RhB ABe 4/4 I

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RhB ABe 4/4 I (Umbau)
ABe 4/4 I 30 und 34
ABe 4/4 I 30 und 34
ABe 4/4 I 30
ABe 4/4 I 30
ABe 4/4 I 30 und 34 in der Nähe von Alp Grüm ABe 4/4 I Nr. 30 in Bernina-Hospiz
Bauartbezeichnung: ABe 4/4 I ABDe 4/4
Nummerierung: 30 31–34 35–37 38
Hersteller: SIG, SAAS SIG, SAAS, MFO
Baujahr: 1911 1908 1908–1909 1911
Umbau: 1953 1946/47 1949–1951 1949
Achsformel: B0'B0'
Spurweite: 1000 mm
Länge über Puffer: 14'660 mm 13'930 mm 14'660 mm
Gesamtradstand: 10'750 mm 10'000 mm 10'750 mm
Dienstmasse: 31 t 30 t
Höchstgeschwindigkeit: 55 km/h
Stundenleistung:
 
BB: 382 kW
ChA: 419 kW
427 kW
 
Anfahrzugkraft: 102 kN
Stundenzugkraft:
 
BB: 55 kN bei 25 km/h
ChA: 55 kN bei 27,5 km/h
56 kN bei 27,2 km/h
 
Triebraddurchmesser: 850 mm
Stromsystem: 1000 V = (Berninabahn)
2400 V = (Chur–Arosa)
1000 V = (Berninabahn)
 
Anzahl Fahrmotoren: 4
Übersetzungsverhältnis: 1 : 5,75
Sitzplätze 1. Klasse:
                 2. Klasse:
                 Total:
12
29
41
12
27
39
12
31
43
12
24
7
43
Ladefläche: 4,88 m²
Quelle: [1]

Als ABe 4/4 I werden bei der Rhätischen Bahn (RhB) die auf der Berninabahn eingesetzten Elektrotriebwagen mit den Betriebsnummern 30 bis 38 (motrice trenta) bezeichnet. Die Triebwagen entstanden in den Jahren 1946–1953 durch Umbau aus Fahrzeugen der Baujahre 1908–1911. Seit 1988–90, als die RhB ABe 4/4 III in Betrieb genommen wurden, ist der Einsatz der Altbau-Triebwagen im Personenzugdienst stark zurückgegangen. Sie waren aber im Sommer immer noch unverzichtbar und kamen meistens vor dem Zug 1642 zum Einsatz. Seit der Indienststellung der ersten neuen Allegra-Triebzüge im Frühjahr 2010 kann auf den planmässigen Einsatz der ABe 4/4 I verzichtet werden.

Im November 2018 waren noch zwei gelb lackierte Nostalgie-Triebwagen 30 und 34 betriebsfähig vorhanden.

Triebwagen der Berninabahn (BB)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein BCe 4/4 um Urzustand
ABe 4/4 I 34 und 30

Die 1908 eröffnete Berninabahn beschaffte bei den Herstellern SIG und Alioth insgesamt 17 Elektrotriebwagen in zwei Serien. Die 13,93 m langen BCe 4/4 der ersten Serie (Nummern 1 bis 14) wiesen 12 Plätze in der zweiten und 31 in der dritten Wagenklasse auf. Bei den 14,66 m langen Triebwagen der zweiten Serie (Nummern 21 bis 23) entfielen sieben Drittklassplätze zugunsten eines Gepäckabteils (in welchem aber sieben Klappsitze vorhanden waren[2]), die Bauartbezeichnung lautete also BCFe 4/4. (angeschrieben waren die Bezeichnungen als BCe4 respektive BCFe4.) Die elektrische Ausrüstung war bei allen Fahrzeugen gleich; sie leisteten 220 kW bei 22 km/h. Gegenüber den seinerzeit bevorzugten Grün- und Grautönen hoben sie sich mit ihrem gelben Anstrich, schwarz-roter Schattenschrift und auffälligen roten Routentafeln deutlich ab. Weil einige abergläubische Fahrgäste den Wagen 13 mieden, erhielt er im Jahr 1921 die Nummer 15.

Siehe auch Abschnitte Technische Daten in den Artikeln RhB ABe 4/4 und RhB ABDe 4/4

Die beiden Triebwagen 1909 von Nesselsdorf gebauten FEAA 104 und 105 der Lokalbahn Dermulo – Mendel im Trientino (damals Österreich-Ungarn) ähnelten diesen Triebwagen in Aussehen und Dimensionen stark, besaßen jedoch einen mit Holz verkleideten Wagenkasten. Die elektrische Ausrüstung stammte ebenfalls von Alioth.

Umbau durch die RhB[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

ABe 4/4 30 (um 1980)

Mit der Berninabahn übernahm die RhB 1943 auch deren alternden Fahrzeugbestand. Mit bis zu 35 Betriebsjahren war zwar das Lebensende der Fahrzeuge noch nicht erreicht, aber deren Leistungsfähigkeit liess zu wünschen übrig. Doch die Fahrzeuge stellten nicht den einzigen Investitionsbedarf dar. Deshalb wurde auf den Kauf neuer Triebwagen verzichtet; hingegen begann die RhB, das vorhandene Rollmaterial in den eigenen Werkstätten Landquart und Poschiavo zu modernisieren. Bei allen 17 Triebwagen wurden die bisher unter dem Wagenboden angeordneten Anfahr- und Bremswiderstände auf das Dach versetzt, teilweise die Seitenwände nach unten verlängert (Schürzen) und die Kastenbleche verschweisst. Ein Pantograph ersetzte einen der beiden veralteten Lyrabügel.

Neun Triebwagen erhielten auch eine neue elektrische Ausrüstung; die Leistung erhöhte sich auf 395 kW, bei den späteren Umbauten sogar auf 440 kW. Damit konnte die zulässige Anhängelast auf 40 t verdoppelt und die Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h auf 55 km/h erhöht werden. Die umgebauten Fahrzeuge erhielten die neuen Nummern 30–38 (siehe Tabelle).

ABe 4/4 I Nr. 31 vor dem Depot Poschiavo

Die ebenfalls während des Zweiten Weltkriegs mit der Rhätischen Bahn fusionierte Chur-Arosa-Bahn hatte lediglich sechs Triebwagen, was für den wachsenden Wintersportverkehr ungenügend war. Da bei der Berninabahn die Verkehrsspitze im Sommer lag, war es möglich, im Winter jeweils einige Triebwagen nach Chur abzugeben. Zu diesem Zweck baute die RhB 1946–47 die Triebwagen 31 bis 34 zu Zweispannungsfahrzeugen um. Dazu kam eine vollständig neue elektrische Ausrüstung mit Stufenhüpfer und stärkeren Motoren von SAAS zum Einbau sowie eine Druckluftbremsanlage für den Triebwagen selbst, der Zug musste weiterhin mit Vakuum gebremst werden. 1953 folgte noch ein fünfter Triebwagen, die Nummer 30. Für den Einsatz auf der bis 1997 mit Gleichstrom betriebenen Arosalinie erhielten die umgebauten Triebwagen eine Rekuperationsbremse. Das Vorhandensein von Stufenhüpfern erlaubte zudem später den Einbau einer Vielfachsteuerung.

Die weiteren modernisierten Fahrzeuge 35 bis 38 erhielten nur noch eine elektrische Ausrüstung für die Berninabahn und keinen Druckluftkompressor. Anstelle der SAAS-Hüpfer wurden MFO-Vielstufenkontroller eingebaut. Hingegen erlaubte der Verzicht auf die Zweispannungsausrüstung eine höhere Nennleistung.

Die restlichen acht Fahrzeuge behielten ihre alten Fahrmotoren und Nummern. Ihre Leistung konnte durch verbesserte Lüftung der Fahrmotoren auf 350 kW gesteigert werden.

Als 1956 die dritte Klasse abgeschafft wurde, wurden die BCe 4/4 zu ABe 4/4 und die BCFe 4/4 zu ABFe 4/4, seit 1961 ABDe 4/4.

Der grössere Teil der Triebwagen erhielt im Laufe der Zeit eine vollständig verschweisste Blechverschalung des Wagenkastens. Dabei wurden die Fenster-Ecken auch unten ausgerundet.

Farbgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Triebwagen gingen bei der Berninabahn mit einem gelben Anstrich in den Einsatz. Nach der Fusion wurde dieser Anstrich zunächst durch grün/crème ersetzt, gegen Ende der fünfziger Jahre wurden verschiedene Triebwagen ganz grün. Im Laufe der 1960er Jahre rot lackiert, behielten einige Triebwagen den alten Anstrich in grün oder grün/crème bis zu ihrer Ausrangierung.

Die beiden Triebwagen 30 und 34 wurden in den Jahren 2000 respektive 2001 gelb lackiert und äusserlich dem Ursprungszustand angenähert. Als nostalgische Fahrzeuge kommen sie bei Sonderfahrten und auch im sommerlichen Spitzenverkehr zum Einsatz. Der Triebwagen 34 erlitt im Sommer 2022 eine Stufenschalterexplosion und ist seitdem in Poschiavo in Reparatur. Dazu passen die Personenwagen C 114, den der Club 1889 restauriert und als Verpflegungswagen eingerichtet hat, sowie der BC 110, der auch im Innern dem Ursprungszustand angenähert wurde.

Fahrzeugliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liste der ABe 4/4 I und ABDe 4/4 der Rhätischen Bahn (früher Berninabahn)
erste
Betriebsnr.
Inbetriebnahme Umbau Betriebsnr.
nach Umbau
letzte
Betriebsnr.
Anstrich Bemerkungen Verbleib
gelb grün/crème grün rot
1 1908 1947[2 1] 31 31 1908 1947 1959 1963 abgebrochen im Oktober 2009
2 1908 1946[2 1] 32 32 1908 1946 1957 1965 abgebrochen im Dezember 2009
3 1908 3 1908 19.. 1957 ausrangiert 1969, abgebrochen
4 1908 1947[2 1] 34 34 1908
2001
1947 1962 seit 2001 Nostalgie-Triebwagen (gelb) in Betrieb
5 1908 1946[2 1] 33 33 1908 1946 1956 8. Mai 1962 auf Alp Grüm durch Brand zerstört ausrangiert 1962, abgebrochen
6 1908 9921 1908 1960 1960 umgezeichnet zu Dienstfahrzeug Xe 4/4 9921, braunrot ausrangiert 1969, abgebrochen
7 1908 7 1908 19.. 1957 ausrangiert 1965, abgebrochen
8 1908 8 1908 19.. ausrangiert 1967, abgebrochen
9 1908 1953 9920 1908 1953 1964/90 1951 von Lawine mitgerissen, als Dienstfahrzeug Xe 4/4 wieder aufgebaut ausrangiert 1998, abgebrochen
10 1908 1949 35 35 1908 1949 1962 ausrangiert 2010; betriebsfähig an Museumsbahn Blonay–Chamby verkauft
11 1909 11 1909 19.. 1964 ausrangiert 1976, abgebrochen
12 1909 1951 37 9923 1909 1951 1957 1965 1997 umgebaut zu Xe 4/4 9923, Hilfswagen Poschiavo, orange abgebrochen im Januar 2015
13 1909 15 1909 19.. 1921 umnummeriert zu 15 ausrangiert 1969, abgebrochen
14 1909 1950 36 9924 1909 1950 1963 1998 umgebaut zu Xe 4/4 9924, Hilfswagen Pontresina, orange abgebrochen im September 2012
21 1911 1949 38 9922 1911 1948 1962 Gepäckabteil beibehalten, Bezeichnung ABDe 4/4
1992 umgebaut zu Xe 4/4 9922, Fahrleitungsdienst Poschiavo, gelb
abgebrochen im Dezember 2016
22 1911 1953[2 1] 30 30 1911
2000
1953 1966 1953 Gepäckabteil entfernt, seit 2000 Nostalgie-Triebwagen (gelb) in Betrieb
23 1911 23 1911 1948 1956 1956 Gepäckabteil entfernt ausrangiert 1969, abgebrochen
  1. a b c d e Umbau zum Zweispannungstriebwagen 1000 V/2200 V =, bis 1997 auch auf Chur-Arosa-Bahn einsetzbar

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gian Brüngger: 100-jährige Bergsteiger, Geschichte der ersten Triebwagengeneration BCe 4/4 und BCFe 4/4 der Berninabahn. LOKI spezial 30, Lokpress AG, Zürich 2008, ISBN 978-3-9523386-1-2
  • Claude Jeanmaire: Die Gleichstromlinien der Rhätischen Bahn. Verlag Eisenbahn, Villigen 1975, ISBN 3-85649-020-5
  • Peter Willen; Lokomotiven der Schweiz 2, Schmalspur Triebfahrzeuge. Orell Füssli, Zürich 1972
  • Wolfgang Finke, Hans Schweers: Die Fahrzeuge der Rhätischen Bahn 1889–1998. Band 3: Lokomotiven, Triebwagen, Traktoren. Schweers + Wall, Aachen 1998, ISBN 3-89494-105-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: RhB ABe 4/4 I – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Peter Willen: Lokomotiven der Schweiz 2 – Schmalspur-Triebfahrzeuge.
  2. Claude Jeanmaire: Die elektrischen und Diesel-Triebfahrzeuge schweizerischer Eisenbahnen. Vierter Teil: Die Gleichstromlinien der Rhätischen Bahn. Archiv Nr. 20, Verlag Eisenbahn, Villigen AG 1975, ISBN 3-85649-020-5, Abbildungen 133–135