Russische Bauernmultiplikation

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Die Russische Bauernmultiplikation (auch Ägyptisches Multiplizieren, Abessinische Bauernregel oder Verdopplungs-Halbierungs-Methode genannt) ist ein einfaches Verfahren zur Multiplikation zweier natürlicher Zahlen. Schon im Altertum bekannt, war das Verfahren in Deutschland bis ins Mittelalter und in Russland bis weit in die Neuzeit üblich, woher auch der Name rührt.

Es ist gesichert, dass die Ägypter bereits eine analoge Methode zur Multiplikation verwendeten.[1] Der Algorithmus ist auf dem Papyrus Rhind beschrieben.[2]

Das Verfahren hat den Vorteil, dass man im Prinzip nur halbieren, verdoppeln und addieren können muss, das kleine Einmaleins wird nicht benötigt. Implizit wird eine schriftliche Multiplikation im Binärsystem durchgeführt.

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verfahren besteht aus folgenden Schritten:

  1. Man schreibt die beiden zu multiplizierenden Zahlen nebeneinander.
  2. Auf der linken Seite (Multiplikator) werden die Zahlen jeweils halbiert (Reste abgerundet) und die Ergebnisse untereinander geschrieben, bis man zur 1 gelangt.
  3. Auf der rechten Seite (Multiplikand) werden die Zahlen verdoppelt und untereinander geschrieben.
  4. Die rechts stehenden (verdoppelten) Zahlen werden gestrichen, wenn die links stehende Zahl gerade ist.
  5. Die Summe der nicht gestrichenen rechts stehenden Zahlen ergibt das gesuchte Produkt.

Die Korrektheit der russischen Multiplikation kann durch vollständige Induktion bewiesen werden.

Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Produkt aus 27 und 82 wird folgendermaßen errechnet:

Multiplikator Multiplikand zu addieren Multiplikator binär Multiplikand binär zu addieren
27  82  82  11011 1010010  1010010 
13  164  164  1101 10100100  10100100 
328  ---  110 101001000  ---
656  656  11 1010010000  1010010000 
1312  1312  1 10100100000  10100100000 
Produkt:  2214  Produkt binär:  100010100110 

Erklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die russische Bauernmultiplikation kann durch Zerlegung des Multiplikators in Zweierpotenzen nachvollzogen werden:

Die Summanden, die den Faktor Null enthalten, entsprechen den Zeilen, die gestrichen werden.

In der binären Repräsentation erkennt man eine gerade Zahl an der 0 an der rechten Stelle – dem niederwertigsten Bit.

Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es lassen sich mit diesem Verfahren auch Produkte von rationalen Zahlen berechnen. Auch dies war den Ägyptern bereits bekannt.[3]

Um die Anzahl der Divisionsschritte zu minimieren, bietet es sich an, die Faktoren gegebenenfalls zu vertauschen.

Um die Anzahl der Additionsschritte zu minimieren, bietet es sich an, die Zahlen so zu vertauschen, dass der gerade Faktor halbiert wird.

Nutzung auf frühen Computersystemen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe CPUs konnten auf ihrer Arithmetisch-logischen Einheit nur einfache Operationen wie Addition und Subtraktion ausführen, normalerweise aber keine Multiplikation. Da sich der Algorithmus der sog. „Bauernmultiplikation“ durch Additionen und einfache Bitweise Verschiebungen und Bit-Tests in einer kleinen Schleife abbilden lässt, wurde sie häufig für ad-hoc Multiplikationen verwendet.

Analoges Verfahren: Binäre Exponentiation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieselbe Idee kann auch benutzt werden, um Potenzen mit großen ganzzahligen Exponenten zu berechnen: Der Exponent wird schrittweise halbiert und die Basis quadriert, am Ende werden die Potenzen mit ungeraden Exponenten aufmultipliziert. Dieses Verfahren heißt binäre Exponentiation.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Otto Forster: Die russische Bauernregel der Multiplikation. In: Otto Forster: Algorithmische Zahlentheorie (= Lehrbuch.). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-06539-3, S. 12–13.
  • Jens Gallenbacher: Die Äthiopische Multiplikation. In: Jens Gallenbacher: Abenteuer Informatik. IT zum Anfassen für alle von 9 bis 99 – vom Navi bis Social Media. 4. Auflage. Springer, Berlin u. a. 2015, ISBN 978-3-662-53964-4, S. 123–127.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik. Eine kulturgeschichtliche Zeitreise. Band 1: Von den Anfängen bis Leibniz und Newton. Springer, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-540-77189-0, S. 116.
  2. James R. Newman (Hrsg.): The World of Mathematics. Band 1. Simon & Schuster, New York NY 1956, S. 170.
  3. James R. Newman (Hrsg.): The World of Mathematics. Band 1. Simon & Schuster, New York NY 1956, S. 173.