Sönke Iwersen

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Sönke Iwersen (* 9. April 1971 in Hamburg) ist ein deutscher Journalist und arbeitet als Ressortleiter für das Handelsblatt.[1] Das unter seiner Leitung aufgebaute Investigativ-Team erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Iwersen selbst wurde für seine journalistischen Arbeiten ebenfalls vielfach geehrt, unter anderem mit dem Deutschen Reporter:innenpreis 2020, dem Kurt-Tucholsky-Preis 2017, dem Henri-Nannen-Preis 2013 sowie drei Wächterpreisen (2012, 2015, 2019).[2]

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Iwersen ist der Sohn eines Malers und einer Kinderkrankenschwester. 1984 begann er, als Zeitungsjunge für das Hamburger Abendblatt zu arbeiten.[3] Mitte 1987 ging er für ein Schüler-Austauschjahr in die USA. Nach seiner Rückkehr arbeitete er neben der Schule für den wissenschaftlichen Verlag Dr. Kovač in Hamburg. Iwersen ist verheiratet und hat drei Kinder.

Seine Journalistenlaufbahn begann Iwersen im Sportressort. Er verfasste für deutsche, britische und US-amerikanische Medien vor allem Artikel über Basketball. Bevor er im Jahr 2000 in die Journalistenschule Axel Springer in Hamburg aufgenommen wurde, schrieb er über Sport und Wirtschaftsthemen, u. a. für Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Berliner Zeitung und das Hamburger Abendblatt.[4] 2002 wurde er Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung.[3] In Stuttgart war er für die Konsumgüterbranche zuständig. Mit zahlreichen Exklusivgeschichten beschrieb er den Niedergang des Schuhkonzerns Salamander. Bundesweite Aufmerksamkeit erregten seine Hintergrundberichte über den Mini-Lok-Hersteller Märklin und die ständigen Vorstandswechsel beim Roboterbauer IWKA.

2006 wechselte Iwersen zum Handelsblatt.[3] Seine erste große Geschichte handelte von Susanne Birkenstock, die deutschlandweit als Erfolgsmanagerin gefeiert wurde. Iwersen zeigte, dass Birkenstocks Firma insolvent war und nie mehr als zwei Mitarbeiter beschäftigte[5][6].

2008 berichtete Iwersen als erster Journalist über den Spitzel-Skandal der Deutschen Bahn[7]. Zudem berichtete Iwersen über spektakuläre Fälle wie im Jahr 2010 gemeinsam mit seinem Handelsblatt-Kollegen Jürgen Flauger über den Teldafax-Skandal[8] (wofür sie den Georg von Holtzbrinck Preis für Wirtschaftspublizistik erhielten), und im Jahr 2011 über den Sex-Party-Skandal in der Versicherungsgruppe Ergo, ausgezeichnet mit dem deutschen Journalistenpreis 2011.[4] Der Bericht stieß eine große Debatte um Moral in der Wirtschaft aus und führte zur kompletten Neuordnung des Vertriebs bei der Ergo. Die Budapest-Affäre wurde später Teil der Ausstellung „Schamlos? Sexualmoral im Wandel“ im Haus der Geschichte[9]. Des Weiteren recherchierte und berichtete Iwersen über Vertriebszahlungen der Debeka-Versicherung an so genannte Tippgeber in der Beamtenschaft.[10][11] Ebenfalls berichtete er über den Fördergeld-Skandal um den deutschen Solarhersteller Q Cells.[12] In dieser Sache wurde anschließend in Sachsen-Anhalt ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.[13]

2014 übernahm Iwersen die Chefredaktion der Handelsblatt Live App mit 15 Redakteuren in Deutschland, den USA und Japan. Später wurde Handelsblatt Live in die Gesamtredaktion integriert. Seit 2012 leitet Iwersen das von ihm aufgebaute Investigativ-Ressort,[3] das unter seiner Leitung zahlreiche Auszeichnungen erhielt.[14]

2015 versuchte der Finanzinvestor Peter Löw vergeblich, Iwersen für dessen Berichterstattung über Löws Insidergeschäfte in Haft zu bringen.[15]

Iwersens Artikel über Misswirtschaft und Korruption beim niederländischen Baukonzern Imtech führten Untersuchungen zu der Staatsanwaltschaft und der Kartellbehörden[16]. Der verantwortliche deutsche Imtech-Manager wurde später zu 47 Monaten Haft verurteilt[17].

2016 enthüllte Iwersen unbekannte Details[18] über den Fluchtweg von Edward Snowden.[19] Seine Reportage erregte weltweite Aufmerksamkeit. 2017 erhielt Iwersen dafür den Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik[20].

Außerdem verfasste Iwersen zahlreiche Berichte über das Steuersparmodell Cum-Ex.[21][22] Dazu gehörten Enthüllungen über den britischen Investmentbanker Sanjay Shah, der allein den dänischen Staat um 1,6 Milliarden Euro geschädigt haben soll. Shah ist inzwischen in Deutschland und Dänemark angeklagt[23].

Für seine Reportage über ein Rüstungsgeschäft von Airbus wurde er gemeinsam mit Kollegen im Jahr 2018 mit dem Hugo-Junkers-Preis ausgezeichnet.

2018 berichtete Iwersen gemeinsam mit seinem Handelsblatt-Kollegen Felix Holtermann über Misswirtschaft beim größten deutschen virtuellen Börsengang der Envion AG. Wie die Schweizer Börsenaufsicht FINMA später feststellte, war die Gesellschaft illegal tätig und hatte Aufsichtsrecht schwer verletzt[24].

Iwersen berichtete auch umfangreich über den deutschen Dieselskandal und erhielt dafür 2019 den Friedrich Vogel Preis[25].

Im gleichen Jahr berichtete Iwersen auch intensiv über den Münchener Bezahlungsdienstleister Wirecard. Zwei dieser Artikel wurden später kritisiert. Iwersen hatte über mitgeschnittene Gespräche zwischen einem Short-Seller und einem vermeintlichen zweiten Short-Seller berichtet. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem zweiten Mann um einen Detektiv mit Verbindungen zu Wirecard handelte. Weil der echte Short-Seller behauptete, er kenne vorab Artikel der Financial Times, musste die Zeitung eine Untersuchung einleiten und konnte nicht berichten, bis die Vorwürfe geklärt waren. Darauf hatten Wirecards Anwälte gedrungen. Die Zeitung stand schon Monate vorher unter Druck, weil die Bundesfinanzaufsicht zwei Journalisten bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hatte[26]. Iwersen berichtete weiter kritisch zu Wirecard, die Recherchen des Handelsblattes wurden im November 2020 von Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royal aufgegriffen[27].

Im November 2019 sorgte Iwersens Titelgeschichte über eine deutsche Nazi-Vergangenheit für weltweite Aufmerksamkeit. Der bekannte Unternehmensberater Roland Berger hatte jahrelang behauptet, sein Vater Georg sei Opfer der Nationalsozialisten. Ein von Iwersen geführtes Team zeigte, dass Georg Berger 13 Jahre Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei war, als oberster Finanzchef der Hitler-Jugend arbeitete und 1937 von Adolf Hitler zum Ministerialrat ernannt wurde. Später leitete er Generaldirektor ein „arisiertes“ Unternehmen in Wien und wohnte in einer von ihren jüdischen Eigentümern beschlagnahmten Villa. Das Thema wurde weltweit aufgegriffen, unter anderem berichteten The Economist, die New York Times und der Guardian[28]. Iwersen erhielt für diese Recherche 2020 den Deutschen Reporter:innenpreis[29].

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2010: Friedrich Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus, für eine Reportage über den Unternehmer Lars Windhorst[30]
  • 2011: Deutscher Journalistenpreis, für den Bericht Herr Kaiser auf Lustreise über den Sex-Party-Skandal innerhalb der Ergo Versicherungsgruppe[31]
  • 2011: Georg von Holtzbrinck Preis für Wirtschaftspublizistik, für die Aufdeckung des Teldafax-Skandals[32] (zusammen mit Jürgen Flauger)
  • 2011: Wirtschaftsjournalist des Jahres des Fachmagazins Wirtschaftsjournalist[33]
  • 2012: Journalismuspreis Gravenbrucher Kreis (zusammen mit Fabian Gartmann) für den Artikel Ladenschluss im Handelsblatt über den Unternehmer Anton Schlecker[34]
  • 2012: Wächterpreis der deutschen Tagespresse (zusammen mit Martin Buchenau und Jürgen Flauger) für die Berichterstattung über die Geschäfte des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus und des Investmentbankers Dirk Notheis[35]
  • 2013: Henri-Nannen-Preis in der Kategorie Dokumentation (zusammen mit Fabian Gartmann), für den Artikel Ladenschluss im Handelsblatt über den Unternehmer Anton Schlecker[36]
  • 2015: Wächterpreis der deutschen Tagespresse (zusammen mit Jan Keuchel), für seine Artikel über die Justizaffäre rund um den Laborunternehmer Bernd Schottdorf[37]
  • 2016: Wirtschaftsjournalist des Jahres des Fachmagazins Wirtschaftsjournalist, Kategorie Finanzen (zusammen mit Yasmin Osman und Volker Votsmeier)[38]
  • 2017: Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik für seine Reportage über die Schutzengel von Edward Snowden im Handelsblatt[3][39]
  • 2017: Sigma Delta Chi Awards, Society of Professional Journalist (USA), für die englische Version seiner Reportage über die Schutzengel von Edward Snowden in der Handelsblatt Global Edition[40]
  • 2018: Hugo-Junkers-Preis (zusammen mit Markus Fasse, Mona Fromm, Thomas Hanke, Martin Murphy, Hans-Peter Siebenhaar und Volker Votsmeier), für den Artikel Wir führen mal wieder Kleinkrieg im Handelsblatt über ein Rüstungsgeschäft von Airbus[41]
  • 2019: Wächterpreis der deutschen Tagespresse (zusammen mit René Bender, Markus Fasse, Mona Fromm, Jan Keuchel, Alina Liertz, Stefan Menzel, Martin Murphy und Volker Votsmeier), für die Berichterstattung zum Dieselskandal im Handelsblatt[42]
  • 2019: Deutscher Journalistenpreis, für den Bericht Chaos im Krypto-Reich über den Envion-Skandal (mit Felix Holtermann)[43]
  • 2019: Friedrich-Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus, für einen Report über das Kontrollversagen von Volkswagen in der Dieselaffäre (mit René Bender, Jan Keuchel und Volker Votsmeier)[25]
  • 2020: Deutscher Reporter:innenpreis, für eine Titelgeschichte über die Nazi-Vergangenheit des Vaters von Roland Berger (mit Team)[29]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Jürgen Flauger: Die große Strom-Abzocke. Der Teldafax-Skandal und was Verbraucher daraus lernen können. ISBN 978-3-8442-8519-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sönke Iwersen. In: anstageslicht.de. Abgerufen am 8. August 2019.
  2. Berufsweg Sönke Iwersen. In: Kressköpfe. Abgerufen am 26. April 2021.
  3. a b c d e Kurt Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2017 an Sönke Iwersen In: Kurt Tucholsky-Gesellschaft, 18. September 2017, abgerufen am 4. Oktober 2017.
  4. a b http://www.holtzbrinck-schule.de/dozent/soenke-iwersen
  5. manager magazin: Der tiefe Fall der Susanne Birkenstock. Abgerufen am 28. April 2021.
  6. Sönke Iwersen: FRAU BIRKENSTOCK UND IHRE FIRMA: Susanne im Wunderland. Handelsblatt, abgerufen am 28. April 2021.
  7. dokzentrum: Sönke Iwersen. Abgerufen am 28. April 2021.
  8. Handelsblatt Teldafax-Prozess: Strafverfahren gegen Ex-Manager eingestellt
  9. proonta online: Ergo-Budapestreise landet im Museum. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  10. Ozan Demircan, Sönke Iwersen: Die Chronik der Debeka-Affäre – und die Belege. In: Handelsblatt. 4. Dezember 2013, abgerufen am 17. Februar 2020 (Zuletzt aktualisiert am 27. Februar 2014).
  11. Datenschutzbeauftragter Info
  12. Handelsblatt Insider-Skandal bei Q-Cells
  13. mdr: Eine Chronologie des IBG-Skandals. Abgerufen am 28. April 2021.
  14. Handelsblatt: Awards
  15. Ex-dapd-Chef Peter Löw will Handelsblatt-Redakteure ins Gefängnis bringen Meedia 2015
  16. Spiegel: Korruptionsverdacht Richter steckt früheren BER-Manager in U-Haft. Abgerufen am 28. April 2021.
  17. Süddeutsche Zeitung: Ehemaliger BER-Manager muss ins Gefängnis. Abgerufen am 28. April 2021.
  18. Handelsblatt Schutzengel – ganz unten
  19. Deutschlandfunk Nova Snowdens Schutzengel: Die Helfer brauchen Hilfe
  20. tucholsky gesellschaft: Die bisherigen Preisträger_innen des Kurt-Tucholsky-Preises für literarische Publizistik. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  21. Handelsblatt Wie Banken in die Steuerkasse griffen, Cum-Ex-Geschäfte und die Folgen
  22. WDR Cum-Ex Steuerskandal: Landgericht Bonn plant Banken vorzuladen
  23. Süddeutsche Zeitung: Geldwaschmaschine. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  24. FINMA: FINMA stellt illegale Tätigkeit der envion AG fest. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  25. a b Deutsches Stiftungszentrum: FRIEDRICH-VOGEL-PREISE ZEICHNEN HERAUSRAGENDEN WIRTSCHAFTSJOURNALISMUS AUS. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  26. Deutschlandfunk: Wirecard und die „Financial Times“: Zuerst wurden die Journalisten verdächtigt. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  27. ZDF Magazin Royal: Wirecard: Mehr als einfach nur Geld. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  28. The Guardian: Truth behind German businessman's 'anti-Nazi' father revealed. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  29. a b Reporter-Forum: Reporter:innen-Preis: Das sind die Preisträgerinnen des Jahres 2020. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  30. Journalistenpreise: Gewinner
  31. Presseportal
  32. Journalistenpreise: Gewinner
  33. Der Wirtschaftsjournalist des Jahres. Abgerufen am 14. August 2019.
  34. RWS-Verlag Journalisten- und Wissenschaftspreis
  35. Newsroom.de Wächterpreis
  36. G+J: Henri-Nannen-Preis 2013
  37. Handelsblatt Handelsblatt mit Wächterpreis ausgezeichnet
  38. Handelsblatt Triple für das Handelsblatt
  39. Tucholsky-Gesellschaft Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik geht an Sönke Iwersen
  40. Society of Professionel Journalists Announcing the 2016 Sigma Delta Chi Award winners
  41. Luftfahrt-Presse-Club Deutschland e.V., Hugo-Junkers-Preis der Deutschen Luft- und Raumfahrtpresse, Alle Preisträger. Abgerufen am 8. August 2019.
  42. Das „Diesel-Team“ des Handelsblattes im Porträt – anstageslicht.de. Abgerufen am 8. August 2019.
  43. Pressemitteilung Deutscher Journalistenpreis für Die Zeit, WirtschaftsWoche, Handelsblatt, Spiegel, Süddeutsche Zeitung und brand eins