Stephan Hawich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Stephan Hawich: Porträt Peter Marx

Stephan Hawich (* 3. April 1753 in Koblenz; † 11. Juli 1827 in Trier; Schreibvarianten: Havig, Habig, Habicht) war ein deutscher Maler und privater Kunstausbilder.

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stephan Hawich wurde als Sohn des Malers Jakob Hawich (1719–1780) und dessen Ehefrau Maria Anna Kaltenheuser geboren.[1] Über drei Generationen hinweg prägte der Malerberuf seine Familie. Auch Stephan Hawichs Sohn Christoph Hawich (1782–1848) war Maler. Spätestens im Jahre 1760 zog Stephan Hawich mit seinem verwitweten Vater Jakob von Koblenz nach Trier. Jakob Hawich schloss dort eine zweite Ehe, aus der noch drei Kinder hervorgingen. Im Mädchenwaisenhaus der Stadt Trier in der Hosengasse Nr. 208 führte Jakob Hawich mit seiner Familie eine bescheidene Existenz als Maler und Gemälderestaurator.[2] Stephan Hawich erhielt von seinem Vater ersten Kunstunterricht. Auf frühe Früchte dieser Ausbildung verweist eine im Jahre 1766 in der Zeitung Trierisches Wochen-Blättgen veröffentlichte Werbeanzeige: "Es befindet sich alhier in der Hosgaß ein Mahler Namens Stephan Hawich, welcher Portraiten in Pastell mahlet um einen billigen Preiß."[3]

In die folgenden neun Jahre fällt ein längerer auswärtiger Aufenthalt des Malers, es gibt aber keine Quellen, wo er sich in dieser Zeit aufhielt. 1775 war er zurück in Trier und bot im Trierischen Wochen-Blättgen seine Dienste als Porträtmaler und Zeichenlehrer an.[4] 1776 heiratete er in Trier Catharina Brauer. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor.[5] Hawich war nicht zunftmäßig im Trierer Krämeramt organisiert, er zahlte seine Steuern (Nahrungsgulden) an den Zender[6]. Ohne ein eigenes Anwesen zu erwerben, wechselte er mehrfach Atelier und Wohnung im Stadtzentrum. Zuletzt war er in der Pallastgasse Nr. 95 ansässig, wo er auch verstarb.[7]

Meister Habichts Mal- und Zeichenschule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stephan Hawichs Domäne in Trier war der elementare Kunstunterrichts. Wer ein wenig Talent zeigte oder eine Grundausbildung vor dem Besuch von Kunstakademien brauchte, wurde zu Stephan Hawich gegeben. Außer den vielen namenlos gebliebenen Schülern zählten auch eine Reihe überregional bekannter Maler zu seinen Adepten,[8] u. a. Anton Josef Dräger, der später an der Kunstakademie in Dresden bei Gerhard von Kügelgen studierte und sich in Rom den Nazarenern anschloss.[9] Auch der Pastellmaler Nikolaus Lauer, der zum Hofmaler Friedrich Wilhelms III. reüssierte, war zuvor bei Hawich[10], sowie der heute vergessene Maler und Reformer des Zeichenunterrichts Peter Schmid (* 15. April 1769 in Trier; † 22. November 1853 in Ehrenbreitstein), Verfasser mehrerer kunsttheoretischer Schriften und einst gesuchter Gesellschaftsmaler in Berlin.[11] Der bekannteste Trierer Maler des 19. Jahrhunderts Johann Anton Ramboux zählte entgegen oft wiederholter Behauptung nicht zu seinen Schülern. Er wurde, wohl auf Grund familiärer Verbindungen, von dem am Gymnasium tätigen Zeichenlehrers Karl Ruben (1772–1843) unterrichtet.[12]

Wie der in Trier bald als „Meister Habicht“ stadtbekannte Maler seinen Kunstunterricht gestaltete, dazu gibt ein seltenes Zeitdokument detaillierte Einblicke.[11] Der schon genannte Peter Schmid lernte von 1782 bis 1786 bei Stephan Hawich. Der Tagesablauf gestaltete sich so, dass der Schüler die Nacht zuhause bei seinen Eltern verbrachte. Zum Mittagstisch begab er sich zu seinem Gönner, dem Trierer Dompropst Philipp Franz Wilderich Nepomuk von Walderdorff, der auch die Ausbildung bezahlte. Während des übrigen Tages war Peter Schmid bei Hawich umfangreich in alle Arbeiten eingespannt: Er hatte Wasser zu tragen, Rüben zu waschen, Kinder zu warten, Farben zu reiben – und auch zu zeichnen. Dabei stellte nur eine große Menge nachgezeichneter Hände, Füße, Ohren, Nasen und Zehen in Rötel oder schwarzer Kreide den Meister zufrieden. Auch eine ängstliche Art, „in der sich kein Genie verrate“, versuchte Hawich den Schülern auszutreiben. „Frei und kühn müsse die Arbeit sein, gleichsam hingehauen und gefetzt“, so sein oft wiederholter Leitspruch. Selbst beim umfangreichen Kopieren großer Vorbilder verlangte Hawich diesen „genialen Strich“.

Überlieferte Gemälde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon 1776 hatte Stephan Hawich mit einer „Kunst-Anerbietung“ selbstbewusst auf die große Bandbreite seines Könnens hingewiesen: „Der Mahler Stephanus Hawich wird allen Liebhabern mit seiner Kunst aufwarten, groß und kleine Portraiten mit sonderbarer Gleichheit zu mahlen, wie auch Pastel desgleichen, auch Historien und Luststucken und Kirchenmahlerey, Freskomahlerey, wie auch sonstige in Wasser und Oel nach Verlangen, auch alte erloschene Bilder zu erfrischen. Dieses alles um einen billigen Preis.“[13]

Zu dieser Zeit war Trier mit rund 6000 Einwohnern eher eine Kleinstadt und bot kein günstiges Kunstklima, zumal der kurfürstliche Hof mit seiner Malerkolonie in Koblenz-Ehrenbreitstein residierte. Außerdem blühte die von Hawich an erster Stelle angepriesene Porträtmalerei erst mit dem Ende des 18. Jahrhunderts auf, als das erstarkende Bürgertum die bis dahin vorwiegend aristokratische Gepflogenheit, sich malen zu lassen, nachzuahmen begann. So stammen auch die Porträts, die sich heute noch für Stephan Hawich nachweisen lassen,[14] aus dem beginnenden 19. Jahrhundert und gehen zudem auf nur einen Auftraggeber zurück: den Kaufmann, Großgrundbesitzer und Inhaber der Trierer Porzellanmanufaktur Peter Marx (* 5. Januar 1763 in Trier; † 26. Januar 1831 ebenda). Im Jahre 1809 hatte Stephan Hawich ein erstes Porträt dieses Mannes, mitten in dessen Aufstieg gemalt, eine mit Realismus gestaltete Charakterisierung.[15] Am bekanntesten wurde jedoch das um 1816/17 gestaltete Ganzporträt des Peter Marx, heute im Stadtmuseum Simeonstift Trier (Abb.),[16] mit dem Stephan Hawich auf die altbewährten Requisiten des Rokokoporträts zurückgriff, um dem nun auf Repräsentation pochenden Fabrikherrn und Stadtrat zu genügen. Vor einem pompösen Vorhang mit Quasten posiert Marx in der Paradeuniform eines Hauptmannes der Nationalgarde (Bürgermiliz) und genießt mit einem angedeuteten Lächeln diese Inszenierung, zu der auch der löwenmähnige Hund zu seinen Füßen, die ins Leere gehende Schreibgeste (mit seinem Geburtsdatum) sowie die „Hintergrundinformation“ des Ausblicks auf seinen Grundbesitz (Martinskloster samt Mühle) gehörten.

Was die übrigen Arbeitsgebiete des Malers anbelangt, so fehlt jeder Nachweis auf Werke, die unter die angebotene Historienmalerei oder die „Luststucke“ einzuordnen wären. Lediglich auf dem Gebiet der Kirchenmalerei sind noch drei Darstellungen von Heiligen überliefert: Ein Hl. Antonius der Einsiedler, signiert und datiert „Stephan Hawich fecit 1814“, in der Kirche von Hamm/Saar sowie zwei heute verschollene Gemälde, eine Hl. Veronika und eine Gottesmutter mit Kind, beide um 1800.[17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christl Lehnert-Leven: Die „Hawichs“ und die Trierer Porzellanmanufaktur. In: „Für Bürger und Fremde, die auf Eleganz halten“ – Trierer Porzellan, Katalog der Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift Trier vom 9. April bis 31. Oktober 2000 und im Saarland-Museum Saarbrücken vom 12. November 2000 bis 14. Januar 2001, Trier 2000, S. 94–141.
  • Elisabeth Dühr, Frank G. Hirschmann, Christl Lehnert-Leven (Hrsg.): Stadtgeschichte im Stadtmuseum. Trier 2007, S. 116–117.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bistumsarchiv Trier, Kirchenbuch Koblenz-Liebfrauen, 560,159 (379), Heiraten 1732-1763 und Abt. 72,397, Fb2, Koblenz-Liebfrauen, Taufregister Nr. 4 1743-1761.
  2. Zwei Anzeigen in der Zeitung Trierisches Wochen-Blättgen Nr. 19 und 20 vom 8. und 15. Mai 1768, Stadtbibliothek Trier.
  3. Anzeige im Trierischen Wochen-Blättgen Nr. 8 vom 23. Februar 1766, Stadtbibliothek Trier.
  4. Anzeige im Trierischen Wochen-Blättgen Nr. 1 vom 1. Januar 1775, Stadtbibliothek Trier.
  5. Stadtarchiv Trier, Wurringen-Verkartung, Kirchenbuch St. Laurentius, S. 331.
  6. Stadtarchiv Trier, L 7/3, Steuerliste (Nahrungs- und Schirmgulden) Trier 1784.
  7. Bistumsarchiv Trier, Abt. 72, 841 Nr. 18–21, Trier-St. Gangolf, Sterbefälle 1818–1850. Das im Sterbeeintrag vom 11. Juli 1827 angegebene Alter von 79 Jahren ist fehlerhaft, da Stephan Hawich am 3. April 1753 geboren und mithin zum Todeszeitpunkt 74 Jahre alt war.
  8. Bewerbungsschreiben des Sohnes Christoph Hawich an die Hospitienkommission Trier vom 13. Januar 1821, in dem dieser berichtet, dass sein Vater u. a. die Maler Dräger, Lauer und Schmid in der Kunst ausgebildet habe – Stadtarchiv Trier – Hospitals-Archiv D4, Verschiedenes, Mappe b.
  9. Phillip Laven: Biographie des Malers J.A. Dräger. In: Treviris, 2. Jg. 1835, Nr. 5–8. E. Nick: Maler Anton Joseph Dräger. In: Trierer Zeitschrift, 7. Jg. 1932, S. 99–115.
  10. Thomas Wiercinski: Der Pastellmaler Nikolaus Lauer 1753-1824, Werkverzeichnis, St. Wendel 2004, S. 10.
  11. a b Wilhelm Perschke: Peter Schmid. Eine Lebensgeschichte. Essen 1837, S. 10–13. Die Biografie wurde noch nach den eigenen Angaben des Malers aufgezeichnet. Binder: Schmid, Peter. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 689–692.
  12. Guido Groß: Beiträge zur Kenntnis von Leben und Schaffen des Trierer Malers J. A. Ramboux. In: Trierer Zeitschrift, 53. Jg. 1990, S. 335–354, hier 336.
  13. Trierisches Wochen-Blättgen, Nr. 15 vom 14. September 1776.
  14. Der Katalog der „Portraits-Ausstellung Trierer vor 100 Jahren“, Trier 1929, weist unter Nr. 106 noch ein unsigniertes Porträt des Husarenoffiziers Johann Marx (1782–1808), eines Bruders von Peter Marx aus, von dem derzeit nur ein ungenaues Archivfoto des Stadtmuseums Simeonstift vorliegt; die Zuschreibung an Stephan Hawich (nur wegen des familiären Zusammenhangs) ist nicht gesichert.
  15. Katalog der „Portraits-Ausstellung Trierer vor 100 Jahren“, Trier 1929, Nr. 105 b: Öl auf Leinwand, 78 × 55 cm, signiert und datiert „Stephan Hawich fecit 1809“, Privatbesitz.
  16. Öl auf Leinwand, 145 × 117 cm, signiert „Hawich pxt.“, Stadtmuseum Simeonstift Trier, Inv. Nr. III 264.
  17. Ernst Wackenroder: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Trier. Düsseldorf 1936, S. 38 und 142.