Shu Lea Cheang

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Shu Lea Cheang

Shu Lea Cheang (Chinesisch: 鄭淑麗; Pinyin: Zhèng Shúlì; geboren am 13. April 1954 in Taiwan) ist eine Multimediakünstlerin, die in den Bereichen netzbasierte Installationen, soziale Schnittstellen und Filmproduktion arbeitet. Cheang erhielt 1976 einen Bachelorabschluss in Geschichte von der National Taiwan University und 1979 einen Masterabschluss in Filmwissenschaften von der New York University.[1]

Cheang ist eine der führenden Multimediakünstlerinnen, die sich mit multidisziplinären Themen beschäftigen. Mit ihrem multimedialen Ansatz an der Schnittstelle zwischen Film, Video, internetbasierter Installation, Software-Interaktion und dauerhafter Performance gilt sie als Pionierin in der internetbasierten Kunst. Ihre Arbeiten sind oft interaktiv. Sie ist für ihren individuellen Ansatz im Bereich Kunst und Technologie bekannt, bei dem sie soziale Fragen kreativ mit künstlerischen Methoden vermischt. Cheang hat auch die Spielfilme I.K.U. und Fluidø geschrieben und Regie geführt.[2]

Seit 1981 ist sie Mitglied des Fernsehkollektivs Paper Tiger Television, die über offene Kanäle senden und mit ihrer Arbeit auf den Einfluss der Massenmedien hinweisen wollen. Cheang lebt und arbeitet derzeit in Paris, Frankreich.[3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cheang wurde 1954 geboren – zu einer Zeit, als die Insel Taiwan unter Kriegsrecht stand. Von Taiwan zog Cheang in den 1980er Jahren nach New York.

Nach 20 Jahren in New York führte sie ein Jahrzehnt lang einen selbst auferlegten Lebensstil als digitale Nomadin, der, wie sie sagte, „mich von den monatlichen Festzahlungen für Miete, Strom und Telefonrechnungen befreite“. Sie arbeitete in Japan, den Niederlanden, Großbritannien und der Schweiz und zog schließlich 2007 nach Paris.[3]

Wichtige Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chang ist seit den 1990er Jahren mit Video- und Multimediainstallationen sowie auch internetbasierten Installationen in Museen und auf Kunst- und Filmfestivals präsent. Einige wichtige ihrer Werke werden im Folgenden beschrieben:

Color Schemes ist eine interaktive Drei-Kanal-Videoinstallation, die 1990 im Whitney Museum of American Art ausgestellt wurde. Das Video zeigt Menschen verschiedener Ethnien und enthüllt die komplexen Einstellungen zu ethnischen Stereotypen, die in die amerikanische Kultur eingebettet sind.[4]

1994 führte Cheang bei dem Film Fresh Kill Regie.[5] Der Titel bezieht sich auf eine Mülldeponie in Staten Island. Der Film „stellt sich eine postapokalyptische Landschaft vor, die mit elektronischem Abfall übersät ist und unter den toxischen Auswirkungen der Massenvermarktung in einer hochtechnologischen Warenkultur leidet“.[6][7]

Bowling Alley, im Auftrag des Walker Art Center und finanziert von AT&T New Art/New Visions, wurde 1995 ausgestellt. Die Installation verband die Walker’s Gallery 7, die kommunale Bowlingbahn der Stadt (Bryant-Lake Bowl) und das World Wide Web. Die Bowlingbahn vermischte das reale Leben mit dem Cyberspace, um die Ähnlichkeiten und Unterschiede der Kommunikation zwischen den Menschen von Angesicht zu Angesicht und über das Internet zu veranschaulichen. Die Bowlingbahn war Cheangs erste kybernetische Installation. Cheang arbeitete mit anderen Künstlern aus Minneapolis zusammen, um ein Werk zu präsentieren, das die Idee des Persönlichen und Öffentlichen, der populären Kunst und der bildenden Kunst in Frage stellt, indem es diese Gegensätze miteinander verflochten hat.

Ein weiteres großes webbasiertes Projekt, das Cheang ins Leben rief, war Brandon (1998–1999).[8] Das einjährige narrative Projekt untersuchte die Themen Gender, Geschlechtergrenzen und Sexualität im öffentlichen Raum als auch im Cyberspace. Die Website erhielt ihren Namen von Brandon Teena, einem Transmann, der 1993 vergewaltigt und ermordet wurde, nachdem sein biologisches Geschlecht bekannt wurde. Brandon war das erste webbasierte Kunstwerk, das vom Solomon R. Guggenheim Museum in Auftrag gegeben wurde.[9] Im Laufe der Zeit, als sich die Webbrowser weiterentwickelten, konnte Brandon nicht mehr korrekt angezeigt werden. Im Jahr 2017 wurde das Kunstwerk in einer gemeinsamen Initiative der Konservierungsabteilung des Guggenheims und der Fakultät für Informatik der New Yorker Universität digital restauriert und wieder öffentlich zugänglich gemacht. Brandon wurde auch in Rhizomes Netzkunst-Anthologie vorgestellt, einer Online-Ausstellung von hundert wichtigen Netzkunstwerken.[10] Brandon ist derzeit unter der Webseite brandon.guggenheim.org zugänglich.

Im Jahr 2000 führte Cheang bei dem Spielfilm I.K.U. Regie, einem pornografischen Film, von dem sie behauptete, er sei von Blade Runner inspiriert worden.[11] I.K.U. wurde auf dem Sundance Film Festival präsentiert und für einen internationalen Fantasy-Filmpreis nominiert.

Cheangs Locker-Baby-Projekt (2001–2012) ist ein Spielfeld von Klangbildern, die nur durch menschliche Interaktion ausgelöst werden. Ihr Baby-Serienprojekt schlägt ein fiktives Szenario vor, das im Jahr 2030 spielt. Das transnationale DPT (DollyPolly Transgency) treibt die Klon-Babys als intelligente Industrie voran.

  • Baby Play (2001), der erste Teil verwendet ein großes Tischfußballfeld. Gegenüberliegende Reihen von 22 Ballspielern werden durch geklonte Babys in Menschengröße ersetzt. Die Verfolgung der Ballbewegung ruft ME-Daten (Memory+Emotion = Gedächtnis+Emotion; Texte und Ton) ab, die hinterlegt sind.
  • Baby Love (2005), der zweite Teil besteht aus 6 großformatigen Teetassen und 6 geklonten Babys. Jede Teetasse ist eine selbstfahrende mobile Einheit mit sich drehenden Rädern, die Richtungsmanöver und Geschwindigkeitsvariationen ermöglichen. Jedes Baby ist ein aufgestellter Mac-Mini-Motor mit WiFi, der mit dem Netzdepot für Shuffles und Remixe von populären Liebesliedern verbunden ist.
  • Baby Work (2012), der dritte Teil regt das Publikum, das die Galerie besucht, an, verstreute Schlüssel zu sammeln und neu zu arrangieren und Wörter zu einem kollektiven klanglichen Ausdruck zu komponieren. Aktive Teilnehmer sind die Klon-Babys, denen die Speicherung und das Abrufen von ME-Daten anvertraut wird.

Im Jahr 2017 schrieb und führte Cheant Regie beim Science-Fiction-Film Fluidø, der im Jahr 2060 spielt. Fluidø ist ein dystopischer Science-Fiction-Film, „bei dem es um die Macht von Körperflüssigkeiten und um deren Gewinnung geht“.[12]

Shu Lea Chang vertrat Taiwan 2019 auf der 58. Biennale in Venedig mit der Ausstellung 3x3x6, die sich mit Überwachung, künstlicher Intelligenz Verstößen gegen (Sexual-)Moral beschäftigt.[13][14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Shu Lea Cheang Papers (MSS 381) – Asian/Pacific/American Institute at NYU. Abgerufen am 4. Februar 2020 (amerikanisches Englisch).
  2. FLUIDØ: VIRUS, SEX, HACK, DRUG & CONSPIRACY. Abgerufen am 4. Februar 2020.
  3. a b Shu Lea Cheang. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 21. Februar 2020.
  4. Color Schemes. In: Video Data Bank. Abgerufen am 10. März 2020.
  5. Fresh Kill. Internet Movie Database, abgerufen am 21. Februar 2020 (englisch).
  6. Fresh Kill. In: Video Data Bank. Abgerufen am 10. März 2020.
  7. Fresh Kill. In: Berlinale Archiv. Internationale Filmfestspiele Berlin, abgerufen am 10. März 2020 (englisch).
  8. Cheang, Shu Lea: Brandon. Medien Kunst Netz, 21. Februar 2020, abgerufen am 21. Februar 2020.
  9. Brandon. In: Guggenheim. 1. Januar 1998, abgerufen am 21. Februar 2020 (amerikanisches Englisch).
  10. Net Art Anthology: Brandon. 27. Oktober 2016, abgerufen am 10. März 2020.
  11. I.K.U. Internet Movie Database, abgerufen am 21. Februar 2020 (englisch).
  12. Fluidø. In: Berlinale Archiv. Internationale Filmfestspiele Berlin, abgerufen am 10. März 2020.
  13. Shu Lea Cheang. Taiwan auf der 58. Biennale Venedig 2019. Abgerufen am 21. Februar 2020 (englisch).
  14. 3x3x6.com. Abgerufen am 21. Februar 2020.