Seelnonne

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Seelnonnen waren Frauen in Süddeutschland im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, die Totendienste und Bestattertätigkeiten versahen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 13. Jahrhundert gehörten zu den wichtigsten Tätigkeiten von Beginen die religiöse Begleitung von Sterbenden und der Totendienst. Dieser umfasste das Waschen und Einkleiden der Toten und die Gebete für die Verstorbenen während und nach der Beerdigung. Seit dem frühen 14. Jahrhundert sind für diese auch die Bezeichnungen Seelfrau, später Seelweib und Seelnonne bekannt, als alternative Begriffe für Begine, deren Name durch päpstliche Entscheidungen zeitweise häretisiert worden war.

Seit dem 16. Jahrhundert blieben diese Tätigkeiten nach der Reformation unter leicht veränderten äußeren Bedingungen in den katholischen und einigen protestantischen Gebieten erhalten.

Im 19. Jahrhundert gab es nach der Professionalisierung und Profanierung dieser Tätigkeiten für Seelnonnen konkrete Aufgabenbeschreibungen im Königreich Baiern, zu denen das Waschen und Einkleiden der Verstorbenen, die Sterbebekanntmachung und weitere Tätigkeiten gehörten.[1][2]

Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gab verschiedene Bezeichnungen für diese Tätigkeiten.

  • Seelfrau, spätestens ab 1306[3]
  • Seelweib
  • Seelschwester
  • Seelnonne, mittelhochdeutsch sêl-nunne, spätestens ab etwa 1450 erwähnt[4]
  • Lichtfrau, Lichtmutter oder Lichtjungfer, in Münster, benannt nach der Besorgung der Sepulkralbeleuchtung oder Beleuchtung zum Totengedenken[5]
  • Einmacherin, benannt nach den praktisch-handwerklichen Aspekten[6]
  • Totenfrau, Totenweib(chen), in Baden[7],
  • Leichenfrau, amtliche Berufsbezeichnung in München 1862[8]
  • Leichenweib, offizielle Bezeichnung im 19. Jahrhundert.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dietmar Cremers: Totenweiber und Totengräber in einer mittelhessischen Kleinstadt. Zwei Beispiele zum Umgang mit dem Leichnam im 19. Jahrhundert. In: Norbert Stefenelli (Hrsg.): Körper ohne Leben. Begegnung und Umgang mit Toten. Böhlau, Wien u. a. 1997, S. 181–188.
  • Fritz Scherer: Eine Nonne für die Seele. Seelnonne, ein vergessener Name für eine immer aktuelle Dienstleistung. In: Amperland. 25, 1989, ISSN 0003-1992, S. 361–364.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jakob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band X, I. 1905. Sp. 52, Z. 29 Text; mit allgemeiner Beschreibung
  2. Sigrid Metken (Hrsg.): Die letzte Reise. Sterben, Tod und Trauersitten in Oberbayern. Hugendubel, München 1984, ISBN 3-88034-247-4, S. 100, 226 ff. .
  3. Jakob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band X, I. 1905. Text
  4. Jakob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band X, I. 1905. Sp. 52, Z. 29 Text
  5. Adolf Risse: Die Lichtmutter in Münsterischen Pfarrkirchen. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. 22, 1976, ISSN 0342-1996, S. 91–97; Frederike Schepper-Lambers: Beerdigungen und Friedhöfe im 19. Jahrhundert in Münster. Coppenrath, Münster 1992, ISBN 3-88547-811-0, S. 20ff. (Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland 73), (Zugleich: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1992).
  6. Hedi Heres: Zuflucht zum Glauben. Flucht in den Aberglauben. Museumsverein, Dachau 1997, ISBN 3-926355-08-5, S. 137, vgl. auch S. 143 (Kulturgeschichte des Dachauer Landes 8).
  7. Paul Sartori: Sitte und Brauch. Erster Teil: Die Hauptstufen des Menschendaseins. Heims, Leipzig 1910, S. 134 (Handbücher zur Volkskunde 5).
  8. dazu eingehend Christine Rädlinger: Der verwaltete Tod. Eine Entwicklungsgeschichte des Münchner Bestattungswesens. Buchendorfer Verlag, München 1996, ISBN 3-927984-59-0.