Optimale Bestellmenge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die optimale Bestellmenge bezeichnet in der Beschaffungslogistik und Materialwirtschaft jene Bestellmenge, bei der die Summe aus den Bestell- sowie Lagerhaltungskosten für einen vorgegebenen Servicegrad im Planungszeitraum ein Minimum aufweist. Ein bekannter Jahresbedarf kann gedeckt werden durch viele Bestellungen kleiner Mengen; die zu hohen Bestellkosten führen jedoch zu einem geringen durchschnittlichen Lagerbestand und somit niedrigen Lagerkosten und vertretbarem Lagerrisiko. Bei wenigen Bestellungen großer Mengen verhält es sich umgekehrt.

Optimal ist die Bestellmenge nur bei vollständiger Erfüllung der genannten Kriterien. In der Realität sind diese nur äußerst selten erfüllt.

Bestellkosten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bestellkosten enthalten die gesamten Abwicklungskosten einer Bestellung, von der Bestellvorbereitung über den Bestellabschluss bis zur Bestellabwicklung. Oft sind die Bestellkosten pro Einheit abhängig von der Bestellmenge, beispielsweise aufgrund von Rabatten bei Abnahme größerer Mengen.

Lagerhaltungskosten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lagerhaltungskosten umfassen die Kosten für das Personal, die Lagerräume und das gebundene Kapital, inklusive Kosten für Wertminderung durch Schwund, Veralterung etc., sowie die Versicherung von Vorräten und Räumen.

Statische Bestellmengenrechnung (Klassische Bestellmengenformel)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Statische Bestellmengen bedeuten, dass eine „optimale“ Bestellmenge bestimmt wird, welche dann immer in diesem Volumen bestellt wird. Es handelt sich um die frühesten Überlegungen, das Bestellmengengrößenproblem zu lösen.

Kostenverlauf grafisch darstellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

optimale Bestellmenge = Minimum der Gesamtkostenkurve (rot). Zwischen Bestellkosten (blau) und Lagerkosten (grau) besteht ein Trade-off.

weitere Formel aus der Finanzmathematik:

Die nach Kurt Andler benannte, aber von Ford W. Harris (1913) erstveröffentlichte Andlersche Formel

[1]

mit:

optimale Bestellmenge in Stck. für die jeweilige Bestellung
Jahresbedarf in Mengeneinheit (z. B. 5000 Stck.)
Bestellkosten* pro Bestellung (z. B. 50 €)
Lagerhaltungskostensatz** (z. B. 20)
Kaufpreis pro Mengeneinheit (z. B. 20 €/Stck.)

Legende:

  • * Unter Beschaffungskosten versteht man die Summe aus fixen Beschaffungskosten (Bestellkosten) und variablen Beschaffungskosten (Bezugskosten).
  • ** Der Lagerhaltungskostensatz ist grundsätzlich ein Prozentsatz (z. B. 20 %). Im Rahmen der Andlerschen Berechnungsformel verwendet man jedoch ausschließlich ganze Zahlen (z. B. 20).

Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Unternehmen hat für einen Lagerartikel einen jährlichen Bedarf von 5.000 Stück. Folgende weitere Daten sind bekannt:

  • Bestellkosten pro Bestellung = 120,00 EUR
  • Lagerkostensatz = 20 %
  • Kaufpreis pro Stück = 100,00 EUR

Die optimale Bestellmenge, also die Menge, bei der die Gesamtkosten am niedrigsten sind, beträgt rechnerisch 244,95 Stück also 245 Stück (Stücke sind nur im Ganzen erhältlich).[2]

Dynamische Losgrößen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfahren der dynamischen Losgrößenermittlung werden verwendet, wenn der zukünftige Bedarf nicht konstant ist, sondern Schwankungen unterliegt. Das Optimum wird bei diesen Verfahren nicht analytisch, sondern durch eine schrittweise Näherung errechnet, was in der Praxis meistens ausreicht.

Problem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zielkonflikt zwischen Beschaffungskosten und Lagerkosten:

  • werden in geringen Zeitabständen kleine Mengen eingekauft so resultieren steigende Beschaffungskosten (fixe Bestellkosten, keine Rabatte)
  • werden in großen Zeitabständen große Mengen eingekauft so resultieren steigende Lagerkosten (großer Lagerbestand, hohe Kapitalbindung)

Mängel des Modells[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Modell der Optimalen Bestellmenge ist ein theoretischer Ansatz und bildet nicht die Realität ab. Für die Bedürfnisse in der Praxis ist dieses Modell somit zu knapp gehalten. Damit das Modell in der Theorie funktioniert, gelten die folgenden Prämissen:

  • der Bedarf je Periode ist bekannt und bleibt im Zeitablauf gleich groß
  • die Lagerabgangsgeschwindigkeit ist konstant
  • die Auffüllzeit für das Lager ist = 0, somit ist die Auffüllgeschwindigkeit unendlich hoch
  • es sind keine Fehlmengen vorhanden
  • es wird nur ein Lager mit unbegrenzter Kapazität betrachtet
  • der Lagerkostensatz ist der Höhe nach bekannt und bleibt konstant
  • Bestellvorgänge verursachen lediglich bestellfixe Kosten
  • der Einstandspreis der Güter ist konstant
  • Änderungen in Güte und Qualität sind ausgeschlossen

Des Weiteren sind in der Realität innerhalb einer Planungsperiode nur ganzzahlige Lösungen möglich. Vernachlässigt wird unter anderem auch möglicher Schwund und Verfall von Gütern. Mengenrabatte und Teillieferungen sowie Bildung von Sicherheitsbeständen sind im Modell auch nicht berücksichtigt.

Ausschließbare Güter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein weiteres Problem ist, dass einige Güter nicht nach den Methoden der optimalen Bestellmenge beschafft werden können, u. a. Z-Güter, deren Verbrauch sich nicht vorhersagen lässt, wie z. B. Streusalz, oder Güter mit Haltbarkeitsdatum (Milchprodukte etc.).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Horst Hartmann: Materialwirtschaft. Dt. Betriebswirte-Verlag, Gernsbach 2002, ISBN 3-88640-094-8.
  • Oskar Grün: Industrielle Materialwirtschaft. In: Marcell Schweitzer (Hrsg.): Industriebetriebslehre. 2. Auflage. München 1994, ISBN 3-8006-1755-2, S. 447–568.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Winfried Krieger: Gabler Wirtschaftslexikon. Springer Gabler Verlag (Herausgeber), abgerufen am 9. September 2016.
  2. Günter Wöhe, Ulrich Döring: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. 23. Auflage. Verlag Hans Vahlen, München 2008, ISBN 978-3-8006-3524-5, S. 345.