Tegguida-n-Tessoum

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Karte
Lage von Tegguida-n-Tessoum in Niger

Tegguida-n-Tessoum (auch Teggida n’Tessoum, Teguidda n’Tessoumt, Tigué Dan Tessoum, Tiguidan Tessoum; auf Tuareg Tǝgǝedda n-Tǝseṃt)[1] ist ein Dorf in der Landgemeinde Ingall in Niger.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salzherstellung in Tegguida-n-Tessoum (2022)

Das von einem traditionellen Ortsvorsteher (chef traditionnel) geleitete Dorf befindet rund 77 Kilometer nordwestlich von Ingall, dem Hauptort der gleichnamigen Landgemeinde und des gleichnamigen Departements Ingall in der Region Agadez. Der Stadt Arlit im Nordosten ist etwa 164 Kilometer entfernt.[2]

Die kleine Oasensiedlung Tegguida-n-Tessoum liegt auf einer Höhe von 371 m[3] in der Tonebene von Talak im Azawak-Gebiet. Sie besteht vorwiegend aus Flachdach-Lehmhäusern.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das französische Übersee-Forschungsinstitut Office de la Recherche Scientifique et Technique Outre-Mer (ORSTOM) betrieb in Tegguida-n-Tessoum eine geomagnetische Station, die zu einem Netzwerk von mehreren hundert ORSTOM-Stationen in Westafrika gehörte, an denen in den 1950er Jahren geomagnetische Messungen vorgenommen wurden.[4]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Dorf hatte 786 Einwohner in 153 Haushalten bei der Volkszählung 1988,[5] 410 Einwohner in 76 Haushalten bei der Volkszählung 2001[6] und 489 Einwohner in 80 Haushalten bei der Volkszählung 2012.[2]

Der Brunnen von Tegguida-n-Tessoum ist ein Anziehungspunkt für die Nomaden der Tuareg-Gruppen Kel Fadey und Kel Hoggar.[7] Angehörige der ethnischen Gruppe der Kunta halten Kamele in den Ebenen um das Dorf.[8]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am östlichen Siedlungsrand liegt eine mindestens seit Mitte der 1980er Jahre bestehende, aber nicht genau datierbare Hof-Moschee. Der Komplexes umfasst 273 Quadratmeter, hiervon entfallen 167 Quadratmeter auf den Innenhof und 70 Quadratmeter auf das Betraumgebäude. Der Innenhof beherbergt ein einschiffiges Nebengebäude mit Flachdach, in welchem die örtliche Madrasa untergebracht ist. In der Südost-Ecke des Moscheehofes steht ein Adhān-Podest. Das Betraumgebäude ist als Queranlage konzipiert und hat einen quaderförmigen, exzentrisch gestellten Mihrāb-Vorbau. Der Innenraum hat zwei Transversalschiffe. Ein großes Gräberfeld umgibt die Moschee allseitig. Die Lehmmoscheen-Forscherin Dorothee Gruner spricht in diesem Zusammenhang von einem Symbol für die Lebensfeindlichkeit dieser Landschaft, in der nur der mühsame Salzgewinn eine Dauersiedlung überhaupt möglich mache.[9]

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salzbrote aus Tegguida-n-Tessoum (2022)

Die Wirtschaft in Tegguida-n-Tessoum basiert vorwiegend auf der Salzherstellung, die noch mühevoller ist als in den Salinen in den Oasen Fachi, Séguédine und Bilma. Ähnlich wie in den genannten Oasen wird Wasser verdunstet, hier allerdings in kreisrunden Löchern.[10] Salzhaltiger Boden aus der Umgebung wird zunächst in größeren Becken mit salzhaltigen Quellwasser vermischt. Die so entstandene Salzsole wird dann in benachbarte Becken gegossen. Damit eine hohe Salzkonzentration entsteht, wird dieser Vorgang mehrfach wiederholt. In kleinen Becken lagert sich durch Verdunstung schließlich ein rötliches Salz ab, das neben etwas Glaubersalz vorwiegend Kochsalz enthält. Diese Masse wird zu Salzbroten geformt und in Ingall oder auf südlicheren Märkten als Viehsalz verkauft oder gegen Hirse, Zucker oder andere Waren getauscht.

Im Dorf gibt es einen lokalen Bürgerhörfunk (radio communautaire).[11] Mit einem Centre de Santé Intégré (CSI) ist ein Gesundheitszentrum vorhanden.[12] Das nigrische Unterrichtsministerium richtete 1996 gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen zahlreiche Schulkantinen in von Ernährungsunsicherheit betroffenen Zonen ein, darunter eine für Nomadenkinder in Tegguida-n-Tessoum.[13]

Die Straße zwischen dem Gemeindehauptort Ingall und der Stadt Arlit führt über Tegguida-n-Tessoum. Sie ist in der Regenzeit kaum benutzbar.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tegguida-n-Tessoum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl-G. Prasse, Ghoubeïd Alojaly, Ghabdouane Mohamed: Dictionnaire Touareg – Français (Niger): M–Ž. Museum Tasculanum Press, Kopenhagen 2003, ISBN 87-7289-844-5, S. 569.
  2. a b Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 16, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  3. Julien Rechenmann: Catalogue des stations gravimétriques réoccupables en Afrique Occidentale. Mesures effectuées de 1953 à 1965. ORSTOM, Bondy 1966, S. 146 (core.ac.uk [PDF; abgerufen am 9. Oktober 2022]).
  4. J. Rechenmann, R. Remiot: Réseau général de bases magnétiques en Afrique Occidentale. Centre de Géophysique de M’bour / Office de la Recherche Scientifique et Technique Outre-Mer, Paris 1958, S. 28 (horizon.documentation.ird.fr [PDF; abgerufen am 8. Oktober 2023]).
  5. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 24 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 4. Mai 2019]).
  6. Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR-Datei) Institut National de la Statistique, abgerufen am 8. November 2010 (französisch).
  7. Aboubacar Adamou: Agadez et sa Région (= Études Nigériennes. Nr. 44). Pr. de Copédith, Paris 1979, S. 37.
  8. Abdoulkader Aghali: La commune d’In Gall (2) (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 61). LASDEL, Niamey/Parakou Oktober 2007, S. 13 (lasdel.net [PDF; abgerufen am 30. März 2021]).
  9. Dorothee Gruner: Die Lehm-Moschee am Niger. Dokumentation eines traditionellen Bautyps. Steiner, Stuttgart 1990, ISBN 3-515-05357-3, S. 370.
  10. Fotos der Salinen in Tegguida-n-Tessoum
  11. a b Monographie de la commune rurale d’Ingall. (PDF) Ministère de l’Intérieur et de la Décentralisation, République du Niger, 12. August 2009, S. 30, abgerufen am 20. Oktober 2020 (französisch).
  12. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, abgerufen am 10. November 2020 (französisch).
  13. Arrêté n°276/MEN/DAF/2445/IV du 21 octobre 1996, portant création de cantines scolaires en milieu nomade et transhumant. Ministère de l’Education Nationale, République du Niger, 21. Oktober 1996 (men.ne [abgerufen am 15. Dezember 2022]).

Koordinaten: 17° 26′ N, 6° 39′ O