Thomas Howard, 3. Duke of Norfolk

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Thomas Howard, 3. Duke of Norfolk mit dem Hosenbandorden und dem Marschallstab des Earl Marshal von England (Porträt von Hans Holbein dem Jüngeren, 1539/40, Tempera auf Holz; heute in der Royal Collection, Windsor Castle)

Thomas Howard, 3. Duke of Norfolk KG PC (* 1473; † 25. August 1554 in Kenninghall, Norfolk) war ein englischer Staatsmann und Militär unter den Königen Heinrich VII. und Heinrich VIII. Während der Regierungszeit des letzteren spielte er durchgehend eine wichtige politische Rolle, war Earl Marshal of England, diente als Berater im Kronrat und kommandierte Truppen. Er und sein Vater Thomas Howard, 2. Duke of Norfolk kämpften gemeinsam in der Schlacht von Flodden Field. Noch als über 80-jähriger zog er für Heinrichs Tochter Königin Maria I. ins Feld.

Nachdem zwei seiner Nichten, Anne Boleyn und Catherine Howard, als zweite und fünfte Ehefrau des Königs jeweils des Ehebruchs angeklagt und hingerichtet worden waren, erregten Howard und seine Familie jedoch zusehends das Misstrauen des Königs. 1547 wurden er und sein ältester Sohn, Henry Howard, Earl of Surrey, wegen Hochverrats verhaftet und zum Tode verurteilt. Sein Sohn wurde hingerichtet, Howard entging zwar der Hinrichtung, weil der König verstarb, verbrachte aber, nun bereits über 70-jährig, die nächsten sieben Jahre unter König Eduard VI. im Tower. Er wurde erst 1554 unter Maria I. wieder freigelassen und erhielt alle seine Würden zurück.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe Jahre und Aufstieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thomas Howard war der älteste Sohn von Thomas Howard, 2. Duke of Norfolk, und seiner ersten Frau Elizabeth Tilney. Als er zwölf war, fiel sein Großvater John Howard, 1. Duke of Norfolk, in der Schlacht von Bosworth zwischen König Richard III. und Heinrich Tudor.[1] Da auch Thomas’ Vater für den Verlierer Richard III. gekämpft hatte, stand die Familie nun unter dem Sieger und neuen König, Heinrich VII., vor dem Ruin. Titel und Ländereien der Howards wurden konfisziert, allerdings entkam Thomas’ Vater zumindest der Hinrichtung als Verräter. Durch Loyalität gegenüber dem neuen König gelang es ihm, Stück für Stück seine Ländereien wiederzuerlangen, und 1489 erhielt er zumindest die Earlswürde zurück, wenn auch nicht die eines Duke of Norfolk.[2] Als Thomas Howard am 4. Februar 1495 Anne of York heiratete, die Tochter König Eduards IV. und Schwester der Königin Elizabeth of York, war dies ein wichtiger Schritt in der Rehabilitation der Familie.[3] Thomas Howard diente 1497 in der Schlacht gegen die cornischen Rebellen und dann im September gegen die Schotten unter dem Kommando seines Vaters, der ihn am 30. September zum Knight Bachelor schlug.

Als der König schließlich 1509 starb, verfügte er in seinem Testament, dass den Howards alle ihre Ländereien zurückgegeben werden sollten.[1] Thomas wurde vom neuen König Heinrich VIII. im April 1510 zum Knight Companion des Hosenbandordens ernannt und diente 1512 als Lieutenant-General einer Armee, die nach Spanien geschickt wurde. Am 4. Mai 1513 wurde er Lord High Admiral und am 9. September besiegten er und sein Vater den schottischen König Jakob IV. in der Schlacht von Flodden. Im Jahr darauf wurde Thomas’ Vater dafür endlich die Herzogswürde zurückgegeben und Thomas führte nun als dessen Heir apparent den Höflichkeitstitel eines Earl of Surrey. Als sein Vater 1524 starb und Thomas ihn als der dritte Duke of Norfolk beerbte, war er der mächtigste Peer in England, Mitglied des Privy Councils und Lord Treasurer und stand hoch in der Gunst des Königs.[3]

Heiratspolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie in Adelskreisen üblich, suchte Howard, den Einfluss seiner Familie durch vorteilhafte Verheiratungen seiner Verwandten zu vergrößern. Seine eigenen Eheschließungen lassen gewisse Ambitionen vermuten. Seine erste Ehefrau Anne of York war eine gebürtige Prinzessin aus dem Haus York, und Kinder von ihr hätten sich in die Thronfolge eingereiht. Seine zweite Ehefrau Lady Elizabeth Stafford, die er 1513 heiratete, war die Tochter des Edward Stafford, 3. Duke of Buckingham, und somit ebenfalls von königlicher Abstammung. Doch obwohl die Einheiratung in die erweiterte königliche Familie von Vorteil sein konnte, sollte sie sich als gravierender Nachteil erweisen, als Howards Sohn Henry Howard, Earl of Surrey, Jahre später aufgrund seiner Abstammung ein königliches Wappen benutzte und damit das Misstrauen des Königs erregte.[4]

Verwandte vorteilhaft zu verheiraten, war zudem eine Möglichkeit, um unangenehmen Aufgaben zu entgehen. Im Frühling 1520 beispielsweise sollte Howard im Zuge seiner Mission in Irland ein Abkommen mit der Familie Butler schließen, die wie seine Verwandten, die Boleyns, Anspruch auf die Würde eines Earl of Ormonde erhoben. Sein Vorschlag, das Problem zu lösen, war eine Ehe zwischen seiner Nichte Anne Boleyn und dem jungen James Butler, um die Ansprüche der Familien zu vereinen. Neben der Erringung einer irischen Earlswürde hätte Howard zudem eine unliebsame Mission in einem ihm verhassten Land verkürzen können.[5] Doch, obwohl er sich während seiner Zeit in Irland sehr um die Butlers bemühte, waren die Boleyns nicht sonderlich begeistert von seiner Idee und die Verhandlungen über die Ehe liefen ins Leere. James Butlers Witwe sollte allerdings Jahre später Anne Boleyns Cousin Francis Bryan heiraten.

Des Weiteren bemühte Howard sich sehr darum, seine eigenen Kinder mit der königlichen Familie zu verschwägern. Für seine Tochter Mary konnte er den illegitimen Sohn des Königs, Henry Fitzroy, 1. Duke of Richmond and Somerset, als Ehemann gewinnen, obwohl seine Ehefrau Elizabeth es als Beleidigung empfand, dass ihre Tochter mit einem Bastard verheiratet wurde. Auch versuchte er, die zum Bastard erklärte Prinzessin Maria mit seinem Sohn Henry Howard zu verheiraten, was allerdings scheiterte. Einige Historiker vermuten zudem, dass Howard hinter der heimlichen Verlobung seines Halbbruders Thomas mit Lady Margaret Douglas steckte.[6] Nach der Bastardisierung der Prinzessinnen Maria und Elisabeth stand Margaret Douglas als Nichte des Königs an erster Stelle in der Thronfolge. Als die Affäre herauskam, war Heinrich allerdings so zornig, dass Howard, was auch immer seine wahren Absichten gewesen sein mochten, sich offiziell von seinem Bruder distanzierte und dessen Fall somit glimpflich überstand.

Onkel der Königin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz des Misserfolgs in Irland tauchte für Anne Boleyn bald eine wesentlich bessere Partie auf, als der König selbst begann, sie zu umwerben. Howard unterstützte den König in seinem Streben nach einer Scheidung von Katharina von Aragón und unterschrieb 1529 den Brief an den Papst, in dem der englische Adel seine Unterstützung für die Scheidung erklärte.[7] Doch obwohl seine Nichte tatsächlich den König heiratete, weigerte sie sich, von ihrem Onkel als Werkzeug benutzt zu werden. Seine konservativen, traditionell katholischen Ansichten passten nicht zu Annes reformatorischen Bestrebungen und angeblich murmelte er angesichts ihrer politischen Aktivitäten, dass Anne der Untergang der Howards sein werde.[8] Im Zuge der Reformation wurde Anne mehr und mehr mit radikalem Gedankengut identifiziert, welches Howard selbst zutiefst zuwider war. Hinzu kam seine Verachtung für Annes Verbündeten Thomas Cromwell, der ihn während des Ringens um die Scheidung politisch ausgestochen hatte, jedoch von sehr einfacher Geburt war.

Während Annes Zeit als Königin genoss Howard keineswegs die Vorteile, die er sich als Onkel der Königin erhofft hatte. Zwar ermöglichte Annes Einfluss die Hochzeit seiner Tochter Mary mit Henry Fitzroy, sonst aber schienen andere von Annes Aufstieg zu profitieren.[9] Anne verfolgte stattdessen ihre eigenen Ziele und angeblich beschwerte Howard sich bei Henry Pole, Lord Montagu, dass sie jeden Hund besser behandele als ihn. Als Anne im Januar 1536 eine Fehlgeburt erlitt, beschuldigte sie ihren Onkel, dass er sie mit der Nachricht eines Tjostunfalls des Königs geschockt und somit die Fehlgeburt ausgelöst habe.[10] Wenig später fiel Anne in Ungnade und Howard gehörte zu den Adligen, die sie des Ehebruchs für schuldig befanden, höchstwahrscheinlich um nicht ebenfalls in Ungnade zu fallen. Nach ihrer Hinrichtung 1536 büßte Howard einigen Einfluss bei Hofe ein. Während der Pilgrimage of Grace wurde Howard in den Norden entsandt, um den Aufstand niederzuschlagen. 1540 brachte er den Lordsiegelbewahrer Thomas Cromwell zu Fall, der in Ungnade gefallen war. Als eine weitere Nichte, Catherine Howard, 1540 den König heiratete, stieg sein Einfluss wieder. Trotz der anfänglichen großen Verliebtheit des Königs und des neu erstarkenden Einflusses der konservativen Kräfte bei Hofe endete jedoch auch diese Ehe mit einem Fiasko. Catherine Howard wurde wie ihre Cousine Anne Boleyn des Ehebruchs angeklagt und hingerichtet. Im Zuge der Ermittlungen gegen sie gelang es Howard zwar, seine Haut zu retten, doch hatte er das Vertrauen des Königs verloren.

Die späteren Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als sein Sohn Henry Howard ein königliches Wappen zu führen begann und offen erklärte, dass sein Vater nach Heinrichs Tod der bestmögliche Lordprotektor für den jungen Kronprinzen Eduard wäre, schlugen die Feinde der Howards zu. Vater und Sohn wurden beide inhaftiert und Henry Howard wegen Hochverrats hingerichtet. Howard entging diesem Schicksal allerdings, angeblich da Heinrich auf dem Sterbebett bereits zu schwach war, den Hinrichtungsbefehl zu unterzeichnen. Möglicherweise spielte auch Howards Petition eine tragende Rolle, Eduard sämtliche seiner Ländereien zu überschreiben, die Heinrich akzeptierte.[7] Während der Regierungszeit Eduards VI. blieb Thomas Howard in Haft. Bei Regierungsantritt von Königin Maria I. 1553 erhielt der 80-Jährige nach seiner Freilassung Titel, Würden und Besitz zurück.

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus seiner ersten Ehe mit Princess Anne of York hatte er vier Kinder:

  • Thomas Howard (* um 1496, † 3. August 1508), beerdigt in Lambeth mit der Inschrift: „Lord Howard, Sohn des Thomas Lord Howard und seiner Frau, der Tochter Eduards IV.“

Drei weitere Kinder wurden tot geboren.[11]

Aus zweiter Ehe mit Lady Elizabeth Stafford hatte er fünf Kinder:

Nach der Hinrichtung Henry Howards wurde dessen ältester Sohn Thomas der Erbe seines Großvaters und beerbte ihn als vierter Duke of Norfolk. Dieser war jedoch in die Ridolfi-Verschwörung gegen Königin Elisabeth I. verwickelt. Daraufhin wurde er 1572 ebenfalls wegen Hochverrats hingerichtet und ihm der Titel aberkannt. Erst 1660 wurde dessen Ururenkel Thomas Howard von König Karl II. wieder als 5. Duke of Norfolk eingesetzt.

Ahnentafel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael A. R. Graves: Howard, Thomas, third duke of Norfolk. In: Oxford Dictionary of National Biography. Oxford University Press 2004, Band 28.
  • Joanna Denny: Katherine Howard – A Tudor Conspiracy. portrait, London 2005, ISBN 0-7499-5120-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b David Starkey (Hrsg.): Rivals in Power: Lives and Letters of the Great Tudor Dynasties. Macmillan, London 1990, S. 26.
  2. David Starkey: Henry: Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009, S. 105.
  3. a b Michael A. R. Graves: Howard, Thomas, third duke of Norfolk In: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press 2004, Band 28.
  4. The Life of Henry Howard, Earl of Surrey.
  5. Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. ’The Most Happy’. Blackwell Publishing, Malden 2004, ISBN 0-631-23479-9, S. 34.
  6. Michael Riordan: Howard, Lord Thomas. In: Oxford Dictionary of National Biography. Band 28: Hooppell - Hutcheson. Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X.
  7. a b England under the Tudors - Biography of Thomas Howard
  8. Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. ’The Most Happy’. Blackwell Publishing, Malden 2004, ISBN 0-631-23479-9, S. 143.
  9. Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. ’The Most Happy’. Blackwell Publishing, Malden 2004, ISBN 0-631-23479-9, S. 202.
  10. Eric Ives: The Life and Death of Anne Boleyn. ’The Most Happy’. Blackwell Publishing, Malden 2004, ISBN 0-631-23479-9, S. 299.
  11. David Starkey: Henry. Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009, S. 107.
  12. a b Stammbaum der Howards in: Jessie Childs: Henry VIII's Last Victim. The Life and times of Henry Howard, Earl of Surrey. Vintage Books, London 2008
  13. “The duke of Norfolk… his eldest daughter, the wife of the Seigneur d’Alby (Derby), died yesterday of the plague at a house near here, belonging to her husband; it will be one of the greatest blows the Duke has ever received.” Brief Eustace Chapuys an Kaiser Karl V. vom 16. März 1530 In: Henry VIII: September 1533, 1–10. Letters and Papers, Foreign and Domestic, Henry VIII, Band 4, Teil 1: 1529–1530 (1879).
  14. Susan Brigden: Howard, Henry, earl of Surrey. In: Oxford Dictionary of National Biography. Oxford University Press 2004, Band 28.
  15. Beverley A. Murphy: Fitzroy, Mary. In: Oxford Dictionary of National Biography. Oxford University Press 2004, Band 19.
  16. Thomas Howard, 1st Viscount Howard of Bindon auf thepeerage.com, abgerufen am 26. Juli 2015.
VorgängerAmtNachfolger
Thomas HowardDuke of Norfolk
Earl of Surrey
1524–1547; 1553–1554
Thomas Howard
Thomas HowardEarl Marshal
1524–1547
Edward Seymour
John DudleyEarl Marshal
1553–1554
Thomas Howard