Robert Brendel (Modellbauer)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Brendel-Modell von Equisetum (Schachtelhalme), Botanisches Museum Greifswald
Brendel-Modell von Linum usitatissimum (Gemeiner Lein), Botanisches Museum in Greifswald
Brendel-Modell von Fragaria vesca (Wald-Erdbeere), Botanisches Museum in Greifswald
Brendel-Modell von Brassica napus (Raps), Botanisches Museum in Greifswald

Robert Brendel (* 1821 in Reichenbach, Kreis Reichenbach (Eulengebirge), Provinz Schlesien; † 22. Januar 1898 in Berlin) war ein deutscher Unternehmer und Hersteller von Lehrmitteln und botanischen Modellen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Apotheker Carl Leopold Lohmeyer erstellte in der Zeit von 1865 bis 1869 in Breslau modellhafte Nachbildungen besonders interessanter Blütentypen, die an der Universität Breslau sowie auch an der Realschule am Zwinger zu Breslau mit großem Erfolg beim botanischen Unterricht eingesetzt wurden und als „Lohmeyer’sche Pflanzenmodelle“ Bekanntheit erlangten.

Robert Brendel vervielfältigte diese Einzelmodelle auf Initiative des Breslauer Botanikers Ferdinand Julius Cohn in seiner Werkstatt in der Riemerzeile 15 in Breslau und konnte bereits im März 1866 die erste Serie von 30 Blütenmodellen im In- und Ausland[1] zum Preis von 20 Thalern zum Verkauf anbieten, wobei nach Ansicht von Ferdinand Julius Cohn die Kopien die Originale durch elegantere Ausstattung und eine getreue Wiedergabe der natürlichen Formen und Farben noch übertrafen.[2]

Um das Jahr 1875 übersiedelte Robert Brendel mit seiner Firma an den Kurfürstendamm 101 nach Berlin und 1885 erschienen die ersten vom Dozenten für Botanik an der Berliner Universität Alexander Tschirch verfassten umfangreichen wissenschaftlichen Erläuterungen zu den botanischen Modellen von Robert Brendel, wobei Tschirch die Modelle in den Katalogen nach dem erst wenige Jahre zuvor von August Wilhelm Eichler entwickelten System zur Klassifikation der Pflanzen[3] ordnete.[4]

In der Zeit um 1890 übernahm sein Sohn Reinhold Brendel (1861–1927) die Firma und führte sie unter der Bezeichnung „Verlagsanstalt für Lehrmittel“ zunächst in der Ansbacherstraße 56 und dann in der Schillstraße 11 weiter. Um das Jahr 1897 übersiedelte er mit seiner Lehrmittelhandlung in die Bismarck-Allee 37 in Berlin-Grunewald. Im Jahr 1925 ist die Firma in Neumarkt in Schlesien und 1930 im schlesischen Liegnitz angesiedelt. Wenig später verlieren sich die letzten Spuren der Lehrmittelhandlung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts produzierte die Firma Phywe in Göttingen noch botanische Modelle unter der Bezeichnung „Brendel-Modell“.

Brendel-Modelle wurden im Laufe der Zeit mit zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen auf wissenschaftlichen Ausstellungen und Weltausstellungen prämiert. Botaniker wie Ferdinand Julius Cohn, Eduard Eidam, Leopold Kny, Otto Müller und Alexander Tschirch wurden im Vorfeld der Herstellung einbezogen und erstellten Erläuterungen zu den jeweiligen Modellen.

International wurden Brendel-Modelle von den bedeutendsten Naturalienhändlern wie Václav Frič in Prag und James W. Queen & Company in Philadelphia gehandelt.

Die Brendel-Modelle zählen heute zusammen mit den Pilz-Wachsmodellen des österreichischen Botanikers Leopold Trattinnick, den Papiermaché-Modellen zur menschlichen Anatomie des französischen Anatomen und Modelleurs Louis Auzoux sowie den zoologischen und botanischen Glasmodellen des Leopold und Rudolf Blaschka zu den weltweit bedeutendsten naturwissenschaftlichen Modellen. Ausführungen aus der von Robert Brendel geprägten Breslauer Periode, die sich durch einen Sockel aus hellem Obstholz auszeichnen, gelten heute als absolute Raritäten. Bei den späteren Berliner Modellen hingegen besteht der Sockel in der Regel aus schwarz lackiertem Holz.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Botanische Modelle. Mit Beiträgen von Ferdinand Julius Cohn, Professor [Königliche Universität zu Breslau] und Cäsar Albano Kletke, Direktor der Realschule am Zwinger. In: Deutsches Magazin für Garten- und Blumenkunde, Jg. 1866, S. 148–151 (books.google.de)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anonymous: Robert Brendel †. In: Gartenflora. Zeitschrift für Garten- und Blumenkunde, Band 47, Berlin 1898, S. 112 (books.google.de)
  • Anonymous: Nekrolog des Carl Leopold Lohmeyer. In: Jahres-Bericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1873. 51, Breslau 1874, S. 111–116. (archive.org)
  • Graziana Fiorini, Luana Maekawa & Peter Stiberc: Save the plants: Conservation of Brendel anatomical botany models, The Book and Paper Group Annual, 27, 2008, S. 35–45 (PDF)
  • Olga Kronsteiner: Robert und Reinhold Brendel. Dreidimensionale Blütenlese. In: Simon Weber-Unger (Hrsg.): Der naturwissenschaftliche Blick. Fotografie, Zeichnung und Modell im 19. Jahrhundert, 2009, S. 42–51 (Leseprobe books.google.de)
  • Otto Georg Ferdinand Müller: Bemerkungen zu einem nach meinen Angaben angefertigten Modell einer Pinnularia. In: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, 16, 1898, S. 294–296. (zobodat.at [PDF]).
  • Alexander Tschirch: Erläuterungen zu den botanischen Modellen von Robert Brendel in Berlin W., 101 Kurfürstendamm. Berlin 1885 (books.google.de)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Brendel models – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Les mondes revue hebdomadaire des sciences et de leurs applications aux arts et à l'industrie. 1, Paris 1866, S. 4 (books.google.de)
  2. Robert Brendel: Botanische Modelle. Mit Beiträgen von Ferdinand Julius Cohn und vom Direktor der Realschule am Zwinger Cäsar Albano Kletke. In: Deutsches Magazin für Garten- und Blumenkunde, Jg. 1866, S. 150–151
  3. August Wilhelm Eichler: Blüthendiagramme. 1. enthaltend Einleitung, Gymnospermen, Monocotylen und sympetale Dicotylen. Engelmann, Leipzig 1875 (Digitalisat)
  4. Das von August Wilhelm Eichler entwickelte System war das erste System, in dem die Abteilung der Bedecktsamer der Abteilung der Nacktsamer und einkeimblättrige Pflanzen den zweikeimblättrigen Pflanzen folgten.