Syntaktischer Metallschaum

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Syntaktische Metallschaum bzw. Verbundmetallschaum (engl. composite metal foam, CMF) ist ein Metallmatrix-Verbundwerkstoff, in den Hohlelemente wie Mikro-Glashohlkugeln oder metallische oder keramische Mikrohohlkörper eingebettet sind. Teilweise werden auch poröse Elemente wie Blähglasgranulate oder Perlite verwendet.[1]

„Syntaktisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang „zusammengefügt“.[2] Der Begriff syntactic foam wurde ursprünglich 1955 von der Bakelite Company für ihre Kunststoff-Verbundmaterialien mit Hohlkugeln aus Phenoplast eingeführt.[3]

CMF weist ein 5- bis 6-fach höheres Festigkeits-Dichte-Verhältnis und eine über 7-fach höhere Energieabsorption als andere übliche Metallschäume auf.

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Syntaktische Metallschäume werden in der Regel mittels schmelz- und pulvermetallurgischer Verfahren hergestellt.[4][5] Schmelzverfahren eignen sich insbesondere dann, wenn niedrigschmelzende Matrixlegierungen wie Aluminium, Magnesium oder Zink verwendet werden. Bei der Verarbeitung von Magnesium ist allerdings die hohe Reaktivität von flüssigem Magnesium gegenüber Oxidgläsern und -keramiken zu beachten.[6][4]

Es gibt verschiedene Ansätze, syntaktische Metallschäume mittels schmelzmetallurgischer Verfahren herzustellen. Zum einen können die Hohlkugeln einfach in die Schmelze eingerührt werden. Anschließend wird die Suspension aus Metallschmelze und Hohlkörpern erstarrt. Ein weiteres Verfahren beruht auf der Infiltration von Metallschmelzen in Preformen oder Schüttungen aus Hohlkörpern. Unter einer Preform versteht man in diesem Fall einen festen Block aus miteinander verbundenen Hohlelementen, z. B. Hohlkugeln. Die Schmelze infiltriert die Zwischenräume zwischen den miteinander verbundenen Hohlkugeln. Da Metallschmelzen die Hohlkörper in der Regel nicht benetzen, erfolgt die Infiltration häufig druckunterstützt, z. B. mittels Druckguss, Squeezecasting oder gasdruckunterstütztem Feinguss.

Syntaktischer Aluminium-Schaum

Für Metalle mit hohen Schmelztemperaturen, z. B. Eisen, ist die Schmelzinfiltration sehr schwierig umzusetzen. Es sind nur sehr wenige und vergleichsweise aufwändige Verfahren, wie z. B. Gasdruckinfiltration, verfügbar. Weiterhin kann die Kombination von hohen Temperaturen und Drücken zu einer Schädigung der Hohlkörper führen. Hochschmelzende Metalle und Legierungen werden daher oft nach den Fertigungsverfahren der Pulvermetallurgie als Metallpulver (Feedstock) mit den Hohlelementen vermischt und mittels Metallpulverspritzguss, Pressen oder Feedstock-Extrusion verarbeitet.[7] Beim anschließenden Sintern werden weiterhin hohe Prozesstemperaturen benötigt.

Ein weiteres Verfahren zur Herstellung syntaktischer Metallschäume ist das Versintern metallbeschichteter Hohlkörper.[8][9][10]

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die verschiedenen Fertigungsverfahren haben verschiedene Schaumstrukturen zur Folge. Die Infiltration von Preformstrukturen führt zu einer sogenannten 3-3-Struktur, also zu miteinander verwobenen 3D-Netzwerken aus Metall und Hohlkugeln. Vorteilhaft ist die höher einstellbare Porosität des Schaums. Ein Nachteil ist, dass das Hohlkörpernetzwerk, z. B. im Fall von Glashohlkugeln, eine durchgehende Schwachstelle hinsichtlich Rissausbreitung bei Zug- oder Biegebelastung darstellt. Das Einrühren von Hohlkugeln oder die pulvermetallurgischen Fertigungsverfahren führen dagegen eher zu einer 3-1-Struktur, also einer 3D-Matrix mit darin vereinzelt und voneinander isoliert vorliegenden Hohlkörpern.

Die syntaktischen Schäume sind in der Regel geschlossenporös, d. h. jedes Hohlelement ist nicht mit den anderen Hohlelementen und damit auch nicht mit der Umgebung verbunden. Durch spezielle Druckbehandlungen ist es allerdings in manchen Fällen möglich, diese Strukturen nachträglich zu öffnen.

Syntaktischer Zink-Schaum

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Syntaktische Metallschäume weisen im Vergleich zu konventionellen Metallschäumen in der Regel eine höhere Dichte auf. Diese und die Eigenfestigkeit der eingefügten Hohlelementen führen zu deutlich höheren Festigkeiten gegenüber vielen anderen Schaumtypen.[11][4] Festigkeiten, Duktilität und Elastizitätsmoduln sind – wie bei den konventionellen Schäumen – gegenüber dem massiven Matrixmaterial reduziert. Vorteilhaft ist dagegen das Dämpfungsvermögen gegenüber Körperschwingungen sowie die Möglichkeit der Aufnahme von Verformungsenergie (Crash).

Die Eigenschaften der Schäume können mittels Wärmebehandlungen, z. B. Einsatzhärten im Fall von syntaktischen Eisen- und Stahlschäumen, modifiziert werden.[12]

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für syntaktische Metallschäume werden insbesondere Anwendungen für die Schwingungsdämpfung in mechanisch und thermisch hochbelasteten Bereichen diskutiert und untersucht.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dipendra Shastri und H. S. Kim, “A new consolidation process for expanded perlite particles”, Construction and Building Materials, Vol. 60, Juni 2014, Seiten 1–7
  2. What is Syntactic Foam? Cornerstone Research Group, archiviert vom Original am 20. Juli 2012; abgerufen am 7. August 2009 (englisch).
  3. nach dem Oxford English Dictionary, dort zitiert nach Sci. News Let. 2 Apr. 213/3
  4. a b c Nikhil Gupta, Pradeep, K. Rohatgi: Metal Matrix Syntactic Foams. DEStech Publications, Lancaster, Pennsylvania 2015, ISBN 978-1-932078-83-1 (englisch).
  5. H. S. Kim and Pakorn Plubrai, "Manufacturing and failure mechanisms of syntactic foam under compression", Composites Part A : Applied Science and Manufacturing, Vol. 35, Seiten 1009–1015, 2004
  6. Mark Hartmann: Herstellung, Struktur und Eigenschaften syntaktischer Magnesiumschäume, Dissertation an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Mai 2015
  7. Prasan K. Samal, Joseph W. Newkirk (Hrsg.): ASM Handbook, Volume 7: Powder Metallurgy, ISBN 978-1-62708-087-3, ASM International, 2015
  8. A. Shishkin, J. Weise, E. Blumbergs, V. Kozlov, S. Ziedins, M. Lisnanskis, D. Lehmhus: Metallo-ceramic syntactic foams based on metal-coated cenospheres: Synthesis, properties and applications, In: International Conference on Multifunctional Cellular Materials InCell, Book of Abstracts, S. 41. Isabel Duarte, Matej Vesenjak, Zoran Ren (Ed.)
  9. B.F. Neville, A. Rabiei: Composite metal foams processed through powder metallurgy, Materials & Design, 29, 388–396. 10.1016/j.matdes.2007.01.026.
  10. Eine strenge begriffliche Abgrenzung zu „Composite Metal Foams“ (CMF) und gesinterten Hohlkugelstrukturen ist nicht gegeben.
  11. O. Huber, H. Klaus, R. Dallner, F. Bartl, K. Eigenfeld, B. Kovacs, M. Godehardt: Herstellung und Eigenschaften syntaktischer Metallschäume mit unterschiedlichen Matrix- und Füllmaterialien - Einfluss unterschiedlicher Matrix- und Füllmaterialien auf die mechanischen Eigenschaften des syntaktischen Schaums (Teil 2), Zeitschrift Druckgusspraxis 2/2006, Seiten 69–75
  12. J. Sandfuchs, D. Lehmhus, J. Weise, M. Steinbacher, H.-W. Zoch, M. Busse: Case Hardening and Carbonitriding of Iron Matrix Syntactic Foams, EUROMAT2019, 1.–5. September 2019, Stockholm, Sweden