Obstruktionstheorie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, beschreibt die Obstruktionstheorie oder Hindernistheorie die Hindernisse für die Existenz von Schnitten in Faserbündeln.

Obstruktionskozykel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei eine Faserung über einem Simplizialkomplex mit Faser . Wir nehmen an, dass bereits ein Schnitt über dem -Skelett von konstruiert wurde und fragen, ob sich dieser Schnitt auf das -Skelett fortsetzen lässt.

Für jeden -Simplex ist homotopieäquivalent zu und die Abbildung

definiert ein Element der -ten Homotopiegruppe der Faser

.

Offensichtlich kann der gegebene Schnitt nur dann auf fortgesetzt werden, wenn

.

Man kann zeigen, dass ein Kozykel mit lokalen Koeffizienten ist, er wird als Obstruktionskozykel bezeichnet. Seine Kohomologieklasse (in der Kohomologie mit lokalen Koeffizienten)

heißt -te Obstruktionsklasse. Sie hängt zwar vom gewählten Schnitt ab, man kann aber zeigen, dass sie tatsächlich nur von seiner Einschränkung auf das -Skelett abhängig ist.

Schnitte in Vektorbündeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wichtigste Anwendung der Obstruktionstheorie ist auf die Frage nach der Existenz von linear unabhängigen Schnitten in einem Vektorbündel vom Rang , für , oder äquivalent nach der Existenz eines Schnittes im -Rahmenbündel

,

dessen Faser die Stiefel-Mannigfaltigkeit ist.

Wegen für kann man einen solchen Schnitt auf dem -Skelett konstruieren, das Hindernis für die Fortsetzung auf das -Skelett ist dann die oben definierte Obstruktionsklasse

Stiefel-Whitney-Klassen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stiefel-Whitney-Klassen wurden von Stiefel und Whitney ursprünglich als Obstruktionsklassen definiert. Die Homotopiegruppe ist entweder isomorph zu (falls und gerade ist) oder sonst unendlich zyklisch, kann also in jedem Fall surjektiv auf abgebildet werden. Das Bild der Obstruktionsklasse unter dieser Abbildung ist die Stiefel-Whitney-Klasse

.

Euler-Klasse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für ist , für orientierbare Vektorbündel ist die Kohomologie mit lokalen Koeffizienten isomorph zu und die so definierte Obstruktionsklasse ist die Euler-Klasse

.

Analog kann man die Euler-Klasse für beliebige Sphärenbündel, also für Faserbündel mit Faser definieren: wegen für gibt es einen Schnitt auf dem -Skelett der Basis und die Obstruktion für die Fortsetzung auf das -Skelett ist die Euler-Klasse

.

(Im Falle des Einheitssphärenbündels eines orientierten Vektorbündels stimmt die Euler-Klasse des Sphärenbündels mit der Euler-Klasse des Vektorbündels überein.)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Norman Steenrod: The Topology of Fibre Bundles. (= Princeton Mathematical Series. vol. 14). Princeton University Press, Princeton, N. J. 1951 (Kapitel 25, 35, 38)
  • John W. Milnor, James D. Stasheff: Characteristic classes. In: Annals of Mathematics Studies. No. 76. Princeton University Press, Princeton, N. J.; University of Tokyo Press, Tokyo 1974. (Kapitel 12)
  • George W. Whitehead: Elements of Homotopy Theory. (= Graduate Texts in Mathematics. 61). Springer Verlag, 1978, ISBN 1-4612-6320-4.