Sierra Madre (Schiff)

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Sierra Madre
Die Sierra Madre 2017
Die Sierra Madre 2017
Schiffsdaten
Flagge Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
(1944–1970)
Vietnam Sud Südvietnam
(1970–1976)
Philippinen Philippinen
andere Schiffsnamen

LST-821
Harnett County
My Tho
Dumagat

Schiffstyp Panzerlandungsschiff
Klasse LST-542-Klasse
Bauwerft Missouri Valley Bridge & Iron Company, Evansville
Kiellegung 19. September 1944
Stapellauf 27. Oktober 1944
Indienststellung Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 14. November 1944
Vietnam Sud 12. Oktober 1970
Philippinen 5. April 1976
Außerdienststellung Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 12. Oktober 1970
Vietnam Sud 5. April 1976
Verbleib Auf dem Second Thomas Shoal auf Grund gesetzt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 100 m (Lüa)
Breite 15 m
Tiefgang (max.) 4,29 m
Verdrängung 4145 t
Maschinenanlage
Maschine 2 × MD-567-Dieselmotoren
Höchst­geschwindigkeit 12 kn (22 km/h)
Propeller 2
Bewaffnung

Bei Indienststellung

Die Sierra Madre, auch BRP Sierra Madre ist ein Schiff der philippinischen Marine. Im Jahr 1997 ließ die philippinische Regierung das Schiff absichtlich im Second Thomas Shoal in den Spratly-Inseln auf Grund setzen, um es als Außenposten der Armee einzusetzen und so die philippinische Souveränität im Streit mit China über die Eigentumsrechte an den Spratly-Inseln zu behaupten.

Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schiff wurde als Panzerlandungsschiff der LST-542-Klasse für die United States Navy im Zweiten Weltkrieg gebaut. Am 19. September 1944 erfolgte der Baubeginn bei der Missouri Valley Bridge & Iron Company in Evansville in Indiana. Der Stapellauf war am 27. Oktober 1944. Die Indienststellung erfolgte am 14. November 1944 unter dem Namen USS LST-821. An Bord befanden sich auch zwei Landing Craft, Vehicle, Personnel (LCVP). Die Bewaffnung bestand aus einem 3-inch/50-Kaliber-Geschütz, acht 40-mm-Geschützen und zwölf 20-mm-Geschützen.[1]

US-Einsatz im Zweiten Weltkrieg und Vietnamkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

USS Harnett County im Vietnamkrieg
Zwei UH-1B-Seawolf-Kampfhubschrauber an Bord 1967

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die USS LST-821 dem asiatisch-pazifischen Raum zugewiesen und verbrachte den größten Teil des Zweiten Weltkriegs damit, Nachschub in westpazifische Häfen wie Eniwetok, Okinawa, Ie-jima, Ulithi und Guam zu transportieren, um die geplante Invasion der japanischen Heimatinseln vorzubereiten. LST-821 erhielt für seine Dienste im Zweiten Weltkrieg einen Battle Star. Nach der Kapitulation Japans im September 1945 unterstützte das Schiff die Besetzung des Landes. Am 11. Dezember fuhr es zurück in die Vereinigten Staaten, wo es am 8. Juli 1946 außer Dienst gestellt und in die Reserve überführt wurde.[1]

Am 1. Juli 1955 wurde es nach dem Harnett County in USS Harnett County (LST-821/AGP-281) umbenannt. Am 20. August 1966 wurde es in der Marinewerft Mare Island in Vallejo in Kalifornien wieder in Dienst gestellt. Es kam im Vietnamkrieg zum Einsatz und diente im Mekongdelta als schwimmender Stützpunkt als Teil der Mobile Riverine Force. Dafür erfolgte ein Umbau. Im Rahmen dieser Umrüstung wurde das Schiff mit einem Landeplatz und Wartungseinrichtungen für UH-1B-Seawolf-Kampfhubschrauber, Anlegeplätzen für Patrouillenboote (PBR) und moderneren Kommunikationseinrichtungen ausgestattet. Das Schiff sollte zehn PBRs und zwei Kampfhubschrauber unterstützen und konnte mit seinen 40-mm-Kanonen Feuerunterstützung im Nahbereich leisten. Harnett County begann am 12. Januar 1967 den Einsatz in Vietnam und wurde für die Dauer seines Einsatzes bis Ende 1969 als Patrol Craft Tender (AGP-821) klassifiziert. Am 12. Oktober 1970 wurde das Schiff in Guam außer Dienst gestellt. Das Schiff bekam für den Kampfeinsatz in Vietnam zwei Presidential Unit Citations, neun Battle Stars und drei Navy Unit Commendations.[1]

Einsatz Republic of Vietnam Navy[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 12. Oktober 1970 wurde das Schiff der südvietnamesischen Marine im Rahmen des Foreign-Military-Sales-Programms übergeben, die es auf den Namen RVNS My Tho (HQ-800) taufte. Während des Falles der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon wurde die My Tho mit mehr als 3.000 Flüchtlingen aus der Stadt beladen. Sie schloss sich einer Flotte anderer südvietnamesischer Schiffe an, um ein Rendezvous mit dem Geleitzerstörer USS Kirk zu erreichen. Da die Lebensmittel- und Medikamentenvorräte zur Neige gingen, holte ein Hubschrauber Nachschub von der Kirk. Die Flottille erreichte Subic Bay auf den Philippinen. Die philippinische Regierung verlangte die Rückgabe des Schiffes an die kommunistische Regierung Nordvietnams als rechtmäßige Regierung für ganz Vietnam. Der US-Botschafter nutzte eine Bestimmung des Militärhilfeprogramms, die besagte, dass gespendete Ausrüstungsgegenstände in den Gewahrsam der USA zurückgegeben werden, wenn das Empfängerland sie nicht mehr benötigt. Das Schiff wurde als Schiffe der US-Marine unter US-Aufsicht umgeflaggt, um in Subic Bay anzulegen und die Tausenden von Flüchtlingen von Bord an Land zu bringen.[1]

Übergabe an Philippine Navy[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im April 1976 kam es zur Übernahme durch die Philippine Navy, die das Schiff auf den Namen BRP Dumagat (AL-57) taufte und später in BRP Sierra Madre (LT-57) umbenannte. Der Name geht auf die Sierra Madre Mountains im nördlichen Teil der Philippinen zurück.[1]

Sierra Madre auf dem Second Thomas Shoal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

BRP Sierra Madre links im Hintergrund 2023; vorne Schiff der chinesischen Küstenwache

Am 9. Mai 1997 ließ die philippinische Marine das Schiff absichtlich auf dem Second Thomas Shoal auflaufen, um den territorialen Anspruch der Philippinen in diesem Gebiet aufrechtzuerhalten. Seitdem ist eine Abteilung von Marineinfanteristen ständig an Bord der Sierra Madre stationiert, um eine militärische Präsenz in dem Gebiet zu gewährleisten.[1] Die chinesische Küstenwache patrouilliert häufig in dem Gebiet und versucht, den Nachschub für die philippinischen Marinesoldaten zu verhindern. Im Jahr 2013 besuchte ein Reporter der New York Times das Schiff. Er berichtete über das Leben der wenigen dort stationierten Soldaten und die Rolle des Schiffes in der Geopolitik des Südchinesischen Meeres. Daraus wurde geschlossen, dass die Sierra Madre nie wieder in See stechen würde, aber aufgrund ihrer Rolle als Außenposten im Streit um die Spratly-Inseln an Bedeutung gewonnen hatte.[2]

Am 11. März 2014 protestierte die philippinische Regierung beim chinesischen Geschäftsträger in Manila dagegen, dass die chinesische Küstenwache am 9. März zwei von der philippinischen Marine angemietete zivile Schiffe daran gehindert hatte, das Schiffs-Personal auszutauschen und Nachschub an die Sierra Madre zu liefern.[3] Dies war das erste Mal, dass chinesische Streitkräfte in die Versorgung eingriffen. Am 13. März führten die Philippinen eine Versorgungsmission aus der Luft für die Marineinfanteristen durch.[4] Am 1. April 2014 gelang es der philippinischen Marine, ein Fischerboot mit Nachschub und Marineinfanteristen als Ersatz an der chinesischen Blockade vorbeizubringen.[5][6]

Im September 2014 besuchte der BBC-Reporter Rupert Wingfield-Hayes die Sierra Madre, die weiterhin von der chinesischen Küstenwache blockiert wurde. Zu dieser Zeit wurde der Nachschub für die Besatzung von elf philippinischen Marinesoldaten aus der Luft abgeworfen. Das Schiff befand sich in einem schlechten Zustand. Die Seiten des Schiffes waren mit massiven Löchern übersät. Die Wellen schwappen durch sie hindurch bis in den Laderaum des Schiffes.[7]

Im Juli 2015 erklärte der Sprecher der philippinischen Marine, dass das Schiff instand gesetzt werde, um seine minimale Bewohnbarkeit zu gewährleisten.[8]

Am 18. November 2021 hat die chinesische Küstenwache Wasserwerfer gegen zwei zivile Boote mit einer Nachschublieferung für philippinische Soldaten auf der BRP Sierra Madre eingesetzt. Die Boote mit dem Nachschub kehrten daraufhin um.[9][10]

Am 6. Februar 2023 setzte die chinesische Küstenwache einen nach Angaben der philippinischen Marine militärischen Laser ein, um die Besatzung vorübergehend zu blenden.[11] Am 6. August 2023 feuerten Schiffe der chinesischen Küstenwache mit Wasserwerfern auf ein Schiff der philippinischen Küstenwache, das die Sierra Madre versorgte.[12] Die zunehmende Aggression durch chinesische Patrouillen fiel mit einer Änderung der Außenpolitik des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. zusammen, der die Zusammenarbeit mit dem US-Militär verstärkte. Im Februar 2023 kündigte er eine Ausweitung des Abkommens über die verstärkte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich an.[13]

Am 22. Oktober 2023 kam es zu Kollisionen von zwei Schiffen der chinesischen Küstenwache mit einem philippinischen militärischen Versorgungsschiff und einem Schiff der philippinischen Küstenwache beim Scarborough-Riff. Die philippinischen Schiffe waren auf einer der regelmäßigen Versorgungsmissionen für die Soldaten an Bord der BRP Sierra Madre.[14] US-Präsident Joe Biden erklärte als Reaktion auf die Kollisionen am 25. Oktober 2023 im Weißen Haus „Jeder Angriff auf philippinische Flugzeuge, Schiffe oder Streitkräfte wird sich auf unseren gegenseitigen Verteidigungsvertrag mit den Philippinen berufen“.[15]

Am 10. Dezember 2023 bedrängte ein Schiff der chinesischen Küstenwache zwei philippinische Versorgungsschiffe und rammte eines der Versorgungsschiffe auf einer Versorgungsfahrt für die Sierra Madre. Ein chinesisches Schiff setzte Wasserwerfer gegen die beiden Versorgungsschiffe und ein Begleitschiff der philippinischen Küstenwache ein. Der Motor eines Versorgungsschiffs wurde schwer beschädigt und auch an dem Schiff der philippinische Küstenwache kam es zu Schäden. Erst am 9. Dezember hatte die chinesische Küstenwache drei Schiffe mit Wasserwerfern behindert, die Proviant für philippinische Fischerboote in der Nähe des Second Thomas Shoal an Bord hatten.[16] Ein ziviler philippinischer Schiffskonvois brach eine Versorgungsfahrt für philippinische Fischer und Soldaten mit Proviant ab und kehrte nach Palawan zurück. Vier chinesische Schiffe von Marine und Küstenwache hatten den Konvoi beschattet.[17] Am 23. März 2024 wurde wieder ein Versorgungsschiff auf dem Weg zur Sierra Madre von Schiffen der chinesischen Küstenwache und weiteren Schiffen blockiert und mit Wasserwerfern angegriffen. Die philippinische Marine veröffentlichte ein Video von der fast einstündigen Attacke.[18]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: LST-821 Harnett County – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f The Measure of the Sierra Madre. In: Naval History Magazine Volume 36, Number 1. usni.org, Februar 2022, abgerufen am 24. Oktober 2023 (englisch).
  2. A Game of Shark and Minnow. In: The New York Times. 2. Oktober 2013, abgerufen am 24. Oktober 2023 (englisch).
  3. Philippines protests Ayungin Shoal incident. In: Inquirer.net. 13. März 2014, abgerufen am 24. Oktober 2023 (englisch).
  4. Philippines drops food to troops after China "blockade" (Memento vom 13. März 2014 im Internet Archive), Channel News Asia, 13. März 2014.
  5. Philippine sailors gloat as China fails to block Sierra Madre supply run (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive), China Times, 1. April 2014.
  6. Nikko Dizon: AFP uses couriers to foil China spies In: Philippine Daily Inquirer, 29. April 2014 
  7. China's Island Factory. BBC News, 9. September 2014, abgerufen am 26. Januar 2015.
  8. PH repairs crumbling South China Sea ship outpost. In: Inquirer. Agence France-Presse, 15. Juli 2015, abgerufen am 4. Mai 2016.
  9. USA kritisieren China wegen „Eskalation“ im Südchinesischen Meer, Berliner Tageszeitung, 19. November 2021.
  10. Chinese ships harass PH boats in Ayungin. In: The Manila Times. 19. November 2021, abgerufen am 23. November 2021 (englisch).
  11. Feliz Solomon: Philippines Says Chinese Ship Flashed Military-Grade Laser to Disrupt Coast Guard Mission In: Wall Street Journal, 13. Februar 2023. Abgerufen am 17. August 2023 (amerikanisches Englisch). 
  12. Philippines tells China it will not abandon post in disputed reef. In: CNA. Abgerufen am 8. August 2023 (englisch).
  13. Feliz Solomon: Water Cannons and Lasers: South China Sea Standoff Around World War II-Era Ship Heats Up. In: WSJ. Abgerufen am 17. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  14. Boote der Philippinen kollidieren mit chinesischem Militärschiff. Handelsblatt, 22. Oktober 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  15. Biden warnt China: US-Militär würde kämpfen. t-online.de, 25. Oktober 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  16. Absichtlich gerammt? Video zeigt Kollision zweier Küstenwache-Schiffe der Philippinen und Chinas. stern.de, 10. Dezember 2023, abgerufen am 11. Dezember 2023.
  17. Zwei Schiffe kollidieren – China und Philippinen beschuldigen sich gegenseitig. welt.de, 10. Dezember 2023, abgerufen am 11. Dezember 2023.
  18. PHILIPPINEN MELDEN ZWISCHENFALL AN VERSORGUNGSSCHIFF MIT CHINESISCHER KÜSTENWACHE. muenchenerpost.de, 23. März 2024, abgerufen am 23. März 2024.