Rhön-Rossitten-Gesellschaft

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Das Ursinus Haus der Rhön-Rossitten-Gesellschaft auf der Wasserkuppe Ende der 1920er Jahre
Das Ursinus Haus auf der Wasserkuppe im Mai 2017

Die Rhön-Rossitten-Gesellschaft e. V. (RRG) war ein deutscher Flugverein. Er wurde am 31. August 1924 auf Betreiben von „Rhönvater“ Oskar Ursinus und dem Mitbegründer Karl Kotzenberg[1] zur Förderung des Segelflugsportes gegründet mit dem Ziel, Flugsport und flugwissenschaftliche Forschung und Entwicklung zusammenzubringen. Die RRG veranstaltete von 1925 bis 1931 die Rhönwettbewerbe.[2]

Der Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name Rhön-Rossitten-Gesellschaft weist auf die beiden damaligen Hauptzentren des Segelflugs hin: die Rhön (Wasserkuppe) mit den seit 1920 jährlich ausgetragenen Segelflugwettbewerben und der ersten Segelflugschule der Welt (Artur Martens Segelflugschule) und Rossitten (Ostpreußen), wo Ferdinand Schulz 1924 einen Dauerflugrekord über den Dünen der Kurischen Nehrung aufgestellt hatte und wo ebenfalls eine Segelflugschule bestand.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fritz Stamer leitete die Flugschule der RRG von 1925 bis 1933, Alexander Lippisch war Leiter des Konstruktionsbüros. Beide zusammen entwickelten das Schulflugzeug RRG-Zögling[3], das nicht nur von deutschen Flugsportgruppen[4], sondern weltweit in Lizenz nachgebaut wurde, so zum Beispiel auch vom Segelflugverein «Albatros». Der Zögling kostete einschließlich Motor unter 1.000 RM (entspricht heute etwa 4.700 EUR[5]) und wurde daher seinerzeit auch als Volksflugzeug bezeichnet.[6]

Am 11. Juni 1928 meisterte Stamer den ersten Flug eines raketengetriebenen Segelflugzeugs, der RRG-Ente von Lippisch.[7]

„Das Forschungsinstitut der Rhön-Rositten-Gesellschaft auf der Wasserkuppe hat in den letzten Jahren viel fruchtbare Arbeit geleistet. Sie gilt in erster Linie dem Segelflugzeugbau, im erweiterten Sinne aber dem gesamten Luftverkehr. Diese Gesellschaft hat in lebhafter Zusammenarbeit zwischen dem praktischen Sport und wissenschaftlicher Erkenntnis eine Standardisierung des Segelflugzeugbaues durchgeführt, die ihre ersten großen Erfolge in diesem Jahre gehabt hat. Ohne diese Flugzeugtypen, an denen das Bestechendste für den Laien die saubere, tadelsfreie Werkstättenarbeit ist, wären Leistungen, wie diejenigen Kronfelds, unmöglich gewesen. Was der Fluglehrer Stamer des Forschungsinstituts bei seinen praktischen Versuchen an neuen Erkenntnissen gewinnt, das wird von dem Chefkonstrukteur des Instituts, Lippisch, bei der Neukonstruktion verwertet und umgekehrt.“

Artikel in der Linzer Tages-Post vom 26. August 1928[8]

Die Forschungsabteilung der RRG war 1925 in Darmstadt unter Walter Georgii entstanden, der über das Gebiet der Meteorologie hinaus weitere wertvolle Grundlagenforschung für die Luftfahrttechnik betrieb.

1933 wurde im Rahmen der Gleichschaltung der Luftsportbetrieb der RRG in den Deutschen Luftsportverband (DLV) integriert. Aus diesem wurde dann 1937 das Nationalsozialistische Fliegerkorps (NSFK). Das Forschungsinstitut der RRG wurde 1933 in Deutsches Institut für Segelflug und 1937 in Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) umbenannt und unter Georgii zu einer der großen deutschen Luftfahrtforschungsanstalten weiterentwickelt.

Das Segelflieger-Abzeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Segelflieger-Abzeichen C mit silbernem Kranz

Im Jahre 1931 vergab die Gesellschaft das Segelflieger-Abzeichen C mit silbernem Kranz das erste Mal an die Segelflugpioniere Robert Kronfeld und Wolf Hirth. Der internationale Preis für Segelflieger wurde an denjenigen verliehen, der folgende Bedingungen mit dem Segelflugzeug erfüllte:

  • Streckenflug vom 50 Kilometern in gerader Linie
  • Einen Dauerflug von mindestens 5 Stunden
  • Segelflughöhe von 1000 Metern über Start

weitere Regeln: Der Dauerflug durfte nicht mit dem Streckenflug verbunden werden, aber der Höhenflug konnte Bestandteil des Strecken- oder Dauerfluges sein. Sportzeugen mussten die Leistungen beurkunden.[9]

Bekannte Preisträger des Sonderabzeichens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert Kronfeld, Wien, 164 Kilometer, 7:34 Stunden, 2160 Meter
  • Wolf Hirth, Hornberg, 53 Kilometer, 7:07 Stunden, 1025 Meter[10]
  • Günther Groenhoff, Frankfurt am Main, 130 Kilometer, 5:15 Stunden, 1225 Meter
  • Kurt Starck, Darmstadt, 75 Kilometer, 6:17 Stunden, 1000 Meter
  • Otto Fuchs, Darmstadt, 75 Kilometer, 7:50 Stunden, 1000 Meter
  • Hermann Mayer, Stettin, 125 Kilometer, 8:22 Stunden, 1840 Meter
  • Peter Riedel, Berlin, 153,5 Kilometer, 8:49 Stunden, 1027 Meter
  • Martin Schempp, Pittsburgh, 102 Kilometer, 6:00 Stunden, 1636 Meter
  • Heinrich Dittmar, Griesheim, 65 Kilometer, 8:31 Stunden, 1070 Meter
  • Paul Steinig, Grunau, 83 Kilometer, 5:51 Stunden, 1500 Meter
  • Erhard Muschick, Dresden, 126 Kilometer, 6:53 Stunden, 1500 Meter
  • Jack K. O’Meara, New York, 107,2 Kilometer, 8:18 Stunden, 1457 Meter
  • Peter van Husen, Grunau, 86 Kilometer, 8:37 Stunden, 1120 Meter
  • Walter Fremd, Frankenhausen, 50 Kilometer, 12:05 Stunden, 1200 Meter
  • Anton Endres, Würzburg, 64,1 Kilometer, 5:12 Stunden, 1089 Meter
  • Heinz Kensche, Berlin, 140 Kilometer, 6:06 Stunden, 1350 Meter
  • Otto Bräutigam, Großenhain i. Sa., 138 Kilometer, 5:05 Stunden, 1400 Meter
  • Rudolf Oeltzschner, Merseburg, 93 Kilometer, 5:05 Stunden, 1800 Meter[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A. Wilhelm Neuberger: Die Ingenieurschule für Luftfahrttechnik. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2005, ISBN 3-8334-3051-6.
  • Peter Riedel: Erlebte Rhöngeschichte 1911–1926 Band I „Start in den Wind“. Motorbuch, Stuttgart 1977, ISBN 3-87943-539-1.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sabine Hock: Ein reicher Mann, der nie nein sagen konnte. In: sabinehock.de. Abgerufen am 6. Dezember 2015 (Erschienen in der FAZ am 11. Oktober 1990).
  2. Peter Riedel: Vom Hangwind zur Thermik. In: Erlebte Rhöngeschichte. Band II. Motorbuch, Stuttgart 1984, ISBN 3-87943-981-8, S. 29.
  3. Skizze des RRG-Zögling Archivierte Kopie (Memento vom 4. Juli 2008 im Internet Archive)
  4. Beispiel für Nachbau des RRG-Zögling: Akaflieg Karlsruhe Archivierte Kopie (Memento vom 9. September 2009 im Internet Archive)
  5. Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt, ist auf volle 100 EUR gerundet und bezieht sich auf Januar 2024.
  6. Das billige Volksflugzeug. In: Tages-Post, 22. Dezember 1932, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/tpt
  7. Nachbau der RRG-Ente im Deutschen Segelflugmuseum (Wasserkuppe) Archivierte Kopie (Memento vom 23. Februar 2012 im Internet Archive)
  8. Die neuen Segelflug-Lehren der Rhön. In: Tages-Post, 26. August 1928, S. 10 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/tpt
  9. Oskar Ursinus: Luftfahrt Zeitschrift Flugsport – Jahr 1931 – Deutsche Luftfahrtgeschichte Luftfahrt, Luftverkehr, Luftfahrzeuge, Flugzeuge und Luftsport (Segelflug, Motorflug und Modellflug) im Jahr 1931 (Kompletter Jahrgang). Flugsport, 1931, S. 64 (google.de).
  10. Oskar Ursinus: Luftfahrt Zeitschrift Flugsport – Jahr 1931 – Deutsche Luftfahrtgeschichte Luftfahrt, Luftverkehr, Luftfahrzeuge, Flugzeuge und Luftsport (Segelflug, Motorflug und Modellflug) im Jahr 1931 (Kompletter Jahrgang). Flugsport, 1931, S. 66 (google.de).
  11. Oskar Ursinus: Luftfahrt Zeitschrift Flugsport – Jahr 1934 – Deutsche Luftfahrtgeschichte Drittes Reich, Wehrmacht und Luftfahrt: Flugzeuge der Luftwaffe, Luftverkehr, Luftfahrzeuge und Luftsport im Jahr 1934 (Kompletter Jahrgang). 1934, S. 20 (google.de).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]