Schloss Großneuhausen

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Parkansicht des ehem. Schlosses

Das ehemalige Schloss Großneuhausen lag in der Ortschaft Großneuhausen etwa 5 km südöstlich von Kölleda in Thüringen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1505 erwarb Hans von Werthern mit der Herrschaft Frohndorf u. a. auch das Dorf Großneuhausen. Zunächst besaß die Familie hier nur einen geräumigen Hof, ehe sie durch Zukauf das Gut auf 400 ha vergrößerten. Nachdem das hier befindliche Herrenhaus bei einem Großbrand 1705 vollständig zerstört worden war, ließ Georg Graf von Werthern-Beichlingen (1663–1721), kursächsischer Gesandter und Kanzler, von 1709 bis 1711 einen Neubau im damals zeitgemäßen Barockstil errichten. Hierbei handelte es sich um einen einflügligen, zweigeschossigen Bau mit breitem, dreigeschossigem Mittelrisalit und Mansarddach, verwandt den Weimarer Bauten des „Zopfstils“. Äußerlich noch recht schlicht gehalten, wies es im Inneren eine prächtige Ausstattung auf. So schrieb der mit der Familie befreundete Kunsthistoriker Udo von Alvensleben nach einem Besuch: Innen gibt es von der klassischen Weimarer Zeit einen besseren Begriff als die Weimarer Interieurs selbst, die allzu museal überarbeitet sind.[1] So zählten zur Ausstattung neben Holzvertäfelungen und gemalten Wandreliefs zahlreiche Gemälde, darunter das der Johanna Luise von Werthern von Anton Graff, welches sich heute im Goethe-Haus in Frankfurt am Main befindet. Das Schloss diente zeitweise als Hauptsitz der Familie, ehe es von Schloss Beichlingen abgelöst wurde. Danach wohnten Mitglieder eines Seitenzweiges in Großneuhausen, bevor es bestimmungsgemäß 1944 als Witwensitz von Elisabeth Gräfin Werthern fungierte.

Ab 1938 bis 1945 war weiblicher Arbeitsdienst im Schloss einquartiert. Das Schloss, Park und Gut befanden sich bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Grafen von Werthern. Ab Februar 1948 fiel das intakte Schloss samt Nebengebäuden unter Zwangseinsatz der männlichen Dorfbevölkerung dem Abbruch anheim, nachdem es auf die Liste „abzutragender Zeugnisse feudaler Unterdrückung“ gekommen war.[2] Hintergrund war der entsprechende Befehl Nr. 209 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Ein Teil der Bevölkerung hatte zuvor noch erfolglos Einwände geltend gemacht; so wollte der Sportverein gerne in das herrenlose Schloss einziehen. Das wertvolle Inventar (Möbel, Gemälde und Bibliothek) ging verloren. Die Möbel aus dem Schloss landeten auf einem zentralen Sammelplatz der sowjetischen Besatzungsmacht in Kölleda. Der größte Teil des Abbruchschutts wurde zum Zuschütten des großen Schlossteichs verwendet, geeignetes Material auch für Neubauerngehöfte. Diese setzte man teilweise in den Schlosspark, dessen wertvoller Baumbestand abgeholzt wurde. An der Stelle des Schlosses wurde später ein Konsum errichtet.

Hochrangige Gäste des Schlosses[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, besuchte mehrmals, zum Beispiel 1729, das Schloss auf dem Wege zu den jährlichen Manövern in Kannawurf
  • Der Herzog von Braunschweig, verwundet nach der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806, Feldmarschall in preußischen Diensten
  • Davout, Marschall Napoleons, Sieger von Auerstedt, 1806
  • Blücher, preußischer Generalfeldmarschall, nach der Völkerschlacht von Leipzig 1813
  • Günther, Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt 1901
  • Wilhelm II., Deutscher Kaiser, anlässlich einer „Kaiserjagd“ 1902

Quelle der Zusammenstellung[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Udo von Alvensleben: Besuche vor dem Untergang, Adelssitze zwischen Altmark und Masuren. Hrsg. Harald von Koenigswald, Frankfurt/M.-Berlin 1968. Neuauflage: Als es sie noch gab…Adelssitze zwischen Altmark und Masuren. Ullstein, Berlin 1996, ISBN 3-548-35641-9
  • Thomas Bienert: Aus den Augen aus dem Sinn - Verlustkatalog Thüringer Schlösser, Guts- und Herrenhäuser nach Befehl Nr. 209 der Sowjetischen Militäradministration 1946-1949 sowie in der Zeit der DDR und der Gegenwart bis 2015. Arbeitsheft des Thüringer Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie, Neue Folge 50, Erfurt 2019, S. 97 f., ISBN 978-3-95755-026-2.
  • Georg Dehio: Handbuch der deutsche Kunstdenkmäler. Thüringen., Berlin/München 1998, S. 544.
  • Günther Kilian: Das Werthernsche Schloss in Großneuhausen. Manuskript. 2009.
  • Paul Lehfehldt (Bearb.): Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens - Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, Verwaltungsbezirk Apolda., Jena 1892.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Udo von Alvensleben: Besuche vor dem Untergang, Adelssitze zwischen Altmark und Masuren. Hrsg. Harald von Koenigswald, Berlin 1996, S. 73, ISBN 3-548-35641-9.
  2. https://grossneuhausen.de/schloss Website der Gemeinde Großneuhausen
  3. Günther Kilian: Das Werthernsche Schloss in Großneuhausen. Manuskript. 2009.