Sugammadex

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Strukturformel
Strukturformel von Sugammadex (freie Säure)
Allgemeines
Freiname Sugammadex
Andere Namen
  • Cyclooctakis(1→4)-[6-S-(2-carboxyethyl)-6-thio-alpha-D-glucopyranosyl] (IUPAC)
  • Octakis[6-S-(2-carboxyethyl)-6-thio]cyclomaltooctaose
  • Sugammadexum (Latein)
Summenformel C72H112O48S8
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 6918585
ChemSpider 32689915
DrugBank DB06206
Wikidata Q420857
Arzneistoffangaben
ATC-Code

V03AB35

Wirkstoffklasse

Muskelrelaxans-Reversor

Eigenschaften
Molare Masse 2002,15 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Natriumsalz

keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Sugammadex (Handelsname Bridion, Hersteller: MSD Sharp & Dohme) ist ein Arzneistoff, der die neuromuskuläre Blockade (Muskelerschlaffung) durch Muskelrelaxanzien vom Aminosteroid-Typ, insbesondere Rocuronium, nach einer Narkose aufhebt (reversiert). Der Arzneistoff ist seit Ende Juli 2008 von der Europäischen Kommission zugelassen.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kalottenmodell von Sugammadex-Natrium

Sugammadex ist ein modifiziertes γ-Cyclodextrin mit einer hydrophilen Außen- und einer lipophilen Innenseite. Durch Wechselwirkung der negativ geladenen Carboxylatgruppen des Cyclodextrins mit den Steroidringen von Aminosteroid-Muskelrelaxanzien entsteht eine sehr stabile Einschlussverbindung. Sugammadex besitzt eine hohe Affinität zu Rocuronium, wofür es entwickelt wurde, sowie eine geringere zu Vecuronium und Pancuronium. Nicht-steroidale Muskelrelaxanzien (Benzylisochinoline wie Mivacurium oder Atracurium) sowie Suxamethonium können nicht durch Sugammadex gebunden werden.

Pharmazeutisch wird Sugammadex als Octanatriumsalz, Sugammadex-Natrium, eingesetzt. Der Wirkstoff ist ein weißes bis fast weißes Pulver, das hygroskopisch, gut löslich in Wasser und sehr schwer bis schwer löslich in polaren organischen Lösungsmitteln ist.[2]

Wirkmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach intravenöser Gabe von Sugammadex wird das freie Muskelrelaxansmolekül enkapsuliert (umhüllt). Dadurch entsteht ein Konzentrationsgradient für das Relaxans von der neuromuskulären Endplatte in den Intravasalraum, so dass sekundär weiteres folgt und gebunden wird. Durch diesen Prozess wird die Wirkung des Muskelrelaxans beendet. Somit erfolgt im Unterschied zu den bislang verfügbaren Muskelrelaxans-Antagonisten (Acetylcholinesterase-Inhibitoren wie Neostigmin) die Wirkung nicht an der neuromuskulären Endplatte.

Im Gegensatz zu den bislang verfügbaren Präparaten vermag Sugammadex auch tiefe neuromuskuläre Blockaden unmittelbar nach Rocuronium-Gabe dosisabhängig innerhalb von zwei bis drei Minuten aufzuheben. Die Gefahr einer Recurarisierung (Wiedereinsetzen der Muskelerschlaffung) scheint nicht zu bestehen, jedenfalls wurde in klinischen Studien bei adäquater Sugammadex-Dosierung eine Recurarisierung nicht beobachtet.

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sugammadex hat sich in den Zulassungsstudien als relativ nebenwirkungsarm herausgestellt. Aufgrund des Wirkmechanismus hat Sugammadex nahezu keine cholinergen Nebenwirkungen, welche die zurzeit gebräuchlichen Acetylcholinesterase-Inhibitoren aufweisen (Bradykardie, Bronchokonstriktion, Speichelfluss). Nur in Einzelfällen wurden allergische Reaktionen (Urtikaria) beobachtet.

Die häufigste Nebenwirkung ist eine Geschmacksstörung (metallisch oder bitter), die bei mehr als 10 % der Patienten auftritt. Ob die in einigen Fällen der Anwendung beobachtete intraoperative Wachheit auf Sugammadex zurückzuführen ist, ist unklar.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Datenblatt Sugammadex sodium bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. Januar 2023 (PDF).
  2. Bridion: EPAR - Public assessment report, Europäische Arzneimittelagentur, 26. September 2008.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. T. Nicholson, J. Sprung, C. J. Jankowski: Sugammadex: a novel agent for the reversal of neuromuscular blockade. In: Pharmacotherapy. 27(8), 2007 Aug, S. 1181–1188. PMID 17655516.
  • M. Naguib: Sugammadex: another milestone in clinical neuromuscular pharmacology. In: Anesth Analg. 104(3), 2007 Mar, S. 575–581. PMID 17312211.
  • A. Bom u. a.: A novel concept of reversing neuromuscular block: chemical encapsulation of rocuronium bromide by a cyclodextrin-based synthetic host. In: Angew Chem Int Ed Engl. 41(2), 2002 Jan 18, S. 266–270. PMID 12491405.
  • H. D. De Boer u. a.: Sugammadex, a new reversal agent for neuromuscular block induced by rocuronium in the anesthesized Rhesus monkey. In: Br J Anaesth. 96(4), 2006, S. 473–479. PMID 16464982.