Nyx (Raumschiff)

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Nyx ist ein in Entwicklung befindliches modulares wiederverwendbares Raumschiff des deutsch-französischen Start-ups The Exploration Company. Benannt ist das Raumschiff nach der griechischen Göttin der Nacht Nyx. Das Unternehmen entwickelt zwei Versionen der Raumkapsel. Nyx Earth ist für Frachtmissionen in niedrige Erdumlaufbahnen konzipiert, beispielsweise Versorgungsmissionen für Raumstationen. Während Nyx Moon für Missionen zum Mond konzipiert ist, aber auch für Versorgungsmissionen für das Lunar Gateway eine geplante Raumstation die den Mond umkreisen soll. Das Raumschiff soll zunächst nur für den Transport von Fracht ausgelegt sein, aber langfristig auch für bemannte Missionen weiterentwickelt werden. Das Raumfahrzeug wird unabhängig von einer einzelnen Trägerrakete entwickelt und soll die Fähigkeit besitzen, auf vielen verschiedenen Trägerraketen gestartet werden zu können.[1][2][3]

Nyx kann auch als eine kleine temporäre Raumstation dienen, indem sie 3–6 Monate lang in einer Erd- oder Mondumlaufbahn verweilt und autonom Experimente durchführt. Das soll kostengünstiger sein als eine herkömmliche Raumstation.[4][5] Auch eine Wiederbetankungsfähigkeit im Weltraum ist vorgesehen.

Zeichnung des Nyx Konzeptes

Nyx Earth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nyx Earth ist die Version von Nyx, die für Frachttransport in niedrige Erdumlaufbahnen vorgesehen ist. Das Raumschiff wird einen Durchmesser von 4,5 Metern und eine Gesamtmasse von vermutlich mehr als 8 Tonnen haben und in der Lage sein 4 Tonnen Nutzlast in niedrige Erdumlaufbahnen zu befördern. Die Nutzlast teilt sich auf 2,5 t Fracht in der Druckkabine des Raumschiffs, 1,4 t Fracht im drucklosen Servicemodul sowie mehreren hundert kilogramm Fracht, die zurück zur Erde befördert werden können, auf. Das nicht-wiederverwendbare Servicemodul wird außerdem über eingebaute Solarzellen für die Stromversorgung verfügen. The Exploration Company zielt auf einen Preis pro Kilogramm Nutzlast von 15.000 €.[6][7][8][9][10]

2024 und 2025 sollen zunächst zwei Demonstrationsflüge mit herunterskalierten Prototypen absolviert werden. Angestrebt wird dann ein erster vollwertiger Flug von Nyx im Jahr 2026. Bei diesem wird jedoch vermutlich noch kein Rendezvous Manöver mit einer Raumstation stattfinden. Eine Mission mit einem ersten Rendezvous mit der Internationalen Raumstation soll 2027 erfolgen.[11][8]

September 2023 unterzeichnete The Exploration Company eine Vorbuchungsvereinbarung für Frachtdienste mit dem amerikanischen Start-up Axiom Space, dessen Ziel es ist, eine private Raumstation zu betreiben. Im Rahmen dieser Vereinbarung soll die Exploration Company mit Nyx ab Ende 2027 Versorgungs- und Transportmissionen zur Raumstation von Axiom Space fliegen.[12][13][8]

Dezember 2023 gab das Unternehmen bekannt, die Prüfung der Systemanforderungen für eine Ausschreibung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) erfüllt zu haben, dadurch kann die Entwicklung von Nyx nun weiter voranschreiten. Die Ausschreibung Low Earth Orbit Cargo Return Service gab vor, eine Nutzlast von 4 t in den Weltraum sowie 2 t zurück zur Erde befördern zu können. Die Ausschreibung ist umstritten, da die Anforderungen zur Bekanntmachung am 11. Mai 2023 nur 2 t in den Weltraum und 1 t zurück zur Erde vorgaben. Nach einem Ratstreffen der ESA in Sevilla im November 2023 wurden die Anforderungen auf 4 und 2 Tonnen angehoben. Durch diese Anhebung würden die Konkurrenten Argo der Rocket Factory Augsburg mit einer Nutzlast von 3,4 t und eine herunterskalierten Version der SUSIE (Smart Upper Stage for Innovative Space Exploration) von ArianeSpacemit einer Nutzlastkapazität von 3 t, die Anforderungen nicht mehr erfüllen. Vorgeworfen wird der ESA, die Ausschreibung so angepasst zu haben, um Nyx und die Exploration Company als alleinig möglichen Bewerber zu positionieren.[14][15][16]

Antrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angetrieben werden soll Nyx Earth von dem selbst-entwickelten Mistral-Triebwerk der Exploration Company. Als Treibstoff soll Wasserstoffperoxid verwendet werden. Hergestellt wird das Triebwerk ab 2024, dabei sollen auch 3D-Druck Maschinen des deutschen Unternehmens Trumpf verwendet werden.[17][18]

Demonstrationsflüge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bikini[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bikini soll Mitte Juni 2024 an Bord einer rideshare PSLV-Rakete der Indischen Raumfahrtbehörde (ISRO) gestartet werden. Ursprünglich wollte man den Prototyp an Bord des Jungfernflugs der Ariane 6 starten, nachdem dieser jedoch verzögert wurde, sah sich das Unternehmen nach anderen Mitfluggelegenheiten um. Der Jungfernflug der Ariane 6 soll mittlerweile ebenfalls im Sommer 2024 stattfinden. Das Demonstrations-Vehikel Bikini hat einen Durchmesser von nur 60 cm mit einer Masse von 40 kg. Es ist eine herunterskalierte Version von Nyx und soll dessen technische sowie aerodynamische Eigenschaften erproben.[18]

Mission Possible[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2025 soll ein größerer Prototyp mit Missionsnamen Mission Possible auf einer Falcon 9 Rakete des amerikanischen Unternehmens SpaceX gestartet werden. Die Kapsel wird mit 2,5 m Durchmesser und 1,6 t Masse deutlich größer als Bikini. An Bord der Kapsel sollen sich auch etwa 300 kg Nutzlast in Form von wissenschaftlichen Experimenten für die ESA, CNES und DLR befinden. Bei der Mission soll der Prototyp zunächst 2 Stunden lang befestigt der Oberstufe der Trägerrakete verbleiben, währenddessen sind Experimente in Mikrogravitation möglich. Vor dem Wiedereintritt in die Atmosphäre, wird der Prototyp dann von der Oberstufe getrennt werden, soll selbständig Re-Orientierungsmanöver durchführen, um das Vehikel, mit dem Hitzeschild voraus, für den Wiedereintritt auszurichten. Anschließend sollen mithilfe von Fallschirmen eine Wasserlandung versucht und der Prototyp geborgen werden. Für Kunden wurde ein Kilogramm Nutzlast auf dieser Mission für 1.500 € angeboten.[19][20][2]

Nyx Moon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nyx Moon ist die Version von Nyx die für Mondmissionen vorgesehen ist. Sie soll in der Lage sein 5,5 Tonnen Fracht zum zukünftigen Lunar Gateway befördern können und 2 Tonnen auf die Mondoberfläche. Für Landung auf der Mondoberfläche wird Nyx zusätzlich mit einem Landegestell ausgerüstet werden. Neben einer Landung soll Nyx Moon auch Sprünge von 50 bis 100 km weite auf der Oberfläche durchführen können. Das ermöglicht es in einer Mission mehrere Orte auf dem Mond anzusteuern. The Exploration Company zielt auf eine erste Mondmission im Jahr 2028 ab.[5][11]

Im Juni 2022 unterschrieben The Exploration Company und OHB eine Absichtserklärung für die Kooperation bei Technologiedemonstration für Mondmissionen. OHB wird das GNC-System (Ground Navigation and Control) von The Exploration Company auf deren LSAS Mondlandefähre (Lunar Surface Access Vehicle) unterbringen und erproben. LSAS soll 2025 erstmals auf dem Mond landen.[21][7]

Antrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ebenfalls eigens entwickelte Triebwerk Huracán soll Nyx Moon antreiben, ist aber auch für die Oberstufen von kleinen Trägerraketen und andere orbitale Fahrzeuge geeignet. Hergestellt wird es wie Mistral mithilfe von 3D-Druck Technologie und den dazugehörigen Maschinen von Trumpf. In einer Testserie, die sich bis Februar 2024 erstreckte, wurde das Triebwerk 8-mal und insgesamt 560 s lang Test-gezündet. Die Tests erfolgten am Institut für Raumfahrtantriebe des Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen.[22]

Typhoon Triebwerk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ESA schrieb im Dezember 2023 einen Aufruf aus, ein Raketentriebwerk mit sehr hoher Leistung (250 t Schub) zum Antrieb einer neuen sehr schweren Trägerrakete zu entwickeln. Die Ausschreibung erfolgte im Rahmen des FLPP (Future Launchers Preperatory Programme) Programms der ESA zur Entwicklung zukünftiger Trägerraketen. The Exploration Company entwickelt für diese Ausschreibung das Typhoon Triebwerk. Die Entwicklungsarbeit wird an den Standorten Bordeaux, München und Turin der Firma stattfinden. Des Weiteren wird die Entwicklung des Triebwerks von der französischen Raumfahrtagentur (CNES) kofinanziert, allerdings nur die Entwicklungsarbeit am Standort in Bordeaux. Das Triebwerk soll ab 2030 verfügbar sein und eine Leistung liefern können, die der des amerikanischen Raptor-Triebwerks von SpaceX ähnelt.[23]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nyx auf der Exploration Company-Webseite

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Aria Alamalhodaei: The Exploration Company is developing a brand new reusable orbital spacecraft. In: TechCrunch. 28. Juli 2022, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  2. a b Rainer Rutz: Raumfahrt - Aus dem Würmtal ins All. 20. November 2023, abgerufen am 25. April 2024.
  3. Katharina Kotrba: Münchner SpaceX-Konkurrent sammelt 40 Millionen Euro ein. 1. Februar 2023, abgerufen am 25. April 2024 (deutsch).
  4. Nyx. Abgerufen am 28. April 2024.
  5. a b Missions. Abgerufen am 28. April 2024.
  6. Dieter Sürig: "The Exploration Company" in München: Raumschiffe inspiriert von Lego und Ikea. 5. Juni 2023, abgerufen am 25. April 2024.
  7. a b NYX | The Exploration Company. In: ERASMUS INNOVATION CENTRE. Abgerufen am 25. April 2024 (britisches Englisch).
  8. a b c Deutscher SpaceX-Herausforderer liefert Frachtkapsel für neue Raumstation. Abgerufen am 25. April 2024 (Schweizer Hochdeutsch).
  9. Dieter Sürig: The Exploration Company: Europäische Konkurrenz für Space-X. 12. September 2023, abgerufen am 25. April 2024.
  10. Andrew Parsonson: The Exploration Company aims to offer Europe independent access to space. In: European Spaceflight. 23. Februar 2022, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  11. a b The Exploration Company stellt Nyx vor. Abgerufen am 25. April 2024 (deutsch).
  12. Deutsch-französische Firma liefert Frachtkapsel für neue Raumstation. Abgerufen am 25. April 2024 (österreichisches Deutsch).
  13. EpochTimes.de, AFP NEWS: Deutsch-französisches Start-up soll US-Raumstation beliefern. 12. September 2023, abgerufen am 25. April 2024 (deutsch).
  14. Andrew Parsonson: ESA Will Award up to Three Phase 1 LEO Cargo Return Contracts. In: European Spaceflight. 22. Dezember 2023, abgerufen am 27. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  15. Andrew Parsonson: The Exploration Company Completes Key Review for LEO Cargo Vehicle. In: European Spaceflight. 28. Dezember 2023, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  16. Andrew Parsonson: Has ESA Stacked the Deck for The Exploration Company? In: European Spaceflight. 13. November 2023, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  17. Aerospace: TRUMPF and The Exploration Company cooperate with 3D printing. 25. Januar 2024, abgerufen am 27. April 2024 (englisch).
  18. a b Deutsche Firma will es mit Musks SpaceX-Imperium aufnehmen. 1. Februar 2023, abgerufen am 25. April 2024.
  19. L'Usine Nouvelle: The Exploration Company, la start-up franco-allemande qui veut révolutionner la logistique spatiale. 1. Februar 2023 (usinenouvelle.com [abgerufen am 25. April 2024]).
  20. Andrew Parsonson: The Exploration Company's Mission Possible Demonstrator Takes Shape. In: European Spaceflight. 1. März 2024, abgerufen am 26. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  21. OHB und The Exploration Company wollen europäische GNC-Technologien zur Erforschung des Mondes vorantreiben. Abgerufen am 25. April 2024 (englisch).
  22. Andrew Parsonson: The Exploration Company Continues Testing its Huracán Rocket Engine. In: European Spaceflight. 13. Februar 2024, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  23. Andrew Parsonson: The Exploration Company Begins CNES Backed Rocket Engine Development. In: European Spaceflight. 8. Januar 2024, abgerufen am 25. April 2024 (amerikanisches Englisch).