Skias (Sparta)

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Plan von Sparta, Nr. III von Emanuele Greco vorgeschlagene Lage der Skias

Die Skias (altgriechisch σκιάς skiás „Schattendach“) war ein Versammlungsgebäude im antiken Sparta. Laut Pausanias tagte hier die Ekklesia, die Volksversammlung, der Stadt.

Quellenlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei seiner Beschreibung der Stadt erwähnt Pausanias, dass an einer von der Agora wegführenden Straße ein Skias genanntes Gebäude für die Ekklesia, die Volksversammlung, stehe, das noch zu seiner Zeit als solches genutzt wurde. Errichtet habe es Theodoros von Samos, der auch das Schmelzen von Eisen und das Anfertigen von Figuren aus diesem Material erfunden habe. Die Spartaner hätten hier die Kithara des Timotheos von Milet aufgehängt, um ihren Unmut über dessen Neuerungen in der Musik zum Ausdruck zu bringen, denn Timotheos habe die klassische Anzahl von sieben Saiten des Instruments um vier erhöht.[1]

Theodoros von Samos war ein in antiken Quellen von Herodot bis Plinius vielfach genannter Architekt, vielseitiger Erfinder und Künstler, der bald nach der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. seine Blüte erlebte.[2] Die Bauform der Skias in Sparta wird im Etymologicum magnum,[3] einem mittelalterlichen Wörterbuch der griechischen Sprache, als Odeion runden Grundrisses angegeben. Man geht daher meist davon aus, dass es sich um einen tholosähnlichen Rundbau handelte. Nahegelegt wird die Angabe des Etymologicum durch antike Lexika, die den Begriff Skias dem Begriff Tholos gleichsetzen. Im Fall der Tholos auf der Athener Agora weisen sie gar darauf hin, dass deren eigentlicher Name Skias lautete.[4] Gleichwohl widersprach etwa Conrad M. Stibbe, der diesen Rekonstruktionsansatz für falsch hielt.[5] Insgesamt war sich die Forschergemeinde einig, dass man in einem tholosähnlichen Bau keine Volksversammlung abhalten konnte. Andererseits muss die Skias überdacht gewesen sein, was nicht nur der Name „Schattendach“ nahelegt, sondern auch der Umstand, dass hier eine dauerhaft vor der Witterung zu schützende Kithara aufgehängt war.

Archäologischer Befund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2011 kamen Emanuele Greco und Enzo Lippolis unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, die Skias von Sparta mit einer seit 1893 bekannten runden Bauanlage zu identifizieren.[6] Charles Waldstein hatte 1893 einen großen Rundbau ausgegraben und als den von Pausanias überlieferten runden Bau (οἰκοδόμημα περιφερές) nächst der Skias gedeutet,[7] der die Statuen des olympischen Zeus und der olympischen Aphrodite beherbergte.[8] Der Deutung Waldsteins wurde zumeist zugestimmt, eine weitere Diskussion zur Deutung des Befundes fand mit wenigen Ausnahmen[9] nicht statt.

Das Gebäude, dessen stratigraphische Befunde bis in die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. zurückreichen, hatte einen Durchmesser von 41,30 Metern. Aufgrund der verschiedenen Bodenniveaus lässt sich eine knapp 5 Meter hohe Umfassungsmauer des runden Baukomplexes rekonstruieren. Der innere Laufhorizont mag ein wenig tiefer anzusetzen sein, so dass die Mauer dort zugleich eine niedere Brüstung bildete. Im Zentrum stand ein aus Säulen errichteter, wandloser Rundbau mit einem Radius von 8,58 Metern. Die Abstände der erhaltenen Säulenbasen lassen die Rekonstruktion von 16 Säulenstellungen zu. Aufgrund der geringen Basisbreiten von 0,40 Metern bei einem Säulenabstand von etwa 3,37 Metern ist davon auszugehen, dass das folgende Gebälk aus Holz gebildet war. Schwache Fundamentierungen zwischen den Säulenbasen könnten auf Scherwände zurückzuführen sein, mit deren Hilfe die Interkolumnien bis zu einer unbestimmten Höhe verschlossen wurden. Emanuele Greco und Ottavia Voza schlugen vor, sich die Nutzung der Gesamtanlage wie folgt vorzustellen: Im inneren, tholosähnlichen, aber wandlosen Rundbau hing die Kithara des Timotheos, der Innenraum selbst diente musikalischen Vorträgen, während die umgebende runde Plattform die Zuhörer aufnahm. In diesem Sinne diente er der „Volksversammlung“. Zugleich bildete der Bau die frühe Form eines Odeions – eines Gebäudes für Aufführungen in Gesang und Instrumentalmusik sowie für Rezitationen.[10] Eine der Tholos von Athen vergleichbare Nutzung sei hingegen auszuschließen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Emanuele Greco: With Pausanias (and Others) in the Agora of Sparta. In: Andrea Ercolani, Manuela Giordano (Hrsg.): Submerged Literature in Ancient Greek Culture. Band 3: The Comparative Perspective. De Gruyter, Berlin u. a. 2016, S. 113–130
  • Emanuele Greco, Ottavia Voza: For a Reconstruction of the “Round Building” at Sparta as the Skias. In: Costas Zambas, Vassilis Lambrinoudakis, Evangelia Simantoni-Bournia, Aenne Ohnesorg (Hrsg.): Architekton. Timetikos tomos gia ton kathegete Manole Korre (Honorary volume for Professor Manolis Korres). Ekdotikos Oikos Melissa, Athen 2016, S. 343–350 (Digitalisat).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pausanias 3,12,10.
  2. Heiner Knell: Theodoros 1. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 322–323.
  3. Etymologicum magnum s. v. Σκιάς (Digitalisat).
  4. So etwa Photios s. v. σκιάς, und Suda s. v. σκιάς; siehe auch Valerius Harpokration, der sich auf Ammonios’ von Lamptrai Werk περὶ βωμῶν (Über Altäre) aus dem 1. Jahrhundert beruft: Valerius Harpokration s. v. θόλος.
  5. Conrad M. Stibbe: Das andere Sparta. Philipp von Zabern, Mainz 1996, S. 306.
  6. Enzo Lippolis: Κυκλικά κτήρια και πολιτικές λειτουργίες στις αγορές της Ελλάδας (Buildings of Circular Plan and Political Functions in the Agorai of Greece). In: Aggeliki Giannikouri (Hrsg.): Η Αγορά στη Μεσόγειο από τους ομηρικούς έως τους ρωμαϊκούς χρόνους (The Agora in the Mediterranean from Homeric to Roman times. International conference Kos, 14–17 April 2011). Αρχαιολογικό Ινστιτούτο Αιγαιακών Σπουδών, Athen 2011, S. 15–30; Emanuele Greco, Ottavia Voza u. a.: Per un nuovo rilievo dell’edificio circolare sull’acropoli di Sparta. In: Annuario della Scuola archeologica di Atene. Band 87, 2009, S. 1163–1166 (Digitalisat).
  7. Pausanias 3,12,11.
  8. Charles Waldstein: Reports on Excavations at Sparta in 1893. In: American Journal of Archaeology. Band 8, 1893, S. 410–428; derselbe: The Circular Building of Sparta. In: American Journal of Archaeology. Band 9, 1894, S. 545 f. (Digitalisat).
  9. Fernand Robert: Thymélé. Recherches sur la signification et la destination des monuments circulaires dans l’architecture religieuse de la Grèce (= Bibliothèque des Ecoles françaises d'Athènes et de Rome. Band 47). Boccard, Paris 1939, S. 110–117.
  10. Emanuele Greco, Ottavia Voza: For a Reconstruction of the “Round Building” at Sparta as the Skias. In: Costas Zambas, Vassilis Lambrinoudakis, Evangelia Simantoni-Bournia, Aenne Ohnesorg (Hrsg.): Architekton. Timetikos tomos gia ton kathegete Manole Korre (Honorary volume for Professor Manolis Korres). Ekdotikos Oikos Melissa, Athen 2016, S. 343–350, hier S. 349.