Rathaus (Altstadt Eisleben)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Frontansicht
Haupteingang
Der Knoblauchkönig

Das Rathaus der Altstadt auf dem Marktplatz der Lutherstadt Eisleben ist ein unter Schutz stehendes Baudenkmal in Sachsen-Anhalt. Daneben gibt es das Rathaus der Neustadt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals wird das Rathaus der Altstadt in der Mansfeldischen Chronik des Cyriacus Spangenberg für 1408[1] erwähnt. Es wurde wohl bereits um 1300 aus Stein errichtet. Nach dem Stadtbrand von 1498, der auch das Rathaus vernichtete, wurde 1508 ein neues Rathaus gegründet[2] und 1509–1530 im spätgotischen Stil mit Elementen der Frührenaissance erbaut. Ein Kielbogeninnenportal im 1. Obergeschoss trägt die Inschrift 1516; die wohl vom Vorgängerbau stammende Spolie des Königskopfes „Knoblauchskönig“ ist dem Ende des 13. Jahrhunderts zuzuordnen.[3] 1531 wurde das Dach mit Kupferplatten gedeckt.[4] 1532 wurde die Außentreppe an der Nordseite fertiggestellt, die allerdings nach dem Stadtbrand 1601 beschädigt wurde und wie die Nordgiebel erneuert werden musste. Bereits 1582 ist auf dem Stich von Hogenberg das kleine Rathaustürmchen auf dem Dach zu sehen; 1650 führte Georg Oschätzer offenbar eine größere Sanierung durch.[5]

Das Rathaus verfügt über eine beachtliche ikonografische Ausschmückung aus der Bauzeit wie eine Bauinschrift (Anno d(o)mi(ni) 1519 ist dieser gebaw und haws angefangen worden unde ist wol vorbracht nach cristi gebvrth 1530), das Stadtwappen, das Gesamtwappen der Grafen von Mansfeld, eine beschädigte Mauritiusfigur am Ausgang unter der Freitreppe an der Nordseite und eine Narrenmaske (Symbol des Narren für die mittelalterlichen Redefreiheit des Rates oder – eher unwahrscheinlich, da die Attribute Eule und Spiegel fehlen – Erinnerung an Till Eulenspiegel) am südwestlichen Ecktürmchen[6] sowie eine Darstellung des sogenannten Knoblauchskönigs Hermann von Salm. Zu letzterer gibt es eine sagenhafte Überlieferung der Brüder Grimm.[7] Entgegen der Interpretation von Größler[8] stellt diese nach neuen Erkenntnissen von Feicke[9] aber wohl eher ein Rechtssymbol dar. Bis 1873 zierte auch noch eine Justitia den Ostgiebel.

1454 hatte der Rat der Altstadt Eisleben die niedere Gerichtsbarkeit als Pfand von den Grafen von Mansfeld erworben; auch die Ausübung der Blutgerichtsbarkeit erfolgte durch den Rat (Stadtrichter), jedoch ist der Zeitpunkt des Überganges des eigentlich den Grafen vorbehaltenen Rechtes unbekannt (Francke). Die Gerichtslinde war 1498 mit abgebrannt, jedoch hielt sich noch lange der Name Über der Linde für den späteren Topfmarkt.[10] Der Gerichtsbezirk des Rates war durch 24 Steine gekennzeichnet, die regelmäßig abgegangen wurden.[11] Dieses Recht des Rates war auch in den kaiserlichen Belehnungsurkunden für Kursachsen, das seit 1573 nach den Permutationsrezessen. von Eisleben aus seinen Sequestrationsbezirk verwaltete, enthalten (so 1613).[12] Der an der Nordseite des Rathauses befindliche Pranger, der seine Rechtsfunktion spätestens mit dem Übergang Eislebens als Kanton des Saaledepartements 1808 von Sachsen in das Königreich Westphalen und der Einführung des Code Napoléon eingebüßt hatte, wurde kurz nach 1852 entfernt.[13]

In der Folgezeit erfuhr das Rathaus zahlreiche Umbauten und Renovierungen, so 1669–1673, 1683, 1689, 1722, 1862/1864, der große Umbau 1873–1874, wo der Dreiecksgiebel des Vorbaus abgerissen und begradigt wurde, 1899, 1910/12, 1934, 1967/68 und 1983.[14] Beim Bau eines Blitzableiters 1905 wurden im Turmknopf zahlreiche wertvolle Dokumente zur Stadtgeschichte, darunter das Werderbuch von 1420 entdeckt.[15] Letztmals wurde das Rathaus 1992/95 restauriert.

Vor dem Rathaus wurde 1883 ein Denkmal Martin Luthers von Rudolf Siemering aufgestellt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eusebius Christian Francke: Versuch einer historischen Beschreibung der Hauptstadt der Graffschaft Mannsfeld und Weltberühmten Geburthsstadt Lutheri Eißleben. 1726. (Transcription der Handschrift Eisleben 2002)
  • Hermann Größler, Adolf Brinkmann: Das Rathaus der Altstadt. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Seekreises. Halle 1895 (Nachdruck als: Kunstdenkmalinventare des Landes Sachsen-Anhalt. Band 16, Halle 2000, ISBN 3-910147-87-9, S. 188–194).
  • Bernd Feicke: Die Plastik „Knoblauchskönig“ in Eisleben – Sagengestalt, Herrscherporträt oder Rechtsdenkmal? In: Dieter Pötschke (Hrsg.): Stadtrecht, Roland und Pranger. (= Harz-Forschungen. Band 14). Wernigerode/ Berlin 2002, ISBN 3-931836-77-0, S. 267–282.
  • Bernd Feicke: Stadtgeschichte und der Schmuck historischer Rathäuser am Harz als Symbol stadtherrlicher Macht und städtischer Rechte – unter besonderer Beachtung des Rathauses der Altstadt Eisleben. In: Dieter Pötschke (Hrsg.): „vryheit do ik ju openbar ...“ Rolande und Stadtgeschichte. (= Harz-Forschungen. Band 23). Berlin/ Wernigerode 2007, ISBN 978-3-86732-019-1, S. 227–277.
  • Thomas Wäsche: Die Gestalt der Stadt Eisleben. Rekonstruktion des baulichen Zustandes vom Beginn des 15. Jahrhunderts bis zum großen Stadtbrand von 1601. Eisleben 2007, S. 16–29, 105–111, 112–116.
  • Bernd Feicke: Die Grafen von Mansfeld als Stadtherren von Eisleben. Die Verpfändung der Niedergerichte 1454 an den Rat der Stadt. In: Harz-Zeitschrift. 61 (2009), S. 141–154.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rathaus Eisleben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. R. Leers (Hrsg.): Cyriakus Spangenberg. Mansfeldische Chronika. III/3, Beigabe Mansfelder Blätter. 26 (1912), S. 137.
  2. Eusebius Christian Francke: Versuch einer historischen Beschreibung der Hauptstadt der Graffschaft Mannsfeld. 1726, Kap. XVIII § 7.
  3. DEHIO Sachsen-Anhalt. II (1999), S. 464.
  4. Hermann Grössler, Friedrich Sommer (Hrsg.): Chronicon Islebiense. Eisleben 1882, S. 10.
  5. Franz Häring: Das Altstädter Rathaus. In: Mitteldeutsche Zeitung. Eisleben-Ausg., 30. Mai 1992, S. 11.
  6. B. Feicke: Stadtgeschichte und der Schmuck historischer Rathäuser am Harz als Symbol stadtherrlicher Macht. 2007, S. 260f. Abb. 10, S. 267 Abb. 16; B. Feicke: Till Eulenspiegel und Eisleben. In: Zeitschrift für Heimatforschung. 2 (1993), S. 5–10.
  7. s. Hermann Größler: Sagen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung, Eisleben 1880, S. 2.
  8. Hermann Größler: Hermann von Luxemburg, der Knoblauchskönig. In: Mansfelder Blätter. 5 (1891), S. 123–152.
  9. Bernd Feicke: Die Plastik „Knoblauchskönig“ in Eisleben – Sagengestalt, Herrscherporträt oder Rechtsdenkmal? 2002; Bernd Feicke: Stadtgeschichte und der Schmuck historischer Rathäuser am Harz. 2007.
  10. R. Leers (Hrsg.): Cyriakus Spangenberg. Mansfeldische Chronica. IV/1, Mansfelder Blätter. 31/32 (1918), S. 244.
  11. Fritz Ebruy: Die Eisleber Stadtflur und der Galgen. In: Heimatgeschichtliches Archiv. Nr. 48, Eisleben 1998; Eusebius Christian Francke: Versuch einer historischen Beschreibung der Hauptstadt der Graffschaft Mannsfeld. 1726, Kap. I § 11, Kap. XXIX.
  12. Hermann Grössler, Friedrich Sommer (Hrsg.): Chronicon Islebiense. 1882, S. 88–93 (1611); W. Mück: Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung. Eisleben 1910, Band 2, Urk. 133
  13. vgl. Abb. 3 bei B. Feicke: Stadtgeschichte und der Schmuck historischer Rathäuser am Harz als Symbol stadtherrlicher Macht. 2007, S. 232.
  14. F. Häring: Das Altstädter Rathaus. 1992.
  15. C. Rühlemann: Bemerkenswerte Funde aus einem Dachknaufe und dem Turmknopf des Rathauses zu Eisleben. Mansfelder Blätter. 24 (1910), S. 227–239.

Koordinaten: 51° 31′ 41,7″ N, 11° 32′ 44,4″ O