Rhinozeros (Literaturzeitschrift)

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Rhinozeros war eine experimentelle Literaturzeitschrift, die zwischen 1960 und 1965 in der jungen Bundesrepublik Deutschland erschien.

Geschichte und Herausgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegründet wurde die Zeitschrift von Klaus-Peter Dienst und Rolf-Gunter Dienst in Itzehoe. Im Eigenverlag gaben die beiden Brüder insgesamt zehn Ausgaben heraus. Die Hefte hatten ein Format von 145 × 205 mm (also annähernd DIN A5), der Heftumfang lag zwischen 24 und 36 Seiten. Rolf-Gunter Dienst redigierte die Texte und korrespondierte mit den Autoren, Klaus-Peter Dienst kalligrafierte und edierte die Texte.[1]

Die Schreibweise variierte zwischen RHINOZeros, RhinozEROS und RhinozEros. Auf dem Cover des dritten Heftes nennen sie ihr RhinozEROS eine „jugendeigene Zeitschrift“ und im Untertitel „Kalligrammatische & logografische Literaturrevue“.

„Unser RhinozEROS versteht sich als ‚Kalligrammatische Literaturrevue‘, die graphisch-logisch von den Gebrüdern Dienst aus Itzehoe begründet und episodisch erscheinend herausgegeben wird.“

Klaus-Peter Dienst: Abc-Waffen für Poeten[2]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zeitschrift publizierte Erstveröffentlichungen von zum Teil unbekannten jungen deutschen und von international bekannten Schriftstellern. Dazu gehörten Hans Arp, Samuel Beckett, Horst Bienek, Elisabeth Borchers, William S. Burroughs, Jean Cocteau, Reinhard Döhl, Jean Dubuffet, Jean Genet, Allen Ginsberg, Peter Härtling, Katja Hajek, Raoul Hausmann, Walter Höllerer, Henry Miller, Franz Mon, Andreas Okopenko, Ezra Pound, Klaus Roehler, Peter Rühmkorf, Ror Wolf, Dieter Wellershoff, Dieter E. Zimmer u. v. a. In allen Ausgaben finden sich von Klaus-Peter Dienst gestaltete Anzeigen verschiedener Verlage und Galerien (u. a. DuMont Verlag Köln, Rowohlt Verlag Reinbek, Walter Verlag Olten). Sie dürften zur Finanzierung der Zeitschrift beigetragen haben.

Jede der zehn Ausgaben zeichnet sich durch eine „sonderliche Graphik“ aus „als Interpretation und Textkritik, indem wir buchstäblich Literatur inszenieren, ohne von amtlich-philologischen Gnaden bestellt zu sein“. Die „schriftgraphisch verriegelten und aufgeschlossenen Texte“[2] sollen den Leser wieder zum buchstabierenden Lesen anhalten – so die Absicht der Herausgeber.

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name Klaus-Peter Dienst ist heute fast in Vergessenheit geraten und damit auch sein schriftgrafisches Werk. Seine weitgehend sprachautonomen Wortlandschaften in den Rhinozeros-Heften sind von der Kalligrafie ebenso weit entfernt wie von der Typografie. Es sind Sehtexte, die sich in einer Grenzgattung zwischen Kunst und Poesie ansiedeln lassen. So etwa listet der Verlag Kyklos Presse Klaus-Peter Dienst in dem schmalen hochformatigen Katalog für die Erste Literarische Pfingstmesse Frankfurt am Main 1963 in drei von fünf Abteilungen als Künstler: In den Rubriken „Bücher“, „Mappen und Kunstdrucke“ sowie „Zeitschriften“. Aber auch unter den konkreten Poeten der 1960er und 1970er Jahre kannte man Klaus-Peter Dienst. Seine schriftgrafischen Blätter und Bücher tauchen in Katalogen im Umfeld der konkreten und visuellen Poesie jener Jahre auf. Die Wertschätzung, die man ihm und seiner Arbeit entgegenbrachte, offenbart sich in Veröffentlichungen wie movens (1960),[3] das kunstwerk (1963),[4] Schrift und Bild (1963),[5] phänomen kunst (1967),[6] Buchstabenbilder und Bildalphabete (1970)[7] oder posthum in Text als Figur (1987)[8] und buchstäblich wörtlich wörtlich buchstäblich (1987)[9].

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Die Texte hat mein kleiner Bruder gemacht; denn ich habe immer noch nicht gelernt, auf Kommando gesprächig oder charmant zu sein.“ Klaus-Peter Dienst in einem handschriftlichen Brief an Gerhard Fietz, 5. Juni 1960. Die Kunsthistorikerin und Autorin Maike Bruhns forscht über Gerhard Fietz.
  2. a b Klaus-Peter Dienst: Abc-Waffen für Poeten. Der Tagesspiegel, Berlin 22. September 1963.
  3. Bazon Brock: movens. Dokumente und Analysen zur Dichtung, bildenden Kunst, Musik, Architektur. Hrsg.: Höllerer, de la Motte, Mon. Limes Verlag, Wiesbaden 1960, S. 27.
  4. Rolf-Gunter Dienst: Informelle Schriften. In: das kunstwerk. Nr. 10/XVI. Baden-Baden und Krefeld April 1963, S. 4.
  5. Dietrich Mahlow: Schrift und Bild. Amsterdam und Baden-Baden 1963, S. 162 ff.
  6. Herbert W. Franke: Phänomen Kunst. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Ästhetik,. Heinz Moos Verlag, München 1967, S. 127.
  7. Robert Massin: Buchstabenbilder und Bildalphabete. Vom Zeichen zum Buchstaben und vom Buchstaben zum Zeichen. Otto Maier Verlag, Ravensburg 1970, S. 237 und 239.
  8. Jeremy Adler und Ulrich Ernst: Text als Figur. Visuelle Poesie von der Antike bis zur Moderne. Wolfenbüttel und Bonn 1987, S. 284.
  9. Michael Glasmeier: buchstäblich wörtlich wörtlich buchstäblich. Hrsg.: Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1987, S. 20, 95, 201, 202, 244.