Pädokriminalität

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Pädokriminalität ist ein Sammelbegriff für verschiedene Arten sexueller Gewalt gegen Kinder.[1][2] Der Begriff wurde in den 1980er Jahren geprägt. Seine Verwendung ist umstritten, allerdings wird in diversen Schriftstücken des UNHCHR, der WHO sowie UNICEF[3] das Wort ,Pädokriminalität‘ (frz. pédocriminalité, engl. pedocriminality) zusammenfassend für den Themenkomplex rund um sexuellen Kindesmissbrauch, Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie verwendet.[4] Dabei steht der Aspekt des Handels mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern oder den Produkten daraus teils im Mittelpunkt.[5]

Begriffliche Abgrenzung zur Pädophilie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kinderschützer argumentieren, dass der psychiatrische Begriff ,Pädophilie‘ unpassend sei, da er das Wort ,-philie‘ (etwa: Liebe zu; Zuneigung zu) beinhaltet.[2] Sexualstraftäter, die sich an Kindern vergehen, würden sich oft hinter diesem medizinischen Fachbegriff verstecken, obwohl in vielen Fällen die medizinische Indikation nicht gegeben sei. In den Augen der Befürworter des Begriffes ist ‚Pädokriminalität‘ der einzig geeignete Begriff, da er anders als die anderen Begriffe den Sachverhalt insgesamt eindeutig bezeichne und nicht nur juristische oder medizinische Teilaspekte des Problems des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Sophinette Becker, die als Sexualwissenschaftlerin Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung war, lehnte den Begriff ab: Ansonsten müsse man auch „Vergewaltigung Heterokriminalität nennen“.[6] Becker machte auf die „Fallen der Generationendifferenz“ und der „Infantilisierung des erotischen Ideals“ aufmerksam und hielt das „Verschwinden der Generationendifferenz“ für fatal, weil es, wenn sie wegfalle, keinen Grund mehr dafür gebe, „dass es keine intergenerationellen sexuellen Beziehungen geben sollte“.[6]

Strukturelle Pädokriminalität in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer im Februar 2021 veröffentlichten Vorstudie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, in der die Vernetzungen, Organisationsformen und Strukturen Pädokrimineller in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1970er-Jahren dargestellt werden, wird deutlich, dass sich pädophile Gruppen seit den späten 1970er Jahren in verschiedenen deutschen Städten sammelten, sich um Austausch bemühten und verstärkt in der alternativen und linken Öffentlichkeit um Unterstützung warben. Sie vernetzten sich auch international, z. B. über die Pädosexuellenorganisation „International Pedophile and Child Emancipation“ (IPCE).[7] Sie versuchten auch, politischen Einfluss zu nehmen, so in der grünen Partei und nach eigenen Angaben auch in der FDP.[8] Sie nutzten ihre Netzwerke auch für die kommerzielle Ausbeutung von Kindern und vorpubertären Jugendlichen.[9] In der alternativen und linksautonomen Szene konnten Pädosexuelle wie etwa die Nürnberger Indianerkommune oder die Westberliner Kanalratten aus zwei Gründen mit Verständnis rechnen: Sie galten als „Minderheit in der Minderheit“ und versprachen die Befreiung von Kindern aus gesellschaftlichen Zwängen.[10][11] Initiativen gegen sexuellen Missbrauch wie Wildwasser wurden jedoch ebenfalls aus der linksalternativen Szene heraus gegründet und gehörten zu den entschiedensten Bekämpfern der Pädosexualität und -kriminalität.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adolf Gallwitz, Manfred Paulus: Pädokriminalität weltweit. Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 2009, ISBN 978-3-8011-0598-3 (Besprechung, PDF-Datei; 2,79 MB).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andrea Buskotte: Sexuelle Ausbeutung von Kindern. In: Bernd-Dieter Meier (Hrsg.): Kinder im Unrecht, Junge Menschen als Täter und Opfer (= Kriminalwissenschaftliche Schriften, Band 27). LIT Verlag, Münster 2010, ISBN 3-643-10505-3, S. 63.
  2. a b Adolf Gallwitz, Manfred Paulus: Pädokriminalität weltweit: sexueller Kindesmissbrauch, Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie. VDP, Verl. Dt. Polizeiliteratur, 2009, ISBN 3-8011-0598-9.
  3. Cathrin Schauer: Kinder auf dem Strich: Bericht von der deutsch-tschechischen Grenze. Hrsg. von Deutsches Komitee für UNICEF, ECPAT Deutschland.
  4. Amt für soziale Sicherheit ASO, Kanton Solothurn: Grundlagenbericht Dezember 2005/April 2006@1@2Vorlage:Toter Link/www.so.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 220 kB). S. 12
  5. Anita Heiliger: Perspektiven der Beendigung von Männergewalt gegen Frauen. In: Antje Hilbig, Claudia Kajatin, Ingrid Miethe: Frauen und Gewalt: interdisziplinäre Untersuchungen zu geschlechtsgebundener Gewalt in Theorie und Praxis. 2003, ISBN 3-8260-2362-5, S. 276.
  6. a b Sophinette Becker, Julia König: »Sexualität, die stört« Ein Gespräch. In: Freie Assoziation. Zeitschrift für psychoanalytische Sozialpsychologie. Band 19, Nr. 1, 2016, ISSN 1434-7849, S. 113–127 (psychoanalytischesozialpsychologie.de [PDF; 315 kB; abgerufen am 18. April 2022]).
  7. Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin. S. 60–68, abgerufen am 7. März 2023.
  8. Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin. S. 56–60, abgerufen am 7. März 2023.
  9. Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin. S. 76–84, abgerufen am 7. März 2023.
  10. Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin. S. 104–111, abgerufen am 7. März 2023.
  11. Nina Apin: Pädosexuelle Netzwerke in Berlin: Man hat noch nicht mal weggesehen. In: Die Tageszeitung: taz. 27. Februar 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 7. März 2023]).
  12. Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin. S. 61–64, abgerufen am 7. März 2023.