Semmelweis-Reflex

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Als Semmelweis-Reflex wird die Vorstellung beschrieben, dass das wissenschaftliche Establishment eine neue Entdeckung quasi „reflexhaft“ ohne ausreichende Überprüfung erst einmal ablehne und den Urheber eher bekämpfe als unterstütze, wenn sie weit verbreiteten Normen oder Überzeugungen widerspricht.

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Namensgebend für diesen Begriff ist die Entdeckung der Bedeutung der Hygiene durch den ungarischen Chirurgen und Geburtshelfer Ignaz Semmelweis.

Fälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein weiteres Beispiel dafür ist die Theorie der Kontinentalverschiebung von Alfred Wegener.[1]

In einigen Fällen hatten Innovationen in der Wissenschaft eher eine Bestrafung als eine entsprechende Honorierung zur Folge, weil jene Innovationen etablierten Paradigmen und Verhaltensmustern entgegenstanden.[2] Die Begriffsbildung wurde vom amerikanischen Autor Robert Anton Wilson (1932–2007) geprägt und nach dem ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis (1818–1865) benannt.[3][4]

Semmelweis führte das gehäufte Auftreten des Kindbettfiebers, einer der Hauptursachen für die hohe Sterblichkeit von Müttern nach der Entbindung, auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurück und bemühte sich, Hygienevorschriften einzuführen. Seine Studie von 1847/48 gilt heute als erster praktischer Fall von evidenzbasierter Medizin in Österreich. Zu seinen Lebzeiten wurden seine Erkenntnisse jedoch nicht anerkannt und von vielen Kollegen, besonders aber von Vorgesetzten als „spekulativer Unfug“ abgelehnt. Erst nach den Arbeiten Joseph Listers (1827–1912) im Bereich der Antiseptischen Medizin wurden die Zusammenhänge zwischen fehlenden Desinfektionsmaßnahmen, Bakterieninfektionen und Kindbettfieber klar.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • R. N. Braun: Wo die angewandte Medizin heute steht oder der Semmelweis-Effekt. In: Der Allgemeinarzt. 1984, Heft 8.
  • Gerhard Medicus: Semmelweis-Effekt. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. 64. Jahrgang (2011), Heft 9, S. 501–502, und in ISBN 978-3-86135-583-0, Seiten 60–64.
  • Robert Anton Wilson: The Game of Life. New Falcon Publications. 1991 ISBN 1561840505.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Heinrich Zankl, 2010: Kampfhähne der Wissenschaft: Kontroversen und Feindschaften. John Wiley & Sons, ISBN 3527325794, ISBN 9783527325795, S. 138.
  2. Cliff, Do you suffer from Semmelweis-Reflex?
  3. F. Mann: How to improve your information. 1993. (Memento des Originals vom 7. September 2012 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mind-trek.com
  4. Who named it? The Semmelweis’ reflex.