Phönizianismus

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Der Phönizianismus oder Phönizismus (französisch Phénicianisme) ist ein Begriff und ein Konzept, welches die eigenständige Identität der Libanesen und des Libanons betont und die Unabhängigkeit von Syrien und den Arabern unterstreicht.

Die Anhänger des Phönizianismus vertreten die Ansicht, dass die Libanesen keine Araber seien, da sie eine unterschiedliche Sprache und Kultur besäßen. Sie sehen die Libanesen als Nachkommen der ebenfalls semitischen Phönizier an und bezeichnen die dialektalen Varietäten des Libanesisch-Arabischen als libanesische Sprache.

Geschichte des Begriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff „Phönizianismus“ geht auf die Intellektuellen und Politiker Michel Chiha und Youssef Al Sauda zurück. Das Aufkommen des Begriffs muss im Kontext der libanesischen Staatsgründung und der Spaltung des französischen Protektoratsgebietes in einen Syrischen und einen Libanesischen Staat in den 1920er-Jahren betrachtet werden. Der Phönizianismus diente dazu, dem neuen Staat und seinen Bewohnern eine eigene Identität zu verschaffen. Das Gegenkonzept wird mit dem Begriff Großsyrien bezeichnet, in dem mehrere Staaten des Nahen Ostens einen gemeinsamen Staat bilden sollen. Dieser Begriff wurde von Henri Lammens Ende des 19. Jahrhunderts geschaffen und von Antun Saada in den 1930er-Jahren politisiert.

Kritik am Phönizianismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kritiker des Phönizianismus verweisen auf ein vom kulturellen und linguistischen Standpunkt arabisches Erbe der Libanesen. Da die phönizische Sprache vor langer Zeit ausstarb (im östlichen Mittelmeerraum wohl schon im 1. Jahrhundert v. Chr.[1]), ist ihre Auswirkung auf den modernen libanesischen Dialekt des Arabischen unwesentlich. Dagegen sind heute Einflüsse der aramäischen Sprache im libanesischen Dialekt sehr deutlich. Genetische Untersuchungen anhand der DNA rund ums Mittelmeer haben ergeben, dass jeder 17. Anwohner direkt von den Phöniziern abstammt. Insgesamt 27 % der libanesischen Bevölkerung weist diese Genverwandtschaft vor.[2]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Asher Kaufman: Reviving Phoenicia. In search of identity in Lebanon. Tauris, London 2004, ISBN 1-86064-982-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Stanislav Segert: The Semitic Languages. Hrsg.: Robert Hetzron (= Routledge Language Family Descriptions). Routledge, London / New York, ISBN 0-415-05767-1, 10 Phoenician and the Eastern Canaanite Languages, S. 174 (englisch, google.de [abgerufen am 17. August 2021]): “In the Eastern Mediterranean, Phoenician was used until the first century BCE. In North Africa it survived until the fifth century CE.”
  2. Pierre Zalloua (Universität Beirut) Unter: epoc.de Nachrichten: Phönizier. Die Liebe der Matrosen. vom 30. Oktober 2008 und nach EPOC. Nr. 4, 2009, S. 27.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]