Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem bezeichnet man in der Mikroökonomik und dort speziell in der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts einen auf Hugo F. Sonnenschein, Rolf Mantel und Gérard Debreu zurückgehenden Satz. Er besagt vereinfacht, dass die aggregierten Überschussnachfragefunktionen, die zu einem mit gängigen Annahmen konstruierten Modell des allgemeinen Gleichgewichts gehören, nur über einige bestimmte, allgemeine Eigenschaften verfügen, ansonsten aber keine konkreten Aussagen über ihre Gestalt möglich sind.

Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem vor allem ab Mitte der 1950er Jahre, angefangen mit Arrow und Debreu (1954[1]), eine Vielzahl an Existenzsätzen für Walrasianische (das heißt: kompetitive) Gleichgewichte formuliert worden waren[2] und darüber hinaus verschiedentlich gezeigt worden war, dass diese Modelle regelmäßig höchstens endlich viele Gleichgewichte besitzen, stellte sich die Frage, ob aus den der Ökonomie zugrunde liegenden Parametern weitere Schlussfolgerungen über die Beschaffenheit des resultierenden Gleichgewichts abgeleitet werden können. Speziell nimmt dieses Problem bei einer Gleichgewichtsanalyse mittels Überschussnachfragefunktionen[3] die folgende Gestalt an: Welche Eigenschaften lassen sich aus der gängigen Annahmen gehorchenden reinen Tauschökonomie[4]

zur Charakterisierung der aggregierten Überschussnachfrage

ableiten? Hierbei bezeichnet die vektorwertige marshallschen Nachfrage eines Konsumenten, seine Überschussnachfrage, seine Anfangsausstattung und seine Nutzenfunktion.

Verschiedene allgemeine Eigenschaften der aggregierten Überschussnachfrage lassen sich aus gängigen Annahmen ableiten, wie das nachfolgende Lemma zeigt.[5]

Sei durch die I-elementige Menge aller Konsumenten gegeben, deren Nutzenfunktionen jeweils stetig, strikt quasikonkav und nichtfallend seien . Sei weiter für jeden Konsumenten eine Anfangsausstattung gegeben (zur Erklärung der Schreibweise siehe Fußnote[4]). Dann gilt:
  1. Die individuellen Überschussnachfragen sind jeweils stetig in , homogen von Grade null in und genügen dem Walras-Gesetz, das heißt, es gilt für alle .
  2. Die aggregierte Überschussnachfrage ist stetig in , homogen von Grade null in und genügt dem Walras-Gesetz, das heißt, es gilt für alle .

Das Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem besagt vereinfacht, dass es aber nicht möglich ist, weitere Eigenschaften der aggregierten Überschussnachfrage abzuleiten, ohne restriktivere Annahmen zu stellen.

Theorem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theorem[6]: Sei stetig in , homogen von Grade null in und genüge dem Walras-Gesetz. Dann gibt es zu jedem k Konsumenten mit einer stetigen, strikt quasikonkaven und nichtfallenden Nutzenfunktion und einem Ausstattungsvektor , deren Überschussnachfragefunktion ist, und zwar für alle Preise , für die gilt, dass für alle .

Dabei handelt es sich sowohl um eine Verallgemeinerung als auch eine Einpassung in das Arrow-Debreu-Framework, die auf einem früheren Beweis von Mantel (1976[7]) beruht, der wiederum auf die Vorarbeit von Sonnenschein (1973[8]) zurückgeht. Mantels Version des Theorems lautete wie folgt (mit H der Menge aller , für die gilt, dass , und mit der Menge aller , die für beliebige Preisvektoren nichtnegative Kosten erzeugen, also ):

Theorem (Mantel 1976): Sei kompakt und konvex. Sei weiter eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion[9] und gelte für alle das Walras-Gesetz, das heißt . Seien ferner , , unabhängige Vektoren. Dann existieren ein reelles sowie ein konvexer Kegel und damit n nichtgesättigte Konsumenten mit strikt konkaver, homogener Nutzenfunktion und Anfangsausstattungen , deren individuelle Überschussnachfragen sich über Z zu P summieren.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kenneth J. Arrow und Gerard Debreu: Existence of an Equilibrium for a Competitive Economy. In: Econometrica. 22, Nr. 3, 1954, S. 265–290 (JSTOR:1907353).
  2. Dazu im Einzelnen etwa Gerard Debreu: Existence of general equilibrium. In: Steven N. Durlauf und Lawrence E. Blume (Hrsg.): The New Palgrave Dictionary of Economics. 2. Auflage. Palgrave Macmillan 2008, doi:10.1057/9780230226203.0523 (Online-Ausgabe) für eine überblickartige historische Einordnung, und Ders.: Existence of competitive equilibrium. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 697–743 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02010-4) für eine formale Präsentation einiger verschiedener Modelle.
  3. Dazu Gerard Debreu: Existence of competitive equilibrium. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 697–743 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02010-4).
  4. a b Zur Erklärung dieser Definition: Betrachtet sei eine Ökonomie aus n Märkten. Die Preise auf diesen Märkten werden in einem Preisvektor zusammengefasst, wobei . In der Ökonomie gebe es weiter Konsumenten, wobei für diese die Indexmengen (die Menge aller Konsumenten) definiert werden.
    Das Konsumprofil einer Person ist – es gibt Auskunft, welche Menge Person i von jedem der n Güter konsumiert. Die Präferenzstruktur eines jeden Individuums findet wiederum in seiner Nutzenfunktion Ausdruck.
    Die anfänglichen Bestände an den jeweiligen Gütern sind durch einen Ausstattungsvektor gegeben. ist die Ausstattung einer Person (bezüglich aller Güter).
  5. Vgl. Kreps 2012, S. 316; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 581 f. Hier wegen der nicht anhand der Präferenz-Indifferenz-Relation R definierten Ökonomie abgewandelt; man beachte zum Verständnis, dass ist stetig R ist stetig (ein anderes Theorem von Debreu, vgl. etwa Kreps 2012, S. 35); weiter ist strikt quasikonkav R ist strikt konvex; ferner ist streng monoton steigend R ist streng monoton. Dazu etwa Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7, S. 17. Die hier vorausgesetzte Stetigkeit der Nutzenfunktion könnte durch die schwächere Annahme der Nichtsättigung von R ersetzt werden.
  6. Vgl. Kreps 2012, S. 317; zu den Abweichungen siehe insoweit weiter oben. Ähnlich Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 602. Das Theorem folgt an sich Gerard Debreu: Excess demand functions. In: Journal of Mathematical Economics. 1, Nr. 1, 1974, S. 15–21, doi:10.1016/0304-4068(74)90032-9.
  7. Rolf R. Mantel: Homothetic preferences and community excess demand functions. In: Journal of Economic Theory. 12, Nr. 2, 1976, S. 197–201, doi:10.1016/0022-0531(76)90073-9.
  8. Hugo F. Sonnenschein: Do Walras’ identity and continuity characterize the class of community excess demand functions? In: Journal of Economic Theory. 6, Nr. 4, 1973, S. 345–354, doi:10.1016/0022-0531(73)90066-5.
  9. Also eine Funktion, deren sämtliche partielle Ableitungen erster und zweiter Ordnung stetig sind.