Theater der Immoralisten

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Front des Theaters der Immoralisten im Jahr 2019.

Das Theater der Immoralisten ist ein privates Theater im Stadtteil Stühlinger von Freiburg im Breisgau.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Anfangsjahren als Studentenensemble haben die beiden Theatermacher Manuel Kreitmeier (Autor und Regisseur) und Florian Wetter (Musiker, Schauspieler und Autor) 2010 mit privaten Mitteln eine feste Spielstätte in Freiburg im Breisgau eröffnet. Hierzu wurden einige ehemalige Industrieparzellen innerhalb des Stühlinger Gewerbehofes zum Theaterraum ausgebaut. Eröffnet wurde das neue Freiburger Privattheater mit einer Neuinszenierung von Jean-Paul Sartres Geschlossene Gesellschaft[1]. Als Bühnenbild dienten lediglich drei Stühle.

Innenraum des Theaters der Immoralisten während der Produktion Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing, 2014.

Seit 2010 sind dort über fünfzig Eigenproduktionen entstanden. Von der Presse begeistert besprochen wurden besonders die modernen Klassikeradaptionen des Theaters, wie William Shakespeares 'Hamlet[2] oder Federico García Lorcas Bernarda Albas Haus[3]. Letzteres wurde auch von Wladimir Kaminer in einer Folge der Fernsehreihe "Kulturlandschaften: Schwarzwald"[4] auf 3sat besucht.[5] Das personell bisher umfangreichste Projekt war 2016 Professor Bernhardi[6] von Arthur Schnitzler mit 12 Schauspielerinnen und Schauspielern.

Innerhalb Jahre vor 2021 konnte das Theater der Immoralisten sich überregional mit einer eigenen Form des dokumentarischen Theaters etablieren. Immer wieder geht es in diesen Stücken um die deutsche Identität selbst. Der Serienmörder Peter Kürten und die Endphase der Weimarer Republik waren Thema des ersten eigenen Theaterstücks von Manuel Kreitmeier (Axt im Kopf[7], 2011). Es folgten weitere Autorenstücke, wie Hannelore[8] (2013) über die Kanzlergattin Hannelore Kohl oder Stammheim[9][10] (2014) über den Stammheim-Prozess gegen die Köpfe der RAF 1975. Aus diesen dokumentarischen Theaterprojekten heraus entstand seit 2017 drei Jahre in Folge eine großangelegte und breit geförderte Trilogie über den Ersten Weltkrieg mit den Stücken 1914 – Countdown zum Krieg[11], 1917 – Russisches Roulette[12] und 1919 – Die Vier[13].

Jeweils in den Sommermonaten finden vor dem Theater Theateraufführungen unter freiem Himmel statt. 2021 war hier beispielsweise Kreitmeiers Theaterstück Kaspar Sternenkind[14] – eine moderne Version der Kaspar-Hauser-Geschichte mit einer Musik von Florian Wetter – zu sehen.

Open-Air vor dem Theater mit der Produktion Kasimir und Karoline, 2013.

Seit 2016 wird das Theater der Immoralisten im Rahmen einer institutionellen Förderung von der Stadt Freiburg unterstützt[15][16]. Vom Landesverband Freier Theater Baden-Württemberg wurden die Inszenierungen mit zahlreichen Projekt- und Konzeptionsförderungen[17] bedacht. Seit 2020 wird das ambitionierte Privattheater auch vom Land Baden-Württemberg institutionell gefördert[18].

2020 – im zehnten Jahr seines Bestehens – wurde dem Theater der Immoralisten zudem der Reinhold-Schneider-Preis, der Kulturpreis der Stadt Freiburg, im Rahmen eines Stipendiums zugesprochen.[19] In der Begründung der Jury heißt es hierzu:

„Besonders hervorheben möchte die Kulturpreis-Jury die mutige Besonderheit des Theaters, nicht nur große Stoffe der Weltliteratur (‚Schuld und Sühne‘, ‚Das Bildnis des Dorian Gray‘, oder ‚Der Bau‘) auf ungewöhnliche Art zu inszenieren, sondern sich mit eigenen Stückentwicklungen und mit oft eigens komponierter Originalmusik, die live in den Vorstellungen gespielt wird, zu profilieren. Ihre Trilogie zum Ersten Weltkrieg oder ‚Stammheim‘ haben diese eigene Form des Geschichtstheaters eindrücklich vermittelt. Die Arbeiten der Immoralisten sind politisch motiviert und aufklärerisch, und dennoch bringen sie ihre Stücke auf höchst unterhaltsame Art auf die Bühne, ohne dabei beliebig oder gefällig zu sein.“

Repertoire[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pro Jahr zeigt das Theater vier Premieren. Zum Repertoire gehört das gesamte Spektrum der dramatischen Literatur. Gespielt werden sowohl klassische als auch moderne Theaterstücke sowie seit 2011 vermehrt eigene Autorenstücke mit live gespielter und eigens komponierter Bühnenmusik.

Ensemble[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Theater verfügt über ein festes Ensemble. In der Spielzeit 2020/21 besteht dieses aus den Schauspielerinnen und Schauspielern Chris Meiser, Jochen Kruß, Markus Schlüter, Anna Tomicsek, James Foggin, sowie Intendant Florian Wetter. Je nach Inszenierung kommen Gastschauspielerinnen und Gastschauspieler hinzu. Insgesamt hat das Theater einen Pool von 14 Schauspielerinnen und Schauspielern, die in regelmäßigen Abständen in den Produktionen des Hauses zu sehen sind.[20][21]

Für Regie, Bühne und Kostüm zeichnet seit Bestehen des Theaters Manuel Kreitmeier, für die Bühnenmusiken Florian Wetter und zum Teil Hannah Schwegler verantwortlich.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Theater der Immoralisten. Abgerufen am 10. September 2021.
  • „Irgendwas bleibt doch“ – Dokumentarfilm über das Theater der Immoralisten von Meike Gasser und Marie Hopermann.[22]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Romina Becker: Die Immoralisten: Premiere im eigenen Theater. In: Fudder - Neuigkeiten aus Freiburg. 2. Oktober 2010, abgerufen am 10. September 2021.
  2. Martin Jost: Hamlet – Das Freiburger Theater der Immoralisten inszeniert Shakespeare. In: Nachtkritik. 29. November 2013, abgerufen am 11. September 2021.
  3. Bettina Schulte: Immoralisten inszenieren "Bernarda Albas Haus" in Freiburg. In: Badische Zeitung. 9. März 2015, abgerufen am 10. September 2021.
  4. dpa: „Kulturlandschaften“: Mit Kaminer durch Deutschland. Focus online, 3. Juli 2015, abgerufen am 11. September 2021.
  5. Benjamin Knaack: Kaminer bei den Kuckucksuhren. Der Spiegel, 20. August 2015, abgerufen am 11. September 2021.
  6. Frederike Zimmermann: Mit „Professor Bernhardi“ übertreffen sich die Immoralisten selbst. In: Kukturjoker. 1. April 2018, abgerufen am 10. September 2021.
  7. Heidi Ossenberg: Der Biedermann und sein Dämon. In: Badische Zeitung. 3. Juni 2011, abgerufen am 10. September 2021.
  8. Heidi Ossenberg: Bleiche Mutter. In: Badische Zeitung. 28. September 2013, abgerufen am 10. September 2021.
  9. Heidi Ossenberg: Die Freiburger Immoralisten nehmen das Dokudrama "Stammheim" wieder auf. In: Badische Zeitung. 27. Mai 2016, abgerufen am 10. September 2021.
  10. Daniela Hillers: Interview mit den Theatermachern Manuel Kreitmeier und Florian Wetter über ihr Stück "Stammheim" im Theater der Immoralisten in: Ist das Kunst oder kann das weg? Die RAF im Spiegel von Gesellschaft und Kultur 40 Jahre nach dem Deutschen Herbst. Gallip-Verlag, abgerufen am 10. September 2021.
  11. Heidi Ossenberg: Das Drama "1914" erlebte im Theater der Immoralisten seine Uraufführung. In: Badische Zeitung. 9. Oktober 2017, abgerufen am 10. September 2021.
  12. Heidi Ossenberg: Freiburger Immoralisten überzeugen mit "1917 – Russisches Roulette". In: Badische Zeitung. 12. Oktober 2018, abgerufen am 10. September 2021.
  13. Heidi Ossenberg: Mäuschen spielen in Versailles – bei den Immoralisten geht das. In: Badische Zeitung. 18. Oktober 2019, abgerufen am 10. September 2021.
  14. Heidi Ossenberg: So lief "Kaspar Sternenkind" bei den Freiburger Immoralisten. In: Badische Zeitung. 11. Juli 2021, abgerufen am 10. September 2021.
  15. Jetzt ist die Stadt am Zug. In: Kulturjoker Freiburg. 2. Februar 2015, abgerufen am 10. September 2021.
  16. Förderung von Institutionen. Stadt Freiburg im Breisgau, abgerufen am 10. September 2021.
  17. Freiburg: Förderung für Theater- und Tanzgruppen. 3Landinfo, 10. September 2010, abgerufen am 10. September 2021.
  18. Theater in privater Trägerschaft. In: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Abgerufen am 10. September 2021.
  19. Reinhold-Schneider-Preisträger 2020. In: Stadt Freiburg im Breisgau. Abgerufen am 10. September 2021.
  20. Gina Kutkat: Das sind die Immoralisten - Fünf Portraits. In: Fudder - Neuigkeiten aus Freiburg. 19. März 2018, abgerufen am 10. September 2021.
  21. Ensemble. In: Theater der Immoralisten. Abgerufen am 4. Juli 2023.
  22. Meike Gasser und Marie Hopermann: "Irgendwas bleibt doch" - Dokumentarfilm über das Theater der Immoralisten. In: meki-media.de. 2020, abgerufen am 10. September 2021.