Stieglitzens Hof

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Stieglitzens Hof war ein Gebäudekomplex in Leipzig, der sich vom Markt bis zur Klostergasse erstreckte und bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg über 200 Jahre bestand.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1615/1616 hatte der Leipziger Handelsherr und Baumeister Johann Rothaupt auf der westlichen Seite des Marktes zwei ältere Bürgerhöfe zusammengebracht und Rothaupts Hof neu errichtet. Dieses Anwesen übernahm der Ratsherr, Stadtbaumeister und spätere Bürgermeister Christian Ludwig Stieglitz und vereinte es mit dem dahinter an der Klostergasse liegenden Grundstück zu einem Durchgangshof (später Markt 13/Klostergasse 6), der nun den Namen Stieglitzens Hof führte. 1733 ließ er das dem Markt zugewandte fünfstöckige Vorderhaus mit 13 Fensterachsen und einer Fassade im Stile der späten Renaissance[1] aufführen, die sich bis Ende des 19. Jahrhunderts hielt. Das galt auch für das Tonnengewölbe im Hausflur und den nach der Hofseite angegliederten hohen Treppenturm mit Haube und Laterne. Das zwölf Fenster breite Hinterhaus an der Klostergasse war „von neuerer Bauart“.[2]

Nach einem Stadtführer von 1860[3] wurde in den Anfängen des Theaterspiels in Leipzig ein Saal in Stieglitzens Hof genutzt. Beträchtliche Erträge brachten die Vermietungen zu Messezeiten, und nach der Völkerschlacht logierten der preußische König Friedrich Wilhelm III. und Schwedens Kronprinz Karl Johann mehrere Tage in Stieglitzens Hof.

1894 wurde der historische Bau am Markt abgerissen und durch den Leipziger Architekten Ottomar Jummel ein fünfstöckiger Bau im Stil des Historismus errichtet, gleichzeitig mit dem benachbarten Bismarckhaus, und diesem angepasst. Das Dach trug drei breite verzierte Giebelgauben, von denen die mittlere einen Turmaufbau mit offener Laterne aufwies.

Stieglitzens Hof wurde beim Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 zerstört. Der Platz blieb jahrelang unbebaut, bis in den Jahren 1963 bis 1965 auf ihm und den Nachbargrundstücken ein siebenstöckiges Mehrzweckgebäude errichtet wurde, in das unter anderem das Leipziger Messeamt einzog.

Im Sommer 2001 wurde das Messeamtsgebäude abgerissen und an seiner Stelle die Marktgalerie erbaut, ein Wohn- und Geschäftshaus mit unterschiedlichen Fassadenteilen zum Markt. Stieglitzens Hof entspricht in etwa das Stück um den Eingang zum Kaufhaus Breuninger und den Passageneingang.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Müller: Die Häusernamen von Alt-Leipzig. (Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs, 15. Band). Leipzig 1931, Reprint Ferdinand Hirt 1990, ISBN 3-7470-0001-0, S. 41/42
  • Wolfgang Hocquél: Leipzig. Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. Passage-Verlag, Leipzig 2004, ISBN 3-932900-54-5, S. 44/45

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsens, Band 18 Stadt Leipzig (II. Theil), Dresden 1896 S. 458/459 (Digitalisat)
  2. Johann Gottlob Schulz: Beschreibung der Stadt Leipzig, Leipzig 1784, Reprint Kessinger Pub Co 2009, ISBN 978-110471789-6 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  3. Carl Weidinger: Leipzig. Ein Führer durch die Stadt. Leipzig 1860, Nachdruck VEB Tourist Verlag Berlin/Leipzig, 1989, ISBN 3-350-00310-9, S. 79

Koordinaten: 51° 20′ 25″ N, 12° 22′ 26,7″ O