Religion des Positivismus

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Auguste Comte

Die Religion des Positivismus (frz. Religion de l’Humanité, port. Religião da Humanidade, engl. Religion of Humanity) war eine von Auguste Comte (1798–1857), dem Begründer der positivistischen Philosophie Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffene säkulare Religion, die über alle bekannten atheistischen Grundpositionen hinausgehen sollte. Anhänger dieser Religion erbauten Tempel der Menschheit in Frankreich, Großbritannien, Brasilien und Rumänien.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Comte schuf die positivistische Weltreligion, um den Zusammenhalt (Kohäsion) positivistischer Gesellschaften zu stärken, um eine Alternative zu den Riten, Ritualen und Liturgien traditioneller Glaubensgemeinschaften zu bieten und um seinen Welt- und Wertvorstellungen eine spirituelle Grundlage zu geben.

Im Jahre 1849 entwickelte er den Positivisten-Kalender und trat für eine Kalenderreform ein. Sein Kalender wird von den Comte-Anhängern noch heute verwendet.[3]

Church of Humanity[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paris

Frankreich

Die Positivistische Kirche ist eine atheistische, positivistische Kirche, die auf dem Gedankengebäude der „Religion der Menschlichkeit“ fußt.

Die Gemeinde in Comtes Heimatland Frankreich blieb klein, sie wurde jedoch inspiriert vom Aufstieg der Church of Humanity in England.

Großbritannien und Irland

Richard Congreve, Mitglied der London Positivist Society, war Mitbegründer der englischen Kirche im Jahre 1878.[4]

Obwohl an Mitgliedern verhältnismäßig klein, hatte die Kirche mehrere angesehene Mitglieder und Ehemalige. Anna Haycraft wurde mit den Gedanken der Church of Humanity groß, konvertierte jedoch später zum Katholizismus.

USA

Im Jahre 1854 wurde die New Yorker Gemeinde vom englischen Einwanderer Henry Edger gegründet, der sich einem „positiven Glauben“ widmen wollte.

Ab 1869 war David Goodman Croly ein leitendes Mitglied der Gemeinde. Croly glaubte stark an das religiöse Element des Comtismus, aber seine Missionsversuche scheiterten überwiegend. David Crolys Sohn Herbert Croly (1869–1930) wurde im Sinne der Church of Humanity erzogen und in New York getauft.

In den 1870er Jahren führte die positivistische Bewegung in den USA zu einer Abspaltung von der englischen Mutterkirche. Die US-amerikanische Kirche war weiterhin wie ihr englisches Vorbild atheistisch orientiert, führte jedoch Predigten, Lesungen aus dem Buch Jesaja und Sakramente in die Liturgie ein. Die amerikanische Gemeinde war nicht so bedeutend wie die Kirche in England, hatte aber mehrere gebildete Mitglieder.[5][6]

Brasilien

Am 11. Mai 1881 gründeten Miguel Lemos und Raimundo Teixeira Mendes die Igreja Positivista do Brasil in Rio de Janeiro.

Porto Alegre

Tempel der Menschheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutende Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anna Haycraft (1932–2005) war eine englische Schriftstellerin und wurde mit den Gedanken der Church of Humanity groß, konvertierte jedoch später zum Katholizismus.
  • Richard Congreve (1818–1899) war Mitbegründer der englischen Kirche im Jahre 1878
  • Henry Edger war Gründer der New Yorker Gemeinde (1854)
  • David Goodman Croly (1829–1889) war ein leitendes Mitglied der New Yorker Gemeinde ab 1869
  • Herbert Croly (1869–1930) war Sohn von David Croly und wurde im Sinne der Church of Humanity erzogen und in New York getauft.

Bewertungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John Kells Ingram, ein Anhänger Comtes, widmete in seinem Gedichtband Sonnets and Other Poems das zweite Kapitel der Religion of Humanity.[7]
  • John Stuart Mill drang auf eine Unterscheidung zwischen dem frühen und dem späten Comte, bei der Mill, seinerseits Autor auf dem Gebiet der Logik, den frühen Comte, den Comte des The Course in Positive Philosophy ob seiner erkenntnistheoretischen Klärungen befürworten konnte. Der späte Comte wurde dagegen neu analysiert als Franzose, der einen typischen Hang zum Systematisieren (statt zum liberalen englischen Pragmatismus) hegte, und der zudem in eine Art moralisches Zwangsregime – aus persönlichen autobiographisch zu verstehenden Gründen verfiel. Die von Comte vorgeschlagene Gebetspraxis verwarf er als irrational: „…as near an approach to actual hallucination, as is consistent with sanity.“[8] Comte's Moralismus gewann in dieser Analyse pathologische Züge: „M. Comte is a morality-intoxicated man“[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Raquel Capurro: Le positivisme est un culte des morts: Auguste Comte. Epel, 1998
  • Walter Dussauze: Essai sur la religion d'après Auguste Comte. L’Harmattan, 2007
  • Henri de Lubac: Le Drame de l'Humanisme athée.
  • John Edwin McGee: A Crusade for Humanity: The History of Organized Positivism in England.
  • Allen C. Guelzo: For the Union of Evangelical Christendom: The Irony of the Reformed. (Kapitel 2)
  • Denis G. Paz: Nineteenth-century English Religious Traditions: Retrospect and Prospect.
  • André Thérive: Clotilde de Vaux ou La déesse morte. Albin Michel, 1957.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Où peut-on visiter un temple positiviste? Abgerufen am 3. Februar 2011.
  2. France at positivists.org. Abgerufen am 17. Juni 2015.
  3. Homepage der Church of Humanity (Brasilien) (Memento vom 5. November 2005 im Internet Archive)
  4. Denis G. Paz: Nineteenth-century English Religious Traditions: Retrospect and Prospect
  5. Allen C. Guelzo: For the Union of Evangelical Christendom - (Kapitel 2: "The Church of Humanity)
  6. The Church of Humanity: New York's Worshipping Positivists American Society of Church History
  7. John Kells Ingram, Sonnets and Other Poems (1900) (Memento vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)
  8. John Stuart Mill on Auguste Comte’s Religion of Humanity (1865), 2/2 John Stuart Mill on Auguste Comte’s Religion of Humanity (2/2) (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive), auf positivists.org
  9. John Stuart Mill on Auguste Comte’s Religion of Humanity (1865), 1/2 Auguste Comte’s Religion of Humanity | by John Stuart Mill, auf positivists.org