Oberjude

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Oberjude ist ein antisemitischer Ausdruck, mit dem prominente Juden oder Vertreter von jüdischen Gemeinden und Organisationen in beleidigender, demütigender oder diffamierender Absicht bezeichnet werden. In Arbeitslagern des Nationalsozialismus bezeichnete es jüdische Funktionshäftlinge, die eine Gruppe von Zwangsarbeitern leiteten. Der Ausdruck wird auch außerhalb des deutschen Sprachbereichs verwendet. Im Plural gebraucht, steht er meist in Beziehung zu einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jüdische Ständegesellschaft in Böhmen im 17. und 18. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Historikerin Ruth Kestenberg-Gladstein hat in den 1940er und 1950er Jahren in ihren Untersuchungen über die Juden in Böhmen festgestellt, dass Anzeichen dafür vorhanden sind, dass im ländlichen Böhmen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht nur die christliche, sondern auch die jüdische Gesellschaft ständisch gegliedert war. Dieser aus der Untersuchung von Daten einer Volkszählung von 1724 gewonnene Befund steht im Gegensatz zur allgemeinen Annahme, dass die jüdischen Gesellschaften in Mittel- und Osteuropa zwar eine soziale und wirtschaftliche, aber keine ständische Gliederung aufwiesen. In den von Kestenberg untersuchten Quellen werden gewisse, ihrer Meinung nach einem höheren Stand angehörende Jüdinnen und Juden, als „Oberjude“ bezw. „Oberjüdin“ bezeichnet, andere, die sie als deren jüdische Untertanen erachtet, entsprechend als „Unterjuden“.[1]

Antisemitismus im 19. und früheren 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 19. und früheren 20. Jahrhundert wird der Ausdruck „Oberjude“ im Sprachgebrauch des politischen Antisemitismus für prominente Juden wie die Politiker Adolphe Crémieux[2] und Walther Rathenau,[3] den Theaterregisseur Max Reinhardt[4] und andere jüdische oder vermeintlich jüdische Personen gebraucht, die im Blickfeld der Öffentlichkeit standen. Die Bezeichnung „Oberjuden“ ist auch als Ausdruck christlicher Judenfeindlichkeit belegt, so in einer Ostermontagspredigt aus dem Jahr 1836, laut der die „Hohepriester und Ältesten“ (Mt 27,20 LUT), die gemäß den Evangelien die Juden dazu bewogen haben sollen, die Kreuzigung Jesu zu fordern, als „Oberjuden“ bezeichnet werden.[5] Auch die KPD verwendet Anfang der 1930er Jahre den Ausdruck „Oberjuden“ in einer Publikation, mit der NSDAP sympathisierende Arbeiter angesprochen werden sollten.[6]

Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ghettos in Osteuropa
während der deutschen Besatzung 1939–1944

Judenräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Zeit der Zeit des Nationalsozialismus fand die Bezeichnung „Oberjude“ in einigen in deutsch besetzten Gebieten in Osteuropa errichteten Ghettos und dazugehörenden Zwangsarbeitslagern Verwendung, besonders auf dem Gebiet der Sowjetunion.

In amerikanischen Wörterbüchern zum Nationalsozialismus wird „Oberjude“ (englisch „Head Jew“, „Head of the Jews“) als „Bezeichnung für einen Vorsitzenden eines sogenannten ‚Juden-‘ oder ‚Ältestenrats‘“ definiert.[7] Der israelische Historiker Dan Michman zählt „Oberjude“ neben „Obmann“ als eine der zahlreichen Bezeichnungen auf, die für die verschiedenen den Juden während der Zeit des Nationalsozialismus von den Deutschen aufgezwungenen Gremien, für die sich der Terminus „Judenräte“ eingebürgert hat, gebraucht wurden, ohne näher auf den Begriff einzugehen.[8] Martin Gilbert führt den Ausdruck „Oberjude“ auf eine im Mittelalter gebräuchliche Bezeichnung für von Fürsten bestimmte, als Verbindungsleute zum Fürstenhof fungierende Juden zurück, gibt jedoch keine Quellen für seine Annahme an.[9]

Nach den Zeugnissen von Überlebenden wurde der Titel „Oberjude“ für einen einzelnen Repräsentanten der jüdischen Gemeinschaft vor Errichtung oder nach Auflösung eines mehrköpfigen, meist als „Ältesten-“ oder „Judenrat“ bezeichneten Gremiums an Stelle des üblicheren „Ältester“ oder „Judenältester“ verwendet. Historiker gebrauchen letztere, für Juden weniger erniedrigende Bezeichnungen oftmals auch dort, wo Zeitzeugen von als „Oberjuden“ bezeichneten Funktionsträgern sprechen.[10]

Ghetto Kowno[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das bestbelegte Beispiel für die Einsetzung eines als „Oberjude“ bezeichneten Vertreters der jüdischen Gemeinschaft ist die des Arztes Elkhanan Elkes für das KZ Kauen (litauisch Kaunas, deutsch Kauen) in Litauen.[11] Die Wahl Elkes’ zum „Oberjuden“ wird von zwei Zeitzeugen geschildert, von Leib Garfunkel, einem Mitglied des Ältestenrats des Ghettos von Kowno, und von Avraham Tory (ehemals Avraham Galub), dem seinerzeitigen Sekretär des Ältestenrats. Elkes wurde von rund dreißig Vertretern der Juden von Kowno auf Geheiß des für das Ghetto zuständigen SA-Obersturmführers Fritz Jordan am 4. (Tory) oder 5. (Garfunkel) August 1941 gewählt. Garfunkels Schilderung der Wahl macht die der Bezeichnung „Oberjude“ innewohnende, von den Nationalsozialisten intendierte und von den Juden empfundene, Erniedrigung deutlich:

„In den ersten Augusttagen informierte Kaminsky [Mikas Kaminskas von der litauische Stadtverwaltung] das jüdische Komitee, dass das Ghetto […] von einem von den Juden selbst zu wählenden ‚Ältestenrat‘ geleitet werden würde, dass sie aber als erstes einen ‚Oberjuden‘ (Head of the Jews) wählen müssten. […] Es war nicht leicht, einen geeigneten Kandidaten für diesen außergewöhnlichen Posten zu finden. […] Obwohl allen von Anfang an klar war, dass der Gewählte nur ‚Oberjude‘, d. h. der unbedeutende Repräsentant der ‚verfluchten Juden‘ – in der Sprache der Deutschen – sein würde, war es doch auch allen klar, dass alles daran gesetzt werden musste, jemanden zu wählen, der in den Augen der Deutschen über eine gewisse Autorität verfügte. […] Nach langer Diskussion schlug Dr. Z. Wolf, der Vorsitzende, Dr. E. Elkes, einen loyalen zionistischen Juden und bekannten Arzt, als Kandidaten vor. Der Vorschlag wurde sofort von allen Anwesenden enthusiastisch gutgeheissen, aber Dr. Elkes weigerte sich, die Ernennung anzunehmen. […] Da stand Rabbiner Schmukler auf und hielt eine Rede, […] die alle zutiefst bewegte. ‚Wie schrecklich ist doch unsere Situation […] dass wir dem verehrten Dr. Elkes nicht die ehrenvolle Position eines Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde von Kowno anbieten können, sondern nur die schmachvolle und demütigende eines ‚Oberjuden‘, der uns vor den Deutschen repräsentieren muss. Aber bitte verstehen Sie, lieber und verehrter Dr. Elkes, dass Sie nur für die Nazi Mörder der ‚Oberjude‘ sein werden, in unseren Augen werden Sie das Oberhaupt unserer Gemeinde sein, gewählt in unserer tragischsten Stunde, in der unser Blut fließt und das Schwert der Mörder über unseren Köpfen hängt. Es ist ihr Schicksal, Aufgaben von nie dagewesener Schwierigkeit zu erfüllen, aber gleichzeitig ist es auch ein großes Privileg und ein Akt der Menschlichkeit, und Sie haben nicht das Recht, sich ihrer Verpflichtung zu entziehen.‘“[12]

Kovno Judenrat, 1943
Elkhanan Elkes (Mitte)

Elkes nahm das Amt an und stand danach auch dem mehrköpfigen „Ältestenrat“ bis zu dessen Auflösung am 4. April 1944 vor und wurde dann erneut zum „Oberjuden“ bestimmt. Beim Anrücken der Roten Armee wurden die noch im seit November 1943 zum Konzentrationslager umgewandelten Ghetto verbliebenen Juden Anfang Juli 1944 „deportiert“. Elkhanan Elkes, der bis zum Schluss im Ghetto geblieben war, wurde mit den übrigen Männern ins KZ-Außenlager Kaufering I – Landsberg gebracht und starb dort am 17. Oktober 1944.[13]

Ghetto Baranowicze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorsteher des letzten, im Herbst 1942 eingesetzten „Judenrats“ des Ghettos Baranowicze (belarussisch Baranawitschy), heute in Belarus, Mendel Goldberg, wurde, nachdem der „Judenrat“ aufgelöst und die meisten Juden des Ghettos von Baranowicze und seiner Arbeitslager in der Umgebung ermordet worden waren, von den Deutschen zum „Oberjuden“ des noch bestehenden Arbeitslagers ernannt. Goldberg, ein Metallarbeiter aus Suwałki in Polen, der gut Deutsch sprach, hatte den Posten als Vorsitzender des „Judenrats“ nur auf Drängen seiner Kollegen angenommen. Am 1. November 1943, als die letzten 100 bis 125 Arbeiter „liquidiert“ werden sollten, setzten sie sich zur Wehr. Etwa 40 von ihnen gelang die Flucht, während die übrigen, einschließlich Mendel Goldberg, getötet wurden.[14]

Ghetto Riga[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Originalbeschreibung:
Galgen im Ghetto Riga, Februar 1944; Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg für die besetzten Gebiete – Hauptarbeitsgruppe Ostland (Bundesarchiv)

Einzelne Zeitzeugen bezeichnen in ihren Erinnerungen den Vorsteher des „Ältestenrats“ der Juden aus Köln und späteren Vorsteher der Gesamtheit der deutschen Juden Max Leiser im Ghetto Riga in Lettland als „Oberjuden“,[15] während er in der Literatur allgemein „Ghettoältester“ genannt wird.[16]

Ghetto Lwow[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im zu einem sogenannten „Julag“ („Judenlager“) verkleinerten Ghetto von Lwow (ukrainisch Lwiw, deutsch Lemberg), heute in der Ukraine, setzten die Deutschen, nachdem die Mitglieder des „Judenrats“ im Februar 1943 ermordet worden waren, einen[17] oder, nach dem Zeugnis von Eliyahu Yones, mehrere „Oberjuden“ an der Spitze der Arbeitskompanien ein, die gemeinsam mit den Kommandanten der jüdischen „Ghettopolizei“ eine Art „Judenrat“ bildeten, der, völlig machtlos, die Befehle der Deutschen umzusetzen hatte.[18] Das der SS unterstellte Arbeitslager wurde im Juni 1943 „liquidiert“ und alle noch darin verbliebenen Juden umgebracht.[19]

Zwangsarbeitslager[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bezeichnung „Oberjude“ wurde auch in einzelnen Zwangsarbeitslagern außerhalb der eigentlichen Ghettos verwendet. Hier wurden, nach Aussagen von Überlebenden, als Leiter von Zwangsarbeitergruppen eingesetzte jüdische Häftlinge manchmal als „Oberjude“ bezeichnet.

Riga-Kaiserwald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Max Kaufmann berichtet in seinen Erinnerungen, dass in Nebenlagern des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald „Oberjuden“ ernannt worden waren, so im von SS-Untersturmführer Fritz Scherwitz geleiteten Lager „Lenta“ Lew Arnow und der Schneider Boris Rudow, der, von Scherwitz „arisiert“, von einem gewissen Schönberger (oder Scheinberger) abgelöst wurde; für das Lager „Heereskraftpark“ nennt Kaufmann einen früheren Eigentümer einer Holzverarbeitungsfabrik namens Benjamin Blumberg und dessen Nachfolger Sascha Rubinstein.[20] Die Bezeichnung „Oberjude“ für Lew Arnow und Boris Rudow ist auch sonst belegt.[21]

Daugavpils[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sidney Iwens (ehemals Schaike Iwensky) aus Jonava in Litauen erwähnt in seinem Tagebuch die Bezeichnung „Oberjude“ für den „Ältesten“ Jascha Magid in einem der Arbeitslager des Ghettos Daugavpils (russisch Dwinsk, deutsch Dünaburg) in Lettland.[22]

Liepāja[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Michael und Hilda Skutletski, die sich aus dem Ghetto Liepāja (deutsch Libau) in Lettland retten konnten, verwenden die Bezeichnung „Oberjude“ für David Zivcon, der als Elektriker Zwangsarbeit für den Sicherheitsdienst SD verrichtete.[23] Zivcon, der überlebt hat, ist es zu verdanken, dass die Photographien von der Ermordung der Juden von Liepāja durch „Einsatzgruppen“ und „Lettische Hilfspolizei“ am Strand von Šķēde bei Liepāja, die die SS-Oberscharführer Sobeck und Carl-Emil Strott (1903–1989) gemacht hatten, erhalten geblieben sind.[24]

Lwow-Janowska[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Arzt Samuel Drix bezeichnet in seinen Erinnerungen den vom Stellvertreter des Lagerkommandanten SS-Untersturmführer Richard Rokita im Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska eingesetzten polnischen Juden Kampf als „Oberjuden“.[25] Diese Bezeichnung wird auch vom Historiker Thomas Sandkühler verwendet.[26] Eliyahu Yones beschreibt eine Funktion der „Oberjuden“ der jüdischen Arbeiter der „Deutschen Ausrüstungswerke DAW“, die sich in vom Hauptlager durch einen Stacheldrahtzaun getrennten Baracken im Lager Janowska befanden:

„Tausende von jungen jüdischen Männern und Frauen arbeiteten dort. Jeden Morgen um fünf Uhr verließen sie in Kolonnen das Ghetto – angeführt vom ‚Oberjuden‘ – und kehrten um 17 Uhr in gleicher Formation wieder ins Ghetto zurück.“[27]

Heutiger Gebrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heute wird der Ausdruck „Oberjude“ von Alt- und Neonazis, Rechtsextremisten und Antisemiten vornehmlich für Repräsentanten der jüdischen Gemeinden und Organisationen, aber auch für vermeintlich oder tatsächlich über Einfluss verfügende Juden, verwendet. Besonders oft wurde der 1999 verstorbene Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, als „Oberjude“ beschimpft. Auch international beachtet wurde der Brief des Bürgermeisters der kleinen Ortschaft Senheim an der Mosel, Franz-Dieter Schlagkamp, Mitglied der CDU, der Bubis, den er als „Oberjuden“ betitelte, im Januar 1993 auf offiziellem Briefpapier unter anderem schrieb, er sei froh, dass es in seinem Dorf keine Juden gebe, die den Dorffrieden störten, und dass er zu Gott bete, auch nie solche Mitbürger zu bekommen, und Verständnis dafür aufbringe, wenn „man gegen die Juden wieder anders denkt.“ Schlagkamp musste, nachdem „die Tageszeitung“ über den Brief berichtet hatte, von seinem Amt zurücktreten, was auch in der Weltpresse vermerkt wurde.[28] Bubis hatte bereits 1992 in einem Spiegel-Interview auf die Frage, was neu an dieser Art von Antisemitismus sei, geantwortet, „neu ist nur, dass die Briefe jetzt mit Absender geschrieben werden. Antisemitismus ist wieder salonfähig. Man darf es wieder.“[29] Knapp zehn Jahre später titelt „Der Spiegel“: „Der hässliche Deutsche zeigt sein Gesicht. Nach der Möllemann-Debatte stehen immer mehr Deutsche zu ihrem Feindbild: Früher anonyme Drohungen und Schmähungen gegen Juden werden jetzt immer häufiger mit vollem Namen gezeichnet.“[30]

Frankfurt am Main: Obermainbrücke; im Jahr 2000 in „Ignatz-Bubis-Brücke“ umbenannt

Häufig verwendet wird der Ausdruck „Oberjude“ in Internetforen. Zum Tod Ignatz Bubis’ schrieb das rechtsextremistische Fanzine „Proissenpower“ aus Cottbus, das in der gleichen Ausgabe auch Holocaustleugnung, antisemitische Ausfälle („Judenwitze“) und Drohungen gegen Szene-Aussteiger verbreitete, auf dem Titelblatt:

„Am Freitag, dem 13.08.99 (von wegen Unglückstag), folgte Oberjude Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, seinen 6 Millionen Artgenossen in die Hölle.“[31]

Auch der Tod von Bubis’ Nachfolger Paul Spiegel im Jahr 2006 wurde von Rechtsextremen als Tod des „Oberjuden“ gefeiert,[32] genauso wie zwei Jahre zuvor in der Schweiz derjenige von Sigi Feigel, dem langjährigen Präsidenten und Ehrenpräsidenten der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich.[33]

Außerhalb des deutschen Sprachbereichs wird der Ausdruck „Oberjude“ diffamierend für namentlich genannte Juden oder als Juden bezeichnete Persönlichkeiten aus Medien, Politik und Wirtschaft verwendet; daneben werden sogenannte „Oberjuden“ als Weltbeherrscher oder die Weltherrschaft anstrebende Verschwörer dargestellt. In den USA bekannt dafür war der im Mai 2010 verstorbene Hans Schmidt, ein Deutsch-Amerikaner, ehemals Mitglied der Hitlerjugend und der Waffen-SS, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus Deutschland in die USA auswanderte und seinen alten Überzeugungen auch als amerikanischer Staatsbürger treu blieb. Der Ausdruck „Oberjuden“ taucht in seinen Publikationen wiederholt auf. Für den „antisemitisch agitierenden“[34] erklärten Nazi und Holocaustleugner Schmidt stand es außer Zweifel, dass sowohl die USA wie auch die Bundesrepublik Deutschland von „Oberjuden“ geleitet werden.[35] Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York verurteilte er zwar, lobte aber den Mut derer, die sie verübt und, wie er schrieb, unter Aufopferung ihres eigenen Lebens das Zentrum, von wo die „Oberjuden“ angeblich die Weltwirtschaft leiten, vernichtet haben und wunderte sich darüber, dass sich unter den Todesopfern verhältnismäßig wenige mit „jüdischen Namen“ befanden, obwohl es, wie er meinte, unbestritten sei, dass im Bereich Finanzdienstleistungen Juden prädominant vertreten seien.[36]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Yitzhak Arad: The Holocaust in the Soviet Union. University of Nebraska Press u. a., Lincoln u. a. NE 2009, ISBN 978-0-8032-2059-1 (Comprehensive History of the Holocaust), (englisch).
  • Stephen E. Atkins: Holocaust Denial as an International Movement. Praeger Publishers, Westport CT u. a. 2009, ISBN 978-0-313-34538-8 (englisch).
  • Werner Bergmann: Geschichte des Antisemitismus. 3. durchgesehene Auflage. Beck, München 2006, ISBN 3-406-47987-1 (Beck’sche Reihe 2187 C. H. Beck Wissen).
  • Abraham J. Edelheit, Hershel Edelheit: History of the Holocaust. A Handbook and Dictionary. Westview Press, Boulder CO u. a. 1994, ISBN 0-8133-2240-5 (englisch)
  • Meir Grubsztein, Moshe M. Kohn u. a. (Hrsg.): Jewish Resistance during the Holocaust. Proceedings of the Conference on Manifestations of Jewish Resistance, Jerusalem, April 7–11, 1968. Yad Vashem, Jerusalem 1971 (englisch und französisch).
  • Israel Gutman, Cynthia J. Haft (Hrsg.): Patterns of Jewish Leadership in Nazi Europe, 1933–1945. Proceedings of the third Yad Vashem International Historical Conference, Jerusalem, April 4–7, 1977. Yad Vashem, Jerusalem 1979 (englisch).
  • Detlef Junker (Hrsg.): The United States and Germany in the Era of the Cold War, 1945–1990. Band 2: 1968–1990. Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-83420-1 (Publications of the German Historical Institute, Washington DC), (englisch).
  • Robert Michael, Karin Doerr: Nazi-Deutsch. An English Lexicon of the Language of the Third Reich. = Nazi-Deutsch. Greenwood Press, Westport CT u. a. 2002, ISBN 0-313-32106-X (englisch).
  • Isaiah Trunk: Judenrat. The Jewish Councils in Eastern Europe under Nazi Occupation. Neuauflage. University of Nebraska Press, Lincoln NE 1996, ISBN 0-8032-9428-X (englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ghettos

Ghettos The Alabama Gulf Coast Holocaust Library (englisch)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ruth Kestenberg-Gladstein: Differences of Estates within Pre-Emancipation Jewry. Journal of Jewish Studies, 1954, Volume 5, Issue 4, Seiten 156–166, besonders S. 156f. Online und 1955, Volume 6, Issue 1, Seiten 35–49, besonders S. 45ff. Online (englisch). Abgerufen am 25. November 2010.
  2. Hermann Ahlwardt: Judenflinten, II. Theil; Verlag der Druckerei Glöß, Dresden 1892 Auszüge @1@2Vorlage:Toter Link/antisemiten-im-reichstag.netfirms.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. So auch in der Reichsminister Alfred Rosenberg zugeeigneten, im Internet abrufbaren, Dissertation Der Jüdische Ritualmord. Eine historische Untersuchung. (Memento des Originals vom 21. November 2008 im Internet Archive; PDF; 2,4 MB)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uuurgh.net von Dr. phil. Hellmut Schramm aus dem Jahr 1941, S. 46, 57, 60, 174. Abgerufen am 18. Mai 2010.
  3. Hubert Kiesewetter: Von Hegel zu Hitler. Die politische Verwirklichung einer totalitären Machtstaatstheorie in Deutschland (1815–1945). 2. Ausgabe. Lang, Frankfurt a. M./Bern 1995, S. 202 ISBN 3-631-49239-1
  4. Robert Kriechbaumer: Der Geschmack der Vergänglichkeit. Jüdische Sommerfrische in Salzburg; Böhlau, Wien 2002, S. 255f. ISBN 3-205-99455-8. Auszüge online. Abgerufen am 18. Mai 2010.
  5. Johann Karl Müglich: Dr. Müglich’s kleine Postille für das ganze Kirchenjahr. Band 1. Verlag Pierer, Altenburg 1838, S. 192, Textarchiv – Internet Archive
  6. Hans-Helmuth Knütter: Die Linksparteien. In: Werner Eugen Mosse, Arnold Paucker (Hrsg.): Entscheidungsjahr 1932. Zur Judenfrage in der Endphase der Weimarer Republik. Ein Sammelband. Mohr Siebeck, Tübingen 1966, S. 330, books.google.ch
  7. Abraham J. Edelheit & Hershel Edelheit: History of the Holocaust. A Handbook and Dictionary. Westview Press, Boulder CO 1994, S. 349, ISBN 0-8133-2240-5, Robert Michael and Karin Doerr: Nazi-Deutsch, Nazi-German. An English Lexicon of the Language of the Third Reich; Greenwood Press, Westport, Conn. 2002, S. 300 ISBN 0-313-32106-X (englisch)
  8. Dan Michman: Reevaluating the Emergence, Function, and Form of the Jewish Councils Phenomenon. (Memento des Originals vom 18. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ushmm.org In: Ghettos 1939–1945. New Research and Perspectives on Definition, Daily Life, and Survival. Symposium Presentations. United States Holocaust Memorial Museum Center for Advanced Holocaust Studies 2005 (englisch). Abgerufen am 18. Mai 2010.
  9. Martin Gilbert: Introduction. In: Avraham Tory, Martín Gilbert, Dina Porat, Jerzy Michalowicz: Surviving the Holocaust. The Kovno Ghetto diary; Harvard University Press, 1990, S. XIV, Anmerkung 3. ISBN 0-674-85811-5 (englisch)
  10. Yitzhak Arad: The Lithuanian Ghettos of Kovno and Vilna vs. Abraham Turi (Avraham Tory): Debate. In: Israel Gutman, Cynthia J. Haft (Hrsg.): Patterns of Jewish Leadership in Nazi Europe, 1933-1945. Proceedings of the third Yad Vashem International Historical Conference, Jerusalem, April 4-7, 1977; Yad Vashem, Jerusalem 1979, S. 97ff. vs. S. 181f. (englisch)
  11. Die Namen der Ortschaften und Ghettos werden – in deutscher Schreibweise – wie in den Quellen verwendet.
  12. Leib Garfunkel: Kovna ha-Yehudit be-Hurbana ("The Destruction of Jewish Kovno"), Jerusalem 1959, S. 47f., übersetzt aus dem Englischen nach der online-Version: Yad Vashem: Shoah Resource Center: The Election of Elkes as Head of the Judenrat in Kovno (PDF; 37 kB), abgerufen am 18. Mai 2010, abgedruckt in: Yitzhak Arad, Israel Gutman, Abraham Margaliot (Hrsg.): Documents on the Holocaust. Selected sources on the destruction of the Jews of Germany and Austria, Poland, and the Soviet Union; University of Nebraska Press 1999, S. 384ff. ISBN 0-8032-1050-7
  13. Jürgen Matthäus: Kauen (Kaunas)– Stammlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 8: Riga, Warschau, Vaivara, Kaunas, Płaszów, Kulmhof/Chełmno, Bełżec, Sobibór, Treblinka. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57237-1, S. 201f.
  14. Yehuda Bauer: Jewish Baranowicze in the Holocaust (englisch). Abgerufen am 18. Mai 2010.
  15. Ruth Foster: Living Memory of the Jewish Community. Interviewed by Patricia R. Mendelson (PDF) British Library: Oral history; Jewish survivors of the Holocaust. Archival Sound Recordings (englisch); Erinnerungen von Hilde Sherman-Zander. Abgerufen am 18. Mai 2010.
  16. Gertrude Schneider: Journey into Terror. Story of the Riga Ghetto; Greenwood Publishing Group 2001, ISBN 0-275-97050-7, S. 12ff. (englisch); Bernhard Press: The murder of the Jews in Latvia 1941-1945; Northwestern University Press 2000. ISBN 0-8101-1729-0, S. 131. (Deutsche Ausgabe unter dem Titel Judenmord in Lettland 1941–1945, 2. Aufl. Metropol, Berlin 1995. ISBN 3-926893-13-3.)
  17. Yitzhak Arad: The Holocaust in the Soviet Union. Comprehensive history of the Holocaust. University of Nebraska Press, 2009, ISBN 0-8032-2059-6, S. 281, books.google.ch (englisch)
  18. Eliyahu Yones: Smoke in the Sand. The Jews of Lvov in the War Years, 1939–1944; Gefen, Jerusalem 2004, ISBN 965-229-308-3, S. 141f. (englisch)
  19. Eliyahu Yones: Smoke in the Sand. The Jews of Lvov in the War Years, 1939–1944, S. 259.
  20. Max Kaufmann: Churbn Lettland. The Destruction of the Jews of Latvia. (Memento vom 13. Juli 2011 im Internet Archive) München 1947. Englische Übersetzung von Laimdota Mazzarins, S. 133 und 137, online S. 136 und 140.(PDF; 132 MB) Abgerufen am 18. Mai 2010.
  21. Anita Kugler: Scherwitz. Der jüdische SS-Offizier. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, ISBN 3-462-03314-X, S. 24, 178, 182
  22. Sidney Iwens: How Dark the Heavens. 1400 Days in the Grip of Nazi Terror. Shengold, New York 1998, ISBN 0-88400-147-4, S. 100, books.google.ch (englisch).
  23. The story of Michael and Hilda Skutletski, who were hidden by Sedul. Reported by Melech Neistat, July 1981, Yad Vashem, The Righteous Among the Nations (englisch). Abgerufen am 18. Mai 2010
  24. The visual evidence of the murder of the Jews of Liepaja, (Memento des Originals vom 5. Juni 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www1.yadvashem.org Yad Vashem, The Righteous Among the Nations und Auswahl Photos (englisch). Abgerufen am 18. Mai 2010.
  25. Samuel Drix: Witness to annihilation. Surviving the Holocaust. A memoir; Brassey’s, Mc Lean, Virginia 1994, ISBN 0-02-881087-2, S. 82 (englisch)
  26. Thomas Sandkühler: Das Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska 1941-1944. In: Ulrich Herbert, Karin Orth, Christoph Dieckmann (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur, Band 1, Wallstein, Göttingen 1998, S. 623 ISBN 3-89244-289-4
  27. Eliyahu Yones: Smoke in the Sand. The Jews of Lvov in the War Years, 1939–1944. S. 149, übersetzt aus dem Englischen
  28. Michaela Schießl: Der Youngster der Juden Deutschlands. Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland: Ein Selfmademan mit Charme, Energie und Ambitionen. In: taz, 21. Januar 1993. German Mayor Resigns. In: The Washington Post, 27. Januar 1993 (englisch). Un alcalde alemán dimite al conocerse su actitud antisemita. In: El País, 28. Januar 1993 (spanisch). Abgerufen am 22. Mai 2010. Sander L. Gilman, Karen Remmler: Reemerging Jewish culture in Germany. Life and literature since 1989; NYU Press 1994, ISBN 0-8147-3065-5, S. 115 (englisch)
  29. K. Andresen, G. Spörl: Antisemitismus ist salonfähig. In: Der Spiegel. Nr. 51, 1992 (online – SPIEGEL-Gespräch mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, über Rechtsradikalismus).
  30. Caroline Schmidt: Antisemitismus. Der hässliche Deutsche zeigt sein Gesicht. Spiegel Online, 5. Juli 2002; abgerufen am 18. Mai 2010.
  31. Zitiert nach Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 1999. (PDF) Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, S. 27. Abgerufen am 25. August 2014.
  32. Michael Klarmann: Ironie des Schicksals. Die rechtsextreme Szene feiert den Tod von Paul Spiegel. telepolis, 3. Mai 2006; abgerufen am 18. Mai 2010.
  33. Hans Stutz: Braune Geschmacklosigkeiten. (Memento des Originals vom 23. Dezember 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.antifa.ch WOZ Die Wochenzeitung, 2. September 2004; abgerufen am 18. Mai 2010.
  34. Verfassungsschutzbericht 1996 Niedersachsen (PDF) @1@2Vorlage:Toter Link/cdl.niedersachsen.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Niedersächsisches Innenministerium, S. 40; abgerufen am 21. Mai 2010.
  35. Jeffrey Kaplan, Leonard Weinberg: The emergence of a Euro-American radical right. Rutgers University Press, 1998, ISBN 0-8135-2564-0, S. 78 ff. Auszüge (englisch). Abgerufen am 19. Mai 2010.
  36. GANPAC Brief: The attacks against the Tower of Babel. Florida-based anti-Semitic newsletter, published by Hans Schmidt, November 2001 (Memento des Originals vom 13. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.adl.org unter: Miscellaneous Hate Groups/Anti-Semitic Groups. Anti-Defamation League, 11. Dezember 2001 (englisch). Abgerufen am 19. Mai 2010.