Sidney Tillim

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Sidney Tillim in Raeren/Belgien, November 1990

Sidney Tillim (* 16. Juni 1925 in Brooklyn, New York City; † 16. August 2001 in Manhattan, New York City) war ein US-amerikanischer Künstler und Kunstkritiker, bekannt für seine eigenwillige Malerei und unabhängige Sichtweise auf die moderne Kunst im Nachkriegsamerika. Tillim, der in den 1970er Jahren für seine Wiederbelebung der Historienmalerei bekannt wurde, wechselte während seiner gesamten Laufbahn zwischen dem Figürlichen und dem Abstrakten. Auch wenn er über ein breites Themenspektrum für Artforum und Arts Magazine schrieb, wird er am ehesten noch mit der Vertretung von gegenständlicher Kunst identifiziert, als dies nur noch wenige taten.

Jugendjahre und Erziehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geboren 1925 in Brooklyn, New York, wuchs Sidney Tillim in Norfolk (Virginia), auf, wo er als junger Teenager zweimal die Tidewater Marbles Championship (1938, 1939) gewann. Während der Sommermonate 1946 und 1947, berichtete er über die Baseball-Spiele der Piemont League für den Norfolk Ledger-Dispatch, der auch seine Baseball-Zeichnungen veröffentlichte. Als frühe Beeinflusser aus jenen Jahren gab er die Cartoonisten Milton Caniff und Willard Mullin an. Tillim ging an die Syracuse University, um Journalismus zu studieren, wechselte jedoch nach einem Jahr schließlich zur Bildenden Kunst. Er erwarb 1950 einen BFA (Bachelor of Fine Arts) in Malerei und Illustration mit der Bestnote „magna cum laude“. Im College interessierte er sich für gegenständliche und abstrakte Künstler wie Ben Shahn, Paul Klee, Wassily Kandinsky, für die Kubisten und Piet Mondrian.

Nach seinem Abschluss ging Tillim nach Kalifornien, wo er eine Reihe von Jobs annahm, während er malte, Gedichte schrieb und spielte. In Monterey hatte er 1952 seine erste Einzelausstellung und veröffentlichte einen Gedichtband, über den der Beat-Generation-Dichter Lawrence Ferlinghetti schrieb: „Here is a small collection of a painter's poetry..... Er scheut sich nicht davor, eine starke Sprache zu benutzen - wenn er Dung sieht, benennt er ihn. Wenn sein Körper brennt, sagt er das. Das ist vielversprechend.“[1]

1953 kehrte Tillim nach New York zurück, wo er seine Karriere etablieren sollte.[2]

Malerei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tillim hatte über zwanzig Einzelausstellungen und nahm während seiner gesamten Karriere an vielen Gruppenausstellungen teil, von „22 Realisten“ im Whitney Museum of American Art 1970 über das „Whitney Annual¡“ 1972 bis hin zur großen „Slow Art 1992: Painting in New York Now¡“ im MoMA PS1 und mehr. Im Jahr 2002, ein Jahr nach seinem Tod, veranstaltete das Bennington College eine große Retrospektive mit dem Titel „Sidney Tillim: A Life in Pictures“ (92 Gemälde plus Zeichnungen und Grafiken).[3]

Tillims erste Einzelausstellung in New York fand 1960 statt (geometrische Abstraktionen und gegenständliche Kunst). Erst Mitte der sechziger Jahre begann er mit großen erzählerischen Gemälden persönlicher, historischer und aktueller Ereignisse, darunter „The Death of Malcolm X“, 1965 (unvollendet); „Champion“, 1966 („Eine Art Historienmalerei... der psychologischen Realität unserer Zeit....[Es geht] um die säkulare Erfahrung und um den 'Helden' dieser Erfahrung, den säkularen Mann“)[4], „Wehklage (für Kate Houskeeper)“, 1970 (ein Durchbruch für ihn, würde Tillim später sagen, als er für sich ein stringentes Narrativ produzierte)[5]; „Graf Zinzendorf, von Indianern erschreckt“, 1972 („Ich benutze einen früheren Rassenkonflikt, um den aktuellen zu kommentieren“)[6]; John Adams nimmt den Retainer an, um die britischen Soldaten zu verteidigen, die im Bostoner Massaker 1974 angeklagt wurden (inspiriert durch Campus-Aufstände nach den Schießereien im Kent-State-Massaker)[7]; und „The Capture of Patty Hearst“, 1978[8].

In den sechziger und siebziger Jahren war Tillim durch den Avantgarde-Kunsthändler Richard Bellamy und durch die Galerie Robert Schoelkopf vertreten, ein Schaufenster für zeitgenössische figurative Kunst. In diesen Jahren wurden seine bedeutenden erzählerischen und gegenständlichen Gemälde für das Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, D.C.;[9] „mumok“, Wien (Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien);[10]; die Michener Art Collection an der University of Texas in Austin[11] sowie das Weatherspoon Art Museum, University of North Carolina in Greensboro erworben[12]. Die Kunstgalerie von Alberta erwarb für Eden Retold eine Folge von 31 Zeichnungen (eine Serie von Gemälden, die Tillim nach dem Gedicht von Karl Shapiro, „Adam und Eva“, gemalt hat). Eine weitere Zeichnung für diese Serie – The Song, 1970 – befindet sich in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York City. Als die figurative Kunst für die Kunstwelt interessant wurde, kehrte Tillim, einst an vorderster Front des Trends, zur harten Abstraktion zurück. „Die Idee war, nur Bilder zu malen, nicht Kunst zu machen... [Bugs Bunny Meets the Sublime; Fair Shake; Jackhammer] sind der Höhepunkt der ersten Periode (beachte die Größe der Bilder!)... Ich wollte eine Art von Humor, aber auch abstrakt, um den Anspruch zu entleeren. Kunst zu machen ist anspruchsvoll.“[13]

Tillim begann 1979 den Übergang weg von der „geraden“ figurativen Kunst im Stil des Kubo-Expressionismus wie in An American Tragedy (der Schriftsteller Norman Mailer ersticht seine Frau auf einer Party).[14] Sein narratives Werk in diesem kurzlebigen Stil brachte einige der besten Kritiken hervor, die er noch erhalten sollte, während sein völlig abstraktes Werk jahrelang keine Aufmerksamkeit erregte.[15]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lawrence Ferling[hetti]: „Those Days and Then the Sea by Sidney Tillim“, Monterey, Calif.: Noel Young [1952], in: „Short Reviews of Some of the Recent Poetry Books“, San Francisco Chronicle, 7. Sept. 1952, S. 21
  2. Biographische sowie Ausstellungs- und Sammlungsinformationen befinden sich in den Aufzeichnungen des Sidney-Tillim-Archivs. Informationen hierzu finden sich auch in Sidney Tillim: Imprints & Brushworks (Ausstellungskatalog), 1993
  3. Mattick: „Sidney Tillim at Usdan Gallery“, Bennington College"
  4. „Sidney Tillim's Fourth Show“, Virginian-Pilot, 20. April 1969, S. C27
  5. Kate Houskeeper, eine Studentin des Bennington College, starb bei einem Autounfall am 7. April 1969
  6. Zur Veranschaulichung siehe Jahresausstellung 1972 (Ausstellungskatalog), Whitney Museum. Der Eintrag 119 lautet: „Nicolaus Ludwig Zinzendorf, Graf von Zinzendorf und Pottendorf (1700-1760), Gründer des Mährischen Missionsordens, besuchte 1742 Amerika, um sich um die neuen Missionen in Pennsylvania zu kümmern. Die Indianer (Shawaneser) der Region (Wyoming Valley) dachten, er sei ein weiterer raubgieriger Weißer, und planten, ihn zu ermorden. Doch beeindruckt von seiner charismatischen Art und seiner offensichtlichen Immunität gegen eine giftige Schlange, die über sein Bein kroch, verschonten sie stattdessen sein Leben“.
  7. Tillim, „Bugs Bunny Meets the Sublime“ (Vorlesung)
  8. Zur bildlichen Veranschaulichung s. Sidney Tillim: Imprints & Brushworks (Ausstellungskatalog), 1993, S. 6
  9. Champion, Furniture War. Zur Illustrierung siehe hierzu 22 Realists [Ausstellungskatalog; s. Bibliographie], 1970
  10. Lamentation (for Kate Houskeeper). Siehe „Neuer Realismus“, in: Der Spiegel (s. Bibliographie)
  11. Work Jacket on Tripod; Abb. siehe Barnitz, Arts Magazine
  12. Sink and Burlap Bag; Abb. siehe Realsim Now [Ausstellungskatalog], 1968
  13. Brief an M. Baker, Univ. of Manitoba, 1985.
  14. Abb. siehe Tillims Essay in: Realism & Metaphor [Ausstellungskatalog], 1980, S. 43
  15. Ablesbar am fast 20-jährigen Intervall zwischen den beiden New-York-Times-Kritiken von Hilton Kramer: „Sidney Tillim“ (in der Galerie Meredith Long Contemporary), 26. Oktober 1979, und von Ken Johnson: „Sidney Tillim, Trans Hudson Gallery“, 3. April 1998