Oberleitungsbus Stockholm

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F3 A1589 auf der Linie 91 in Norrmalm, 1956
F3 A1597 auf der Linie 91 am Gullmarsplan, 1964
F3 A1682 auf der Linie 41 an Kungsbron, 1964

Der Oberleitungsbus Stockholm war das Oberleitungsbussystem in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Es bestand von 1941 bis 1964 und war mit 193 Fahrzeugen und 13 Linien das größte Netz Skandinaviens. Betreiber von zwölf Linien war die AB Stockholms Spårvägar (SS), die Linie nach Kvarnholmen wurde von der Transport AB Stockholm–Kvarnholmen (TSK) betrieben.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Netz wurde eingerichtet in der Absicht, die Stockholmer Straßenbahn vollständig zu ersetzen. Am 9. Januar 1939 fiel der Umstellungsbeschluss für die erste Straßenbahnlinie. Am 20. Januar 1941 wurde die Straßenbahnlinie 11 (Mariebergsgatan – Kungsgatan – Karlaplan) durch die Obuslinie 41 (Stadshagsplan – Karlaplan) ersetzt. Am 1. Juli 1941 wurde die Linie von Karlaplan nach Furusundsgatan verlängert. Im Eröffnungsjahr gingen noch die Linie 32 (Fridhemsplan – Kungsgatan – Karlaplan – Djurgårdsbron) und die private Linie nach Kvarnholmen in Betrieb. Auf letzterer bestand neben der Personenbeförderung auch Güterverkehr. Bis 1951 folgten die Linien 42 (1. Oktober 1943), 41E, 96 (beide 16. Januar 1945), 31 (16. Dezember 1946, ersetzte 41E), 36 (24. November 1947), 30 (9. Februar 1948), 33 (8. November 1948), 34 (1. Februar 1949), 98 (26. 1949), 90 (2. Oktober 1950) und 91 (19. Februar 1951). Einzelne Linien wurden in diesem Zeitraum auch geringfügig verlängert.[1] Außer der Linie 11 wurde noch die Straßenbahnlinie 18 auf Obusbetrieb (Linie 98) umgestellt.[2]

Linienübersicht 19. Februar 1951[1]
Linie Verlauf
30 Reimersholme – Västerbron – Fridhemsplan – Kungsgatan – Stureplan
31 Mariebergsgatan – Kungsgatan – Stureplan – Karlaplan – Sandhamnsplan
32 Fridhemsplan – Kungsgatan – Stureplan – Karlaplan – Djurgårdsbron
33 Odengatan – Drottninggatan – Slussen – Götgatan – Eriksdal
34 Birkagatan – Skeppsbron – Slussen – Götgatan – Skanstull
36 Odenplan – Fridhemsplan – Västerbron – Hornstull – Folkungagatan – Duvnäsgatan
41 Stadshagsplan – Kungsgatan – Stureplan – Karlaplan – Värtavägen – Furusundsgatan
42 Fridhemsplan – Kungsgatan – Stureplan – Karlaplan – Värtavägen
90 Brunkebergstorg – Skeppsbron – Skanstull – Slussen – Årsta norra
91 Brunkebergstorg – Skeppsbron – Skanstull – Slussen – Årsta södra
96 Norra Bantorget – Fridhemsplan – Stora Essingen
98 Slussen – Hornstull – Liljeholmen – Ekensberg
o. Nr. Godstraffik – Henriksdal – Kvarnholmen

Bereits am 26. Mai 1952 wurde die Linie 32 von der Djurgårdsbron nach Sandhamnsplan verlegt und der Abschnitt Karlaplan – Djurgårdsbron stillgelegt. Die Linie 31 wurde gleichzeitig eingestellt. Am 7. Dezember 1953 wurde die 32 nach Frihamnen verlängert. In den 1950er Jahren kam es zu mehreren Streckenverlegungen, insbesondere im Verlauf der Linien 33 und 34 in Norrmalm und Södermalm. Parallel hierzu wurden die Linien nach und nach eingestellt. Als zweite Linie wurde die 98 am 17. November 1955, sechs Jahre nach der Inbetriebnahme, eingestellt. Am 24. November 1957 wurden die Linie 33 von Eriksdal nach Danviken und die Linie 36 von Odenplan nach Nodra Station verlegt, gleichzeitig stellte die SS die Straßenbahnlinie 9 ein.[2] Bis zum 5. Mai 1961 waren die Linien 34 (24. November 1957), 36 (1. Juli 1958), 30 (10. August 1959), 33 (27. August 1960) und 96 (23. Mai 1961) aus dem Stadtbild verschwunden. Die Linie nach Kvarnholmen fuhr 1959 letztmals. Die Betreibergesellschaft ging später in der Storstockholms Lokaltrafik auf. Am 5. April 1964 war der letzte Betriebstag auf den Linien 32, 42, 90 und 91. Als letzte Linie wurde die 41 am 31. August 1964 eingestellt.[1]

Seit 2009 beabsichtigt der Verein Svenska Spårvägssällskapet (SSS), der auch die Djurgårdslinie betreibt, den Aufbau einer zwei Kilometer langen Obusstrecke vom Karlaplan nach Skansen. Von der Djurgårdsbron bis Skansen soll dabei die Straßenbahnfahrleitung mitgenutzt werden.[3] Das Vorhaben war im Mai 2017 noch nicht abgeschlossen.[4]

Fahrzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

F1 A30505 im Straßenbahnmuseum Stockholm, 2015
Einer der verkauften F2-Triebwagen in Helsinki, 1949
F3 A74038 zu Gast in Landskrona, 2011

Die ersten Fahrzeuge der Typen F1 und F2 wurden von ASEA (elektrische Komponente), Hägglund & Söner (Karosserie) und Motala und Scania-Vabis (Fahrgestell) hergestellt. Sie wiesen die gleichen Maße auf. Da die Wagen des Typs F2 für eine Umstellung auf Rechtsverkehr vorbereitet waren, hatten sie die Lenkung auf der linken Seite. Die TSK verfügte 1941 über einen Triebwagen vom Typ F1 und erwarb 1948 je einen F1 und F2 von der SS. Drei weitere Fahrzeuge wurden nach Helsinki verkauft. Die 20 F1-Triebwagen der SS waren bis 1961 im Einsatz, die 50 F2-Triebwagen wurden bis 1957 ausgemustert.[1] Der F1-Triebwagen 30505 ist als historisches Fahrzeug erhalten geblieben und steht im Straßenbahnmuseum Stockholm.[5]

Die 1947 bis 1950 gelieferten 122 Triebwagen des Typs F3 kamen von den gleichen Herstellern, fielen aber größer aus als ihre Vorgänger. Wagenbaulich waren sie an den Scania-Vabis B31 angelehnt. Die SS setzte die Fahrzeuge bis zur Stilllegung 1964 ein.[1] Wagen 1585 befindet sich im Straßenbahnmuseum Stockholm.[6] Wagen 74036 wird vom SSS im ausstellungsfähigen Zustand betreut.[7] Wagenn 74038 ist nach einem Brandschaden bis 2016 als fahrfähiges historisches Fahrzeug restauriert worden.[8][9]

Die zehn Triebwagen des Typs F4 waren vierachsige Gelenkwagen mit dreiachsigem Vorderwagen und einachsigem Nachläufer. Die von Alfa Romeo, Marelli und Stanga konstruierten Fahrzeuge waren beim Fahrpersonal unbeliebt, insbesondere die Heizung war den Anforderungen an die strengen Winter nicht gewachsen. Die 1950 gelieferten Fahrzeuge waren daher nach fünf Jahren wieder aus dem Bestand genommen.[1] Der Vorderwagen des Wagens 74055 wurde 2012 auf einem Bauernhof bei Uppsala wiederentdeckt,[10] er befindet sich nach seiner Bergung in Malmköping und wird vom SSS betreut.[11]

Für den Güterverkehr nach Kvarnholmen besaß die TSK ferner zwei Oberleitungslastwagen, deren Ausrüstung der des Typs F1 entsprach. Sie waren anfangs mit einer eigenen Ladefläche ausgestattet und wurden später in reine Zugmaschinen umgebaut.[1]

Fahrzeugliste
Typ Nummern Baujahre Länge
(in mm)
Achsfolge Leistung
(in kW)
Sitz- /
Stehpl.
Hersteller Anmerkungen
Triebwagen
SS F1 A30501–A30520 1940 9.750 1’A 80 28 / 34 Scania,
Hägglund,
ASEA
1948 Tw A30502 an TSK A30502; übrige bis 1961 ausgemustert;
Tw A30505 als hist. Fahrzeug erhalten[5][12]
F2 A30521–A30570 1941 9.750 1’A 80 28 / 34 Scania,
Hägglund,
ASEA
1946 Tw A30568–A30570 an Helsinki;
1948 Tw A30567 an TSK Tw A30567;
übrige bis 1957 ausgemustert[13]
F3 A1571…A1687,
A74001–A74053
1947–1950 10.050 1’A 80 25 / 42 Scania,
Hägglund,
ASEA
bis 1964 ausgemustert;
Tw A1585, A74036, A74038 als hist. Fahrzeuge erhalten[6][7][8][14]
F4 A74054–A74063 1950 17.100 1’B1 170 54 / 58 Alfa Romeo,
Marelli,
Stanga
bis 1955 ausgemustert; Vorderwagen A74055 erhalten[10][11][15]
TSK F1 A2000, A30502 1940–1941 s. o. 1948 Tw A30502 ex SS Tw A30502; bis 1959 ausgemustert[16]
F2 A30567 1941 s. o. 1948 ex SS Tw A30567, bis 195x ausgemustert[17]
Beiwagen
SS G1 A861 1945 7.400 1’1 25 / 28 Katrineholm 1950 an TSK Bw A846[18]
TSK G1 A846 1945 s. o. 1950 ex SS Bw A861; 195x ausgemustert[19]
A752 1945 1’1 21 / 31 Hägglund 19xx ausgemustert[20]
Lastwagen
TSK 1+2 1940 – / – Scania,
Hägglund,
ASEA
Ausrüstung wie F1; bis 1959 ausgemustert[1]

Betriebshöfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fahrzeuge waren zunächst im Betriebshof Hornsberg beheimatet. Ab 1950 waren die Obusse auch in der Hauptwerkstatt der Tunnelbana in Hammarby untergebracht. Die beiden Höfe waren über Betriebsstrecken mit dem übrigen Netz verbunden.[1][21][22]

Unfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bergung des verunglückten Triebwagens A30528 aus dem Essingesund, 1948

Am 24. November 1948 kam es zu einem schweren Unfall auf der Stora Essingebron zwischen den Inseln Stora Essingen und Lilla Essingen. Triebwagen A30528 vom Typ F2 war auf der Linie 96 unterwegs, als er einen entgegenkommenden Lastkraftwagen streifte. Dabei verhakten sich die Radmuttern des rechten Vorderrads im Hinterrad des Lkw, woraufhin die Vorderachse des Obusses unweigerlich nach rechts gedreht wurde. Der mit Betonplatten geladene Lastkraftwagen wurde bei der anschließenden Kollision zerteilt, der Obus fuhr über die Brüstung und fiel nach kurzem Stillstand 15 Meter tief in Mälaren. Bei dem Unfall starben elf Insassen, einer überlebte.[23]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Torsten R. Åström: Der Obusbetrieb in Stockholm. In: Verkehrstechnik. 23. Jahrgang, Nr. 8, 20. April 1942, S. 113–116.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Oberleitungsbus Stockholm – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Nils Carl Aspenberg: Die Strassen- und Vorortbahnen in Stockholm. Baneforlaget, Oslo 1994, ISBN 82-91448-08-6, S. 31–37.
  2. a b Nils Carl Aspenberg: Die Strassen- und Vorortbahnen in Stockholm. Baneforlaget, Oslo 1994, ISBN 82-91448-08-6, S. 24–25.
  3. J. Lehmann: Stockholm [SE] – Stockholm plant Museums-Obuslinie. In: trolleymotion.eu. 13. April 2009, abgerufen am 4. Mai 2019.
  4. J. Lehmann: Stockholm [SE] – Historischer Trolleybus im Einsatz. In: trolleymotion.eu. 15. Mai 2017, abgerufen am 4. Mai 2019.
  5. a b Trådbuss från 1940, SS. In: sparvagsmuseet.sl.se. Storstockholms Lokaltrafik, abgerufen am 4. Mai 2019 (schwedisch).
  6. a b Trådbuss från 1947, SS. In: sparvagsmuseet.sl.se. Storstockholms Lokaltrafik, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. August 2017; abgerufen am 4. Mai 2019 (schwedisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sparvagsmuseet.sl.se
  7. a b SS F3 4036. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  8. a b SS F3 4038. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  9. K. Budach: Stockholm [SE] – Oldtimer nach Brandschaden wieder betriebsfähig und im Einsatz! In: trolleymotion.eu. 9. Mai 2016, abgerufen am 4. Mai 2019.
  10. a b K. Budach: Stockholm [SE] – Italienischer Gelenktrolleybus wieder aufgetaucht. In: trolleymotion.eu. 5. November 2012, abgerufen am 4. Mai 2019.
  11. a b SS F4 F74055. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  12. SS F1. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  13. SS F2. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  14. SS F3. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  15. SS F4. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  16. TSK F1. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  17. TSK F2. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  18. SS G1. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 7. August 2017 (schwedisch).
  19. TSK G1. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 7. August 2017 (schwedisch).
  20. TSK (sb). In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 7. August 2017 (schwedisch).
  21. Hornsberg. In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 6. August 2017 (schwedisch).
  22. Hammarbydepån (Hy). In: sparvagssallskapet.se. Svenska Spårvägssällskapet, abgerufen am 7. August 2017 (schwedisch).
  23. Jan Charleville: Si, här har du Hessingen. Ljungbergs Tryckeri, 2009, ISBN 91-85760-17-X, S. 41.