Saunigl

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Der Begriff Saunigl setzt sich aus "Sau" und "Igel" oder "Nickel" zusammen.[1] In Bayern bedeutet Nigl auch Nikolaus.[2]

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kartenspiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saunigl oder Saunigeln war ein österreichisches Kartenspiel vom Typ „Abwerfen“ aus dem 19. Jahrhundert, bei dem der letzte Spieler, der noch Karten übrig hatte, der Saunigel war und das Risiko einging, vom ersten Spieler geschlagen zu werden. Möglicherweise hängt es mit der modernen Fingerkloppe zusammen, bei der Verlierer ebenfalls eine körperliche Bestrafung erhält, wenn auch in geringerem Umfang.[3] Auch in Doctor Fausts Mantel wird Saunigel gespielt.[4] und in der deutschen Übersetzung von Jacques Offenbachs Operette Les Deux Aveugles sagt Jerzabek er könne Preferanzen, Mariagel, Zwicken, Saunigl, Schwarzer Peter und Macao spielen.[5]

Im Gedicht Das Kartenspielen von Johann Baptist Moser aus dem Jahr 1860 findet sich folgende Beschreibung von Saunigl:[6]

Bei jenem Spiel, das’s Kind, was kaum recht laufen kann, schon kennt,
Das man - warum, das weiß ich nicht - gemein „Saunigeln“ nennt,
Da spiel’ns, ich glaub' was Dummer’s gibt’s wohl nimmer auf der Welt,
Da spieln sie um diverse Schläg, anstatt um’s baare Geld,
Da nimmt der Erste der da g’winnt, voll Freud in einem Rand,
Ein’n Plumpsack wie der größte Heilingstritzel groß in d’Hand;
Und schlagt den Letzten, weil der Letzte allemal verspielt,
Die Haut so voll, daß ihm sein' Hand wie eine Blunzen g’schwillt;
Daß jeder Daum’n an jeder Hand ein' Leberwurst formirt,
Daß jeder kleine Finger wie ein Nudelwalker wird.

Refrain: Drum glaub ich auch etc.

Schimpfwort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saunigl ist auch eine abwertende Bezeichnung für einen "schmutzigen Menschen" (vgl. Schweinigel, Schmutzfink, Dreckspatz, Dreckschwein, Drecksau).

Auch in der Oberpfalz ist der Begriff Saunigl geläufig und es gibt dort weitere Wortverbindungen mit Nigl wie Daumanigl, Filznigl, Noutnigl, Suffnigl, Grantnigl, Bosnigl, Lausnigl. Saunigl sagten Oberpfälzer auch, wenn jemand unanständig und derb daherredete. Dies wurde auch „Sauglocken läuten“ genannt.[7]

Pflanzenart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Saunigl können auch Pflanzen wie der Wald-Sanikel[8] oder der Weiße Sanikel[9] gemeint sein.

"Atomsaunigl"-Orden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Salzburger Rupert Reiter wollte 1986 nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl und zu Beginn der Alpenfehde dem Bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß seinen selbst entworfenen ATOM-SAU-NIGL-Orden verleihen, weil Strauß den Bau der atomaren Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) nicht stoppen wollte.[10] Strauß sollte dafür seine Auszeichnung „Träger des Großkreuzes des Ehrenzeichens des Landes Salzburg“ von 1985 zurückgeben.[11]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm - (Lfg. 11 (1892), Bd. VIII (1893), Sp. 1922, Z. 11.)
  2. Nikolaus, Niglo oder Nikolo? Das Bayerische hat viele Sprachen - (Abendzeitung vom 1. Dezember 2008)
  3. sagen.at
  4. https://www.lernhelfer.de/sites/default/files/lexicon/pdf/BWS-DEU1-0504-03.pdf
  5. Die beiden Blinden von Jacques Offenbach - (Google-Books)
  6. Johann Baptist Moser [1]: Advokat und Klient oder: Fiaker und Sesseltrager. Eine Conversation aus dem Wiener Volksleben; im Anhange, aus dessen Wiener Lokalgesängen: 1. Tritsch-Tratschpolka-Text. 2. Schottische Polka aber Deutsch. 3. Das Kartenspiel´n. Dirnböck, Wien 1860. S. 47–48.
  7. Der Nigl und seine Brüder: Oberpfälzer Mundwerkstatt - (Barbara Neuber auf Onetz vom 6. Oktober 2012)
    Oberpfälzer Mundwerkstatt – Kolumne Der Neue Tag
  8. https://www.spektrum.de/lexikon/arzneipflanzen-drogen/sanicula-europaea/12921
  9. https://www.zobodat.at/pdf/JOM_126a_0189-0228.pdf
  10. Rupert Reiter - (Der Spiegel vom 7. September 1986)
    Foto: Rupert Reiter mit dem Atom-Sau-Nigl-Orden - (Der Spiegel, Personalien, S. 266)
  11. Fetzen fliegen: Franz Josefs neuestes Opfer: Nachbar Österreich. In: Der Spiegel vom 27. Juli 1986.