Thekla Kauffmann

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Thekla Kauffmann (* 18. Januar 1883 in Stuttgart, Königreich Württemberg; † 21. Dezember 1980 in New York) war eine deutsche Politikerin (DDP) und von 1919 bis 1920 die einzige jüdische Abgeordnete im Landtag von Württemberg.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kauffmann wurde 1883 in Stuttgart geboren. Ihr Vater war ein jüdischer Fabrikant.

Vor dem Ersten Weltkrieg wirkte sie beim Verein für Frauenstimmrecht mit. 1919 wurde sie für die DDP in die Verfassunggebende Landesversammlung von Württemberg gewählt. Sie arbeitete im Petitionsausschuss und im Sonderausschuss für den Entwurf eines Jugendfürsorgegesetzes mit. Mit ihrer zweiten Kandidatur scheiterte sie allerdings und so zog sie sich 1920 wieder aus der Landespolitik zurück. Sie kandidierte 1931 auf einer reinen Frauenliste für den Stuttgarter Gemeinderat, die allerdings kein Mandat errang.[1]

Bis 1933 war Kaufmann Abteilungsleiterin beim Landesarbeitsamt in Stuttgart. Sie richtete beim Arbeitsamt Stuttgart eine Hilfsstelle für Frauenarbeit ein und eine neue Abteilung für Frauen. Weil sie Jüdin war, wurde sie 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus dem Staatsdienst entlassen (Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums).

Kaufmann arbeitete danach als Sozialarbeiterin bei der Wohlfahrtsstelle der Stuttgarter israelitischen Gemeinde. Sie leitete die regionale Auswandererkommission des Hilfsvereins der Juden in Deutschland und kooperierte mit dem US-amerikanischen Konsulat in Stuttgart, das für den Westen und Süden des Deutschen Reiches zuständig war und daher die große Masse der Einwanderungsgesuche der zur Emigration gezwungenen deutschen Juden bearbeiten musste.

1941 floh sie selbst, kurz vor Beginn der Deportation deutscher Juden, mit ihrer Mutter nach Frankreich und von dort in die USA. In Chicago leitete sie ein Heim für berufstätige Mütter, später arbeitete sie in der dortigen Stadtbücherei. Ihren Lebensabend verbrachte sie ab 1960 bei ihrer Schwester in New York.

Ehrung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Stuttgart-Bad Cannstatt ist eine Straße nach Kauffmann benannt.

Kauffmann wurde in die neue Ausgabe des Gedenkbuchs politisch verfolgter Abgeordnete aufgenommen.[2][3]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thekla Kauffmann: German-Jewish Children's Aid, übersetzter Auszug aus: Auswanderung: Erinnerungen 1933-1947. In: Andreas Lixl-Purcell (Hrsg.): Women of Exile: German-Jewish Autobiographies since 1933. Westport : Greenwood, 1988, ISBN 0-313-25921-6, S. 45–49

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ina Hochreuther: Frauen im Parlament – Südwestdeutsche Abgeordnete seit 1919, Theiss Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-1012-8, S. 79f.
  • Michael Kitzing: Thekla Kauffmann (1883-1980), in: Stadtarchiv Stuttgart: Digitales Stadtlexikon, publiziert am 13. Juli 2022.
  • Wolfgang Niess: Thekla Kauffmann. Verpflichtung gegenüber den Mitmenschen in schwerster Zeit. In: Frauen im deutschen Südwesten, hg. von Birgit Knorr und Rosemarie Wehling, Stuttgart 1993, ISBN 978-3-17-012089-1, S. 180–185.
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 421.
  • Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4.
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 355.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ina Hochreuther: Frauen im Parlament. Südwestdeutsche Parlamentarierinnen von 1919 bis heute. 3. Auflage. Stuttgart 1912, ISBN 978-3-923476-16-9, S. 79.
  2. Maria Wetzel: Baden-Württemberg im Nationalsozialismus: Mehr Abgeordnete verfolgt als bisher bekannt. Stuttgarter Zeitung, 2. September 2019, abgerufen am 24. Dezember 2020.
  3. Landtag Baden Württemberg - Gedenkbuch. Abgerufen am 24. Dezember 2020.