Tropfsteinhöhle von Petralona

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Eingangsbereich der Petralona-Höhle
Nachbildung des Fundortes von Petralona 1
Der Schädel Petralona 1 (Nachbildung des Zustandes beim Auffinden)

Die Tropfsteinhöhle von Petralona (griechisch σπήλαιο Πετραλώνων, spíleo Petralónon, auch Kokkines Petres, Κόκκινες Πέτρες, Kókkines Pétres, „rote Steine“) ist eine Tropfsteinhöhle am Berg Katsika in der Nähe von Petralona (Πετράλωνα, Petrálona), das auf der Halbinsel Chalkidiki, in der griechischen Region Makedonien, liegt.

Museum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heute existiert neben dem Höhlengang ein archäologisches Museum, das Funde aus der Höhle – Knochen, Zähne, Werkzeuge, Fossilien – ausstellt. Es bietet auch eine Höhlen-Führung durch den 800 Meter langen Rundgang an.

Von 1978 bis 2018 war die Höhle als Schauhöhle zugänglich, ergänzt durch das Museum. Nach langen Streitigkeiten zwischen dem griechischen Staat und dem Archäologen Dr. Aris N. Poulianos, der in der Höhle seit 1965 Ausgrabungen anstellte und auch die Schauhöhle und das Museum betrieb, wurde die wissenschaftliche Arbeit in der Höhle 1983 vom Staat verboten. 2011 wurde die Höhle ganz vom Staat übernommen und Ende 2018 für Restaurationsarbeiten geschlossen.[1] Inzwischen (Stand: April 2024) sind Höhle und Museum gegen 8 (reduziert: 4) Euro Eintrittsgeld wieder zugänglich.[2]

Das Fossil Petralona 1[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1959 entdeckte ein Bewohner Petralonas die Höhle, in der er aufgrund eines Tropfgeräusches eine Quelle vermutete. Der Geologe und Höhlenforscher Ioannis Petrocheilos erforschte daraufhin die verschiedenen „Säle“ der Höhle, die aufgrund eines Felssturzes bis dahin versteckt geblieben waren.

1960 fand Petrocheilos den vollständig erhaltenen, fossilen Schädel eines bei Eintritt des Todes ca. 30 Jahre alten Vertreters der Gattung Homo, der zeitweise Archanthropus europeaus petraloniensis genannt wurde[3] (Sammlungsnummer: Petralona 1). Der Schädel wurde 1981 auf ein Alter von 160.000 bis 240.000 Jahren datiert,[4] er ist aber möglicherweise sogar mindestens 300.000 Jahre alt.[5][6] Das Innenvolumen des Schädels beträgt rund 1200 cm³ und ähnelt mit anderen Merkmalen – u. a. der Gestalt der ÜberaugenwülsteKabwe 1 aus Sambia und dem Fossil Arago XXI aus der Fundstätte Tautavel in Südfrankreich.[7] Das Fossil kann beiden Datierungen zufolge dem späten Homo heidelbergensis zugeordnet werden; aus Homo heidelbergensis gingen nach gegenwärtiger Auffassung die Neandertaler hervor. Zu dieser Datierung passt, dass einige Merkmale des Schädels denen der Neandertaler ähneln, andere Merkmale hingegen zu deutlich älteren Fossilien passen: „Der Schädel sieht aus, als habe man das Gesicht eines Neandertalers auf den Gehirnschädel einer anderen Spezies verpflanzt.“[8] Die Fundstelle des Schädels wird als „Mausoleum“ bezeichnet.

In einem den Höhlen-„Säle“, dem „Friedhof der Giganten“, wurden Knochen wilder Tiere gefunden. Verwahrort der Funde ist die Paläontologische Abteilung der Aristoteles-Universität Thessaloniki.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Aris N. Poulianos: A Middle Pleistocene Cave in Greece. In: Archaeology. Band 24, Nr. 1, 1971, S. 6–11, JSTOR:41674220.
  • Andreas Neumeier: Chalkidiki. Michael Müller Verlag, 2018, ISBN 978-3-95654-395-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Belege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Petralona Cave. Ministry of Culture and Sports, abgerufen am 25. April 2024 (englisch).
  2. Administrative Information: Petralona Cave. Stand: 22. April 2024.
  3. P. Kokkoros und A. Kanellis: Découverte d’un crâne d’homme paléolithique dans la péninsule chalcidique. In: L’Anthropologie. Band 64, Nr. 5–6, 1960, S. 438–446
  4. G. J. Hennig u. a.: ESR-dating of the fossil hominid cranium from Petralona Cave, Greece. In: Nature. Band 292, 1981, S. 533–536; doi:10.1038/292533a0
  5. Michael Balter: In Search of the First European. In: Science. Band 291, Nr. 5509, 2001, S. 1724; doi:10.1126/science.291.5509.1722
  6. A. G. Latham und H. P. Schwarcz: The Petralona Hominid Site: Uranium-Series Re-Analysis of ‚Layer 10‘Calcite and Associated Palaeomagnetic Analyses. In: Archaeometry. Band 34, Nr. 1, 1992, S. 135–140; doi:10.1111/j.1475-4754.1992.tb00483.x
  7. Ian Tattersall: The Strange Case of the Rickety Cossack – and Other Cautionary Tales from Human Evolution. Palgrave Macmillan, New York 2015, S. 145, ISBN 978-1-137-27889-0
  8. Donald Johanson und Blake Edgar: Lucy und ihre Kinder. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Elsevier Verlag, München 2000, S. 214, ISBN 978-3-8274-1670-4.

Koordinaten: 40° 22′ 28,5″ N, 23° 10′ 0″ O