Römerlager apud aram Ubiorum

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Apud Aram Ubiorum
Alternativname unbekannt
Limes Niedergermanischer Limes
Datierung (Belegung) tiberisch
Typ Doppellegionslager
Einheit a) Legio I Germanica
b) Legio XX Valeria Victrix
Größe unbekannt
Erhaltungszustand archäologisch nicht lokalisiert
Ort Köln
Geographische Lage 50° 56′ 32″ N, 6° 57′ 28″ OKoordinaten: 50° 56′ 32″ N, 6° 57′ 28″ O
Höhe 40 m ü. NHN
Vorhergehend Buruncum
(nordnordöstlich, zeitlich nachfolgend)
Durnomagus
(nordnordöstlich, zeitlich nachfolgend)
Novaesium
(nordnordöstlich)
Anschließend Flottenkastell Alteburg
(südlich)

Der römische Historiker Tacitus überlieferte apud Aram Ubiorum (zu Deutsch: „beim Altar der Ubier“) für das Jahr 14 n. Chr. ein Winterlager für zwei römische Legionen, die Legio I Germanica und die Legio XX Valeria Victrix.[1] Archäologisch konnte dieses Doppellegionslager bislang nicht nachgewiesen werden, sein Vorhandensein ist jedoch unumstritten. Nach der Angabe bei Tacitus muss es im oder nahe beim oppidum Ubiorum, dem heutigen Köln, gelegen haben, genauer an dem Heiligtum Ara Ubiorum.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Legionen I und XX hatten im Jahr 14 n. Chr. zusammen mit der Legio V Alaudae und der Legio XXI Rapax im Gebiet der Ubier im Sommerlager gelegen, als im August die Nachricht vom Tod des Kaisers Augustus eintraf. In den Wirren nach dem Tod des Princeps verweigerten die Soldaten den Gehorsam. Sie forderten höhere Soldzahlungen, eine humanere Behandlung durch die Offiziere, eine Verkürzung der Dienstdauer und die Entlassung der Veteranen. Germanicus, der zu dieser Zeit den Oberbefehl über die germanischen Legionen innehatte, konnte die militärische Disziplin nur durch Zahlungen aus seinem Privatvermögen und das Versprechen, die Forderungen in Rom durchzusetzen, wiederherstellen.[2] Ende August 14 führte der Legat Aulus Caecina Severus die I. und die XX. Legion ins Winterlager beim heutigen Köln,[3] wo sich auch das Oberkommando der römischen Rheinarmee befand. Germanicus selbst bezog Quartier im oppidum Ubiorum.[4] Im September des Jahres traf eine senatorische Gesandtschaft unter der Führung von Lucius Munatius Plancus aus Rom ein. Nach Tacitus trafen sie sich mit Germanicus apud Aram Ubiorum, also beim Altar der Ubier, der sich innerhalb der Siedlung befand. Eine gewaltbereite Gruppe der vorläufig freigestellten Veteranen fürchtete, Munatius Plancus würde einen Senatsbeschluss überbringen, der die während der Meuterei erstrittenen vorzeitigen Entlassungen zurücknehmen werde. Sie drangen in die Siedlung ein und bedrohten Germanicus und die Gesandtschaft. Munatius Plancus flüchtete sich ins Fahnenheiligtum der I. Legion, wo er am nächsten Morgen von Germanicus befreit wurde. Im Anschluss motivierte Germanicus die Soldaten, die Rädelsführer der Meuterei zu töten und sich loyal zu Tiberius zu stellen.

Lage und Belegungsdauer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage des Alenkastells im Verlauf des Niedergermanischen Limes.

Aus der Schilderung bei Tacitus geht hervor, dass die Ubiersiedlung, aus der die Stadt Köln hervorgegangen ist, und das Militärlager räumlich getrennt waren, aber nahe beieinander gelegen haben müssen. Nähere topographische Angaben finden sich nicht. Es mehren sich die archäologischen Indizien dafür, dass es feldseitig des Nordtores der Siedlung um den heutigen Kölner Hauptbahnhof lag. Hier wurden prägefrische Münzen mit dem Gegenstempel des Germanicus und militärtypische Keramik gefunden.[5] Auch ist die hochwasserfreie Fläche hier groß genug, um einem Doppellegionslager Platz zu bieten. Die Gräber von Soldaten der beiden Legionen lagen südlich der Siedlung. Zwei frühkaiserzeitlich datierende Grabsteine wurden bereits 1632 am heutigen Chlodwigplatz gefunden. Hierbei handelt es sich um das Grabmal des Veterinärs der XX. Legion Gaius Deccius[6] und Gaius Vetienius,[7] eines tubicen der I. Legion. Die Grabsteine von Veteranen der I. und der XX. Legion sind außerhalb der Stadtmauer im Bereich der Aachener Straße 19–21 bekannt.[8]

Zur Frage der Belegungsdauer gibt es ebenfalls nur wenige Daten. Möglicherweise ging dem Kölner Lager ein augusteischer Vorläufer voraus. Die I. Germanica wurde um 35 n. Chr. in Bonna (Bonn) stationiert.[9] Die XX. Legion wurde in spättiberischer Zeit nach Novaesium (Neuss) verlegt. Vermutlich wurde das Kölner Legionslager zu dieser Zeit aufgelassen.[10]

Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Forschung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wurde nur selten zwischen dem angenommenen Lager des Marcus Vipsanius Agrippa und dem bei Tacitus erwähnten Lager differenziert. Auch herrschte die Meinung vor, dass die spätere CCAA aus dem Lager, und nicht aus der Ubiersiedlung hervorgegangen sei und somit denselben Raum einnahm.[11] Nach Abzug der I. und XX. Legion sollte das Lager den Ubiern als Siedlungsraum übergeben worden sein.[12] Der preußische Generalmajor Karl von Veith legte 1885 einen Stadtplan Kölns vor, in den er den Grundriss des Lagers projizierte.[13]

Bis in die jüngste Zeit gibt es Bemühungen, das Winterlager mit dem Flottenkastell Alteburg gleichzusetzen.[14] Das deutlichste Argument gegen diese These ist, dass die nutzbare hochwasserfreie Fläche mit nur etwa 16 ha zu klein für den Raumbedarf von zwei Legionen ist.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antike Quellen
  • P. Cornelius Tacitus. Annalen. Lateinisch-Deutsch (= Sammlung Tusculum). Herausgegeben von Erich Heller. Mit einer Einführung von Manfred Fuhrmann. 3. Auflage. Artemis & Winkler, Düsseldorf/Zürich 1997, ISBN 3-7608-1645-2.
Sekundärliteratur
  • Wolfgang Binsfeld: Die Namen Kölns zur Römerzeit. In: Heinz Ladendorf, Horst Vey (Hrsg.): Mouseion. Studien aus Kunst und Geschichte für Otto H. Förster. DuMont Schauberg, Köln 1960, S. 72–80.
  • Werner Eck: Köln in römischer Zeit. Geschichte einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum (= Geschichte der Stadt Köln. Bd. 1). Mit einer Einführung in das Gesamtwerk von Hugo Stehkämper. Greven, Köln 2004. ISBN 3-7743-0357-6.
  • Leonard Ennen: Geschichte der Stadt Köln. Band 1. Schwann, Köln u. a. 1863.
  • Philipp Filtzinger: Zur Lokalisierung der Zweilegionenfestung apud aram Ubiorum. In: Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte. 6, 1962/1963, ISSN 0075-6512, S. 23–56.
  • Philipp Filtzinger: Der westliche Umfassungsgraben und das rückwärtige Lagertor (porta decumana) des Zweilegionenlagers der 1. und 20. Legion apud Aram Ubiorum in der Richmodstraße in Köln. In: Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte. 17, 1980, S. 59–75.
  • Hansgerd Hellenkemper: Oppidum und Legionslager in Köln. Überlegungen zur frührömischen Topographie. In: Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte. 13, 1972/1973, S. 59–64.
  • Peter La Baume: Oppidum Ubiorum und Zweilegionslager in Köln. In: Gymnasium. 80, 1973, ISSN 0017-5943, S. 333–347.
  • Peter La Baume: Zur Lage von Oppidum Ubiorum und Zweilegionslager. In: Römisch-Germanisches Zentralmuseum (Hrsg.): Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 37: Köln. Teilband 1: Einführende Aufsätze. von Zabern, Mainz 1980, ISBN 3-8053-0306-8, S. 53–61.
  • Joseph Klinkenberg: Das römische Köln (= Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Abteilung 6: Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln. Bd. 1, 2). Schwann, Düsseldorf 1906, S. 143 ff.
  • Bernd Päffgen, Werner Zanier: Überlegungen zur Lokalisierung von Oppidum Ubiorum und Legionslager im frühkaiserzeitlichen Köln. In: Wolfgang Czysz u. a.: Provinzialrömische Forschungen. Festschrift für Günter Ulbert zum 65. Geburtstag. Leidorf, Espelkamp 1995, ISBN 3-89646-000-5, S. 111–129.
  • Bernd Päffgen, Werner Zanier: Zur Deutung der Alteburg als spätaugusteisch-frühtiberisches Militärlager. In: Kölner Jahrbuch. 31, 1998, ISSN 0947-1553, S. 299–315.
  • Harald von Petrikovits: Das römische Rheinland. Archäologische Forschungen seit 1945 (= Bonner Jahrbücher. Beihefte 8, ISSN 0067-4893 = Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Geisteswissenschaften 86). Westdeutscher Verlag, Köln u. a. 1960, S. 74 ff., 84 f.
  • Carl von Veith: Das römische Köln. Nebst einem Plane der römischen Stadt mit Einzeichnung der bemerkenswerthesten Funde. Marcus, Bonn 1885.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tacitus, Annalen 1, 39, 1.
  2. Eck 2004, S. 115.
  3. Tacitus, Annalen 1, 37, 2.
  4. Hierzu Rudolf Haensch: Capita provinciarum. Statthaltersitze und Provincialverwaltung in der römischen Kaiserzeit. Mainz 1997, S. 67; Eck 2004, Kap. 4 Anm. 72.
  5. Eck 2004, S. 119.
  6. CIL 13, 08287
  7. CIL 13, 08275
  8. La Baume 1980, S. 56 f.
  9. Jerome H. Farnum: The Positioning of the Roman Imperial Legions. BAR International Series 1458, Oxford 2005. S. 44.
  10. Gustav Müller: Neuss-Militärlager. In: Heinz Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Theiss, Stuttgart, 1987, ISBN 3-8062-0312-1, S. 583.
  11. Ennen 1863, S. 10 f.
  12. Veith 1885, S. 28.
  13. Veith 1885, Anhang.
  14. Päffgen, Zanier 1998.
  15. Eck 2004, S. 117.