Sommerrefektorium der Jesuiten

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Das Refektorium als Ruine im Jahr 2019

Das ehemalige Sommerrefektorium der Jesuiten ist ein denkmalgeschütztes Gebäude am sogenannten Rosenhain im 3. Grazer Stadtbezirk Geidorf. Die Jesuiten besaßen große Teile dieses Hügels nordöstlich des Stadtzentrums, welche sie mit der Errichtung des Refektoriums 1654 unter anderem auch zur Erholung der Ordensmitglieder nutzten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1572 holte Karl II. den Orden der Jesuiten nach Graz, um mittels einer Schule zur Ausbildung katholischer Geistlicher die Gegenreformation zu unterstützen. Über Umwege sollte aus dieser Schule die heutige Karl-Franzens-Universität hervorgehen. Die Besitzungen des Ordens vergrößerten sich durch Kauf, Erbschaften und herrschaftliche Stiftungen schnell. Im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts erwarben die Jesuiten quasi den gesamten Grund am (heute so genannten) Rosenhain. Auf dem damals noch weit vor den Toren der Stadt gelegenen Hügel entstanden so Weingärten und andere landwirtschaftliche Flächen, die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude, künstliche Teiche, ein Rosenhof genanntes Herrenhaus (heute Altersheim) und nicht zuletzt das 1654[1] errichtete Refektorium, welches den Ordensangehörigen und Zöglingen zur Erholung diente. Berichte über pompöse Gartenfeste belegen, dass die Anlage keinesfalls nur der Landwirtschaft und stillem Müßiggang diente. So wohnte 1660 auch Kaiser Leopold I. einer Feier am Rosenhain bei.[2]

Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 gingen die Besitzungen in Staatseigentum über. Nach wenig erfolgreichen Versuchen, die Anlage im Ganzen zu verpachten bzw. zu verkaufen, wurde beschlossen, den Besitz aufzuteilen. Das wesentlichste Teilstück ersteigerte 1781 Landeshauptmann Graf Ferdinand von Attems-Heiligenkreuz. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene Teile des Besitzes abgespalten und als Baugrund parzelliert, woraus unter anderem das gründerzeitliche Villenviertel entlang der heutigen Panoramagasse hervorging. Die Enkel Ferdinands von Attems' verkauften die verbliebenen Besitzungen 1881 an Johann Hofmann, einen Kerzenfabrikanten. Dessen Enkelin Maria Weiss verkaufte den Besitz, der den Charakter einer barocken Parkanlage längst verloren hatte, schließlich 1928 an die Stadt Graz. Im Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten ist der Zweck, „diese Liegenschaft als Waldgürtel und Naturschutzpark, und zwar mit der Verwendung teilweise für Fürsorgezwecke und teilweise als öffentliche Parkanlage, der Allgemeinheit zu sichern und zu erhalten.“[3]

Für viele Teile des Areals konnte eine neue Verwendung gefunden werden. So beherbergt der Rosenhof heute ein Altersheim, im ehemaligen Weingartenhäuschen auf der Kuppe des Rosenhains befindet sich (nach einem brandbedingten Neubau) ein beliebtes Café. Große Flächen wurden zur Errichtung von Hochbehältern für die Wasserversorgung der Stadt Graz verwendet und nahe dem ehemaligen Refektorium wurde ein Kindergarten errichtet. Das Refektorium selbst blieb jedoch ein Sorgenkind, nicht zuletzt aufgrund seines schlechten Bauzustandes und zusätzlicher schwerer Beschädigungen durch bei einem Sturm umgestürzte Bäume. Dies hatte die Abtragung des alten Daches und der rückseitigen, stuckgeschmückten Arkadenreihe zur Folge. Der Baukörper büßte damit ein Drittel seines Volumens (nämlich eine von drei Fensterachsen der Schmalseite) und kleinere Anbauten ein. Trotzdem (und aufgrund des bestehenden Denkmalschutzes) beschloss die Stadt Graz 1952, den verbliebenen Bauteil mit einem neuen Dach zu versehen.[4]

Eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes ergab sich daraus jedoch nicht, es diente hauptsächlich als Lager, zuletzt für Bühnenrequisiten, ehe es 1984 nach einem Kurzschluss abbrannte. Nur die Außenmauern, einige eingewölbte Räume im Nordosten und die Kellergewölbe sind erhalten. Ein bemerkenswertes Kuriosum ist der im Keller befindliche Brunnenschacht. Der Keller liegt derart knapp über dem Grundwasserspiegel, dass der Brunnen mit einer Überlaufrinne versehen wurde, die quer durch den Raum und schließlich unterirdisch zu einem tiefer gelegenen Tümpel führt. Im Dehio-Handbuch Graz von 1979 sind noch einige Details zu Ausstattung und Zustand des Refektoriums vor dem Brand dokumentiert: „... Neubedachung und notdürftig gesichert; schlechter Erhaltungszustand. An der Fassade Freskenreste, u. a. Erzengel Michael. Rustiziertes Rundbogen-Steinportal mit Maskaron-Schlußstein, bekrönender bauplastischer Schmuck (Putti mit Kartusche) fast zur Gänze fehlend. [...] Innen zerstörte barocke Wandmalereien.“[1] Ab 2010 gab es Pläne, die zunehmend einsturzgefährdete Ruine der Universität Graz für die Errichtung von Hörsälen, Wohneinheiten für Gastprofessoren und einen Veranstaltungsraum zur Verfügung zu stellen.[5] Aufgrund ungeklärter Zuständigkeiten und Kostenpunkte verzögerte sich das Projekt jedoch um mehrere Jahre. Schließlich wurde 2020 entschieden, den Bau für einen symbolischen Preis auf 70 Jahre der Universität Graz zu überlassen. Diese will damit ihr nahegelegenes Universitätssportzentrum erweitern.[6] Die Kosten für das im Frühling 2022 beginnende Bauprojekt wurden auf rund zehn Millionen Euro angesetzt, sie werden von der Universität Graz getragen. Im Vorfeld der Bauarbeiten fand eine archäologische Untersuchung u. a. des Kellergeschosses mit seinem Brunnen statt.[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adalbert Sikora: Der Rosenhain in Graz. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark. Jahrgang 45. Graz 1954, S. 75–97 (historischerverein-stmk.at [PDF]).
  • Gerd Weiß: Der Rosenhain in Graz. Vom privaten Lustgarten zum Erholungsgebiet für jedermann. Edition Strahalm, Graz 2016.
  • Sonja Wrulich: Das Jesuitenrefektorium am Rosenhain - Gästehaus der Grazer Universitäten. Graz 2012 (Diplomarbeit am Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege der TU Graz).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sommerrefektorium der Jesuiten, Graz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Die Kunstdenkmäler Österreichs. Graz. Schroll, Wien 1979, ISBN 3-7031-0475-9, S. 138.
  2. Adalbert Sikora: Der Rosenhain in Graz. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark. Jahrgang 45. Graz 1954, S. 76–83.
  3. Adalbert Sikora: Der Rosenhain in Graz. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark. Jahrgang 45. Graz 1954, S. 90–93.
  4. Adalbert Sikora: Der Rosenhain in Graz. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark. Jahrgang 45. Graz 1954, S. 95.
  5. Schandfleck am Rosenhain: Noch immer keine Rettung fürs Jesuiten-Denkmal. In: kleinezeitung.at. 8. März 2020, abgerufen am 9. Dezember 2020.
  6. Am Grazer Rosenhain: Jetzt wird das verfallene Jesuitenrefektorium revitalisiert. In: kleinezeitung.at. 6. Dezember 2020, abgerufen am 9. Dezember 2020.
  7. Revitalisierung Jesuitenrefektorium. In: gbg.graz.at. Gebäude-und Baumanagement Graz GmbH, 30. November 2021, abgerufen am 1. Dezember 2021.

Koordinaten: 47° 5′ 7,8″ N, 15° 27′ 0,5″ O