Henriette Sophie; sie war von 1717 bis 1741 Besitzerin von Großhennersdorf, um das sie sich große Verdienste erwarb, indem sie 1721 eine bedeutende Stiftung für Arme legierte und zur Förderung der Erziehung der Jugend das Waisenhaus Catharinenhof erbaute, den 1838 der Staat übernahm und daraus ein Landeswaisenhaus errichtete. Sie war für die Herrnhutischen Gemeinden tätig und nahm die aus Böhmen vertriebenen mährischen Brüder bei sich in Großhennersdorf auf, weiterhin trug sie das meiste zur Erziehung ihres Neffen, des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, späterer Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine (Brüder-Unität), bei. Sie starb unverheiratet.

Aus allen drei Ehen waren zwölf Töchter und sieben Söhne hervorgegangen.

Ehrungen und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1672 wurde Nicolaus von Gersdorf durch den Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand mit dem Prädikat Pannerherr erhoben.

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Justus Christoph Dithmar: Genealogische historische Nachricht von den Herren-Meistern des Johanniter-Ordens. 1737, S. 16 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  2. Herrn Ludwig Holbergs Dänische Reichs-Historie ins Deutsche übersetzt. Der dritte Theil. Nebst einem volständigen Register über alle drey Theile. Korte, Flensburg, Altona 1744, S. 789 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  3. Daniel Ernst Wagner: Allgemeine Weltgeschichte. Band 66. Traßler, Brünn 1788, S. 890 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  4. Carl Eduard Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation. Band 33. Hoffmann und Campe, Hamburg 1854, S. 230 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  5. Johann Stephan Pütters königlich Großbritannischen churfürstlich Braunschweig-Lüneburgischen geheimen Justizrathe, und ordentlichen Lehrers des Staatsrechts zu Göttingen vollständigeres Handbuch der Teutschen Reichshistorie. Vandenhoeck, 1772, S. 880 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  6. Geschichte – Die feudale Herrschaft. In: berthelsdorf.info. Abgerufen am 2. Oktober 2019.
  7. Christian Ernst Weiße: Neueste Geschichte des Königreichs Sachsen seit dem Prager Frieden bis auf unsere Zeiten. Band 1.. Hinrichs, Leipzig 1808, S. 274 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
  8. Clemens Alois Baader: Das gelehrte Baiern oder Lexikon aller Schriftsteller welche Baiern im 18. Jahrhunderte erzeugte oder ernährte. Band 1.. Seidel, Nürnberg, Sulzbach 1804, S. 381 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  9. Ingeborg C. Baldauf: Gersdorf (Gersdorff), Henriette Katharina Freifrau von. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
  10. Jens Kunze: Friesen (zu Rötha), Carl Freiherr von. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
  11. Carolus Theophilus Anton: Verzeichniss aller im 18ten Jahrhundert zur Johann Rudolph von Gersdorfischen Gedächtnissfeier in Görlitz herausgegebenen Schulschriften. Heinze, Görlitz 1824, S. 5 (Digitalisat in der Google-Buchsuche [abgerufen am 30. September 2019]).
  12. Johann Seifert, J.U.C. Genealogie Hoch-Adelicher Eltern und Kinder, S.38
  13. Handbuch des Preußischen Adels, Band 1, S. 385
  14. Fruchtbringende Gesellschaft – Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts. Abgerufen am 1. Oktober 2019.