Sicherheitsverhalten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Unter Sicherheitsverhalten (englisch safety seeking behaviour) versteht man in der Verhaltenstherapie diejenigen Verhaltensweisen, die zur Aufrechterhaltung von Befürchtungen beitragen, ohne dass diese Befürchtungen eintreten. Der Begriff stammt von Paul Salkovskis (1991), der ursprünglich drei Kategorien unterschied:[1]

  • Situative Vermeidung: Die Betroffenen vermeiden Situationen, in denen sie eine negative Konsequenz befürchten.
  • Flucht: Verlassen der Situation, sobald Angst auftritt.
  • Subtile Vermeidung: Verhaltensweisen, die eine befürchtete Katastrophe abwenden sollen.

Einige Autoren unterscheiden jedoch Vermeidungsverhalten von Sicherheitsverhalten.[2][3] Sicherheitsverhalten soll gefürchtete Konsequenzen abwenden oder verringern und damit die Bedrohlichkeit einer Situation reduzieren, wenn man bereits in der Situation ist, die man normalerweise vermeidet.[2][4] Die ursprüngliche Bedeutung hat sich insoweit verändert, dass inzwischen unter Sicherheitsverhalten zwei Dinge verstanden werden:[1]

  • Vorbereitung auf schwierige Situationen, um zu verhindern, dass Angst auftritt
  • Strategien, um die Wahrscheinlichkeit von befürchteten Konsequenzen zu verringern.

Bedeutung für Störungsmodelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Normalerweise würden Ängste habituieren, wenn der Betreffende sich der angstauslösenden Situation aussetzt. Sicherheitsverhalten wird dafür verantwortlich gemacht, dass Befürchtungen aufrechterhalten werden, trotz der Erfahrung, dass befürchtete Konsequenzen nicht eintreten.

Soziale Phobie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Clark und Wells (1995) gehen in ihrem kognitiven Modell davon aus, dass unter anderem Sicherheitsverhalten für die Aufrechterhaltung der sozialen Phobie verantwortlich ist, da soziale Situationen aber nicht durchgängig vermieden werden können.[5] Außerdem fallen Personen mit Sicherheitsverhalten mehr auf, als ohne Sicherheitsverhalten, so dass das Verhalten oft kontraproduktiv ist, wie beispielsweise bei Patienten mit sozialer Phobie, die versuchen Blickkontakt zu vermeiden und auf den Boden blicken.[5] Manchmal führt Sicherheitsverhalten auch dazu, dass die befürchtete Reaktion eher eintritt.[6] Das Andrücken der Arme, damit man das Schwitzen nicht sieht, führt beispielsweise zu mehr Schwitzen.[6]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Panikstörung: Sich hinsetzen bei der Befürchtung umzufallen.[1]

Phobische Störung: Einnahme von beruhigenden Medikamenten

Soziale Phobie: Wortwahl und Klang kontrollieren, um weniger lächerlich zu wirken.[7] Exzessive Vorbereitung und verstecken von Angstsymptomen (Verhaltenskontrolle).[8]

Zwangsstörung: Bei Zwangsstörungen ist als Sicherheitsverhalten das Unterdrücken von Gedanken, Tragen von Amuletten oder Schutzhandschuhen zu werten.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Thomas Lang, Sylvia Helbig-Lang, Dorte Westphal, Andrew T. Gloster, Hans-Ulrich Wittchen: Expositionsbasierte Therapie der Panikstörung mit Agoraphobie: Ein Behandlungsmanual. Hogrefe Verlag, 2011, ISBN 978-3-8409-2341-8, S. 15 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b Kristin Mitte, Thomas Heidenreich, Ulrich Stangier: Diagnostik bei Sozialen Phobien (= Kompendien psychologische Diagnostik. Band 9). Hogrefe, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8017-2043-8, S. 46 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Anne Boos: Kognitive Verhaltenstherapie nach chronischer Traumatisierung. Ein Therapiemanual. 2. Auflage. Hogrefe, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8017-2316-3, S. 203 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. a b Ulrich Stangier: Kognitive Verhaltenstherapie bei Sozialer Phobie. In: Psychotherapie. Band 8, Nr. 1. CIP-Medien, München 2003, S. 133–144 (cip-medien.com [PDF; 105 kB]).
  6. a b Ulrich Stangier, Thomas Fydrich: Soziale Phobie und Soziale Angststörung: Psychologische Grundlagen, Diagnostik und Therapie. Hogrefe Verlag, 2002, ISBN 978-3-8409-1463-8, S. 160–162 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Christian Reimer, Jochen Eckert, Martin Hautzinger, Eberhard Wilke: Psychotherapie: Ein Lehrbuch für Ärzte und Psychologen. Springer-Verlag, 2007, ISBN 978-3-540-29988-2, S. 470 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Rettenbach Regina, Christ Claudia: Die Psychotherapie-Prüfung: Kompaktkurs zur Vorbereitung auf die Approbationsprüfung nach dem Psychotherapeutengesetz mit Kommentar zum IMPP-Gegenstandskatalog. Schattauer Verlag, 2013, ISBN 978-3-7945-2875-2, S. 69 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Steffen Moritz, Marit Hauschildt: Erfolgreich gegen Zwangsstörungen: Metakognitives Training – Denkfallen erkennen und entschärfen. Springer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-642-25303-4, S. 12 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).