Sonnenorgel

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Sonnenorgel
Allgemeines
Ort Pfarrkirche St. Peter und Paul (Görlitz)
Orgelerbauer Mathis Orgelbau
Baujahr 1997/2021
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 2004 2. Bauabschnitt (Schwellwerk, Mathis)
2021 drei neue Pedalregister (Mathis)
Epoche 20. Jahrhundert
Orgellandschaft Sachsen
Abbildungen
Technische Daten
Anzahl der Pfeifen 6219
Anzahl der Register 91
Anzahl der Manuale 4
Anzahl der 32′-Register 3
Anzahl der 64′-Register 1
Sonne

Die Sonnenorgel in der Kirche St. Peter und Paul in Görlitz ist eine Besonderheit. Ihr Prospekt von 1703 ist mit 17 Sonnen aus Orgelpfeifen versehen. Das heutige Werk wurde 1997 von Mathis Orgelbau gebaut.

Vorgängerorgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Casparini-Orgel von 1703[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1691 war die Kirche St. Peter und Paul durch einen Brand schwer beschädigt worden. Seit 1697 baute Eugenio Casparini mit seinem Sohn Adam Horatio eine neue Orgel. Diese hatte 57 Register auf drei Manualen und Pedal. Der Prospekt von Johann Conrad Buchau war mit 17 Sonnen versehen, hinter denen gleich lange Orgelpfeifen angebracht wurden. Zwölf von ihnen lassen jeweils einen Ton einer zwölffachen Pedalmixtur erklingen. 1703 wurde die Orgel eingeweiht. 1704 verfasste Christian Ludwig Boxberg eine ausführliche Darstellung des Instruments.[1]

Die Orgel erregte große Aufmerksamkeit. Zar Peter I. von Russland war 1715 von dem Instrument so beeindruckt, dass er bei Boxberg den Entwurf für eine Monstre orgue für St. Petersburg in Auftrag gab, die jedoch nie gebaut wurde. Johann Sebastian Bach bezeichnete sie dagegen als Pferdeorgel, die rossmäßig schwer zu spielen sei. Auch Johann Andreas Silbermann äußerte sich 1741 kritisch. Noch im späten 19. Jahrhundert erregte die ungewöhnliche Konstruktion ihrer Windladen Aufsehen, die durch Windschiede unterteilte Kanzellen und an der Längsseite befestigte, zur Seite in aufgehende Ventile besaßen (die Ursache der ungewöhnlichen Schwergängigkeit waren).[2]

1827 bis 1828 führten Joseph Schinkel und Carl Friedrich Ferdinand Buckow Reparaturen und Änderungen durch; die Orgel besaß danach 55 Register.[3] 1845 bis 1847 baute Friedrich Nikolaus Jahn die Orgel um und erweiterte sie auf 64 Register.[4] 1894 hat die Firma Schlag & Söhne aus Schweidnitz ein neues Instrument mit 53 Registern unter Beibehaltung einiger Register und des Prospekts eingebaut.[5]

Sauer-Orgel von 1928[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1926 bis 1928 baute die Firma W. Sauer aus Frankfurt (Oder) ein neues Instrument mit 89 Registern auf vier Manualen und Pedal mit elektro-pneumatischer Traktur (Taschenladen).[6] Diese war wieder die größte Orgel Schlesiens. 1979 wurde die Orgel für die bevorstehende umfassende Sanierung der Kirche ausgebaut. Lediglich der historische Prospekt blieb stehen und wurde restauriert.

Mathis-Orgel von 1997[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1990 wurde der Neubau einer neuen Orgel geplant. Den Auftrag erhielt die Firma Mathis Orgelbau aus der Schweiz. Die Disposition sollte an die Casparini-Orgel angelehnt sein. Sie wurde vom Organisten Matthias Eisenberg entworfen. Sie schloss ein zusätzliches Schwellwerk ein, das das Spielen von Musik des 19. Jahrhunderts zusätzlich besser ermöglichen sollte.

1997 wurde die Orgel eingeweiht, mit zunächst 64 Registern auf drei Manualen und Pedal. 2002 wurden die Pfeifen in den Sonnen durch Mathis restauriert. 2004 wurde das Schwellwerk mit weiteren 23 Stimmen durch die Firma ergänzt. 2021 erfolgte eine Erweiterung des Pedals um 3 Register. Die Orgel hat seitdem 91 Register auf vier Manualen und Pedal. Derzeit erfolgt eine Erweiterung um ein zusätzliches Werk mit Spanischen Trompeten, gestiftet von Prof. Matthias Eisenberg. Die Einweihung ist für Pfingsten 2024 vorgesehen.[7][8]

Disposition[9]

I Hauptwerk C–a3

Principal 16′
Groß-Octava 08′
Viol di Gamba 08′
Hohl-Flöt 08′
Rohr-Flöt 08′
Fiffaro 08′
Rohr-Flöt-Qvint0 06′
Octava 04′
Spitz-Flöt 04′
Salicet 04′
Qvinta 03′
Super-Octava 02′
Mixtur IV 02′
Cymbel III 113
Cornet V
Bombart 16′
Trompet 08′
Clarin 04′
II Oberwerk C–a3
Qvintadena 16′
Principal 08′
Grob-Gedackt 08′
Qvintadena 08′
Onda maris 08′
Octava 04′
Rohr-Flöt 04′
Zynk II 223
Sedecima 02′
Glöcklein-Thon 02′
Vigesima nona 113
Scharff Cymbel III0 01′
Cornetti III
Trompet 08′
Krumb-Horn 08′
Schalmey 04′
Tremulant
Engelswerk (2024)
Trompeta magna D0 016′
Trompeta de batalla B/D0 08′
Clarin claro D 08′
Bajoncillo B/D 04′
Chirimia D 02′
Orlos 0 08′
III Schwellwerk C–a3
Bordun 16′
Viola pomposa 16′
Diapason 08′
Doppel-Flöt 08′
Bordun 08′
Salicional 08′
Gamba 08′
Vox coelestis (ab c0)0 08′
Principal 04′
Travers-Flöt 04′
Viola d’amore 04′
Spitz-Flöt 03′
Schweitzer-Pfeiff 02′
Violine 02′
Piccolo 01′
Mixtur V 02′
Harmonia aeth. III 223
Bombarde 16′
Trompette harm. 08′
Hautbois 08′
Voix humaine 08′
Clarinette 08′
Clairon 04′
Tremulant
IV Brustwerk C–a3
Gedackt 08′
Praestant 04′
Gedackte Fleut doux0 04′
Nassat 03′
Octava 02′
Gemss-Horn 02′
Qvint-Nassat 112
Tertia 112
Super-Sedecima 01′
Scharff-Mixtur III 113
Hobois 08′
Tremulant
Pedal C–f1
Groß Eisenberg0 64′
Groß-Principal-Bass0 32′
Unter-Satz0 32′
Principal-Bass 16′
Contra-Bass 16′
Sub-Bass 16′
Basso Dolcissimo0 16′
Groß-Qvinten-Bass 12′
Octav-Bass 08′
Gemss-Horn-Bass 08′
Jubal-Flöt 08′
Super-Octav-Bass 04′
Jubal-Flöt 04′
Bauer-Flöt 02′
Mixtur VI 223
Contra-Posaunen 32′
Posaunen 16′
Fagotti 16′
Trompeten-Bass 08′
Tromba 08′
Clarinen-Bass 04′
Vox Angelica 02′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, IV/I, IV/II, IV/III, III/II, I/P, II/P, III/P, IV/P.
    • Superoktavkoppel: III/P
    • Suboktavkoppeln: III/I, III/III
    • Engelswerk-Koppeln: EW/I, EW/II, EW/III, EW/P
  • Nebenregister: Cymbelstern, Nachtigall, Vogel-Gesang, Tamburo 16′, Kuckuck, Sonnenmixtur (12fache Pedalmixtur mit Tromba 8′)
  • Spielhilfen: Tutti, Absteller, Koppelhilfen, 1000-facher Setzer, Crescendowalze mit vier Kombinationen.
  • Anmerkung: Von dieser Orgel existiert ein Sampleset (Ausnahme: die Sonnenmixtur), sie ist also auch virtuell spielbar.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Günter Lade (Hrsg.): Die Sonnenorgel der evangelischen Pfarrkirche St. Peter und Paul zu Görlitz. Festschrift zur Orgelweihe. Görlitz 1997.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sonnenorgel – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Christian Ludwig Boxberg: Ausführliche Beschreibung der großen neuen Orgel in der Kirchen St. Petri und Pauli allhie zu Görlitz. Görlitz 1704. Digitalisat, mit Disposition S. 6ff.
  2. Siehe: Die Orgelbauzeitung 1, 1879, S. 139–140 und 2, 1880, S. 37–38.
  3. Disposition überliefert in: E. J. Hopkins u. E. F. Rimbault: The Organ its History and Construction. Robert Cocks & Co., 3. Auflage London 1877, S. 396
  4. Disposition siehe: Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft B/F. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 749).
  5. Ludwig Burgemeister: Der Orgelbau in Schlesien. 2. Auflage, Verlag Wolfgang Weidlich, Frankfurt/M. 1973, S. 279.
  6. Disposition überliefert in: Musik & Kirche 1, 1929, S. 191
  7. Gemeindebrief der ev. Innenstadtgemeinde Görlitz, Nr. 29 (Weihnachten 2023), S. 10 (online)
  8. Görlitz: Sonnenorgel wurde aufgerüstet - LAUSITZWELLE (Video). Abgerufen am 5. März 2024 (deutsch).
  9. Informationen über die Orgel auf Organ Index. Abgerufen am 3. März 2024.