Ultraphon

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Label einer Schellackplatte von Ultraphon, 1930

Ultraphon ist die Bezeichnung für ein Gerät zum Abspielen von Schallplatten und für ein Plattenlabel.

Das Ultraphon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Berliner Erfinder Heinrich J. Küchenmeister (* 1893, Berlin, † 1966, Hamburg) entwickelte Anfang der 1920er Jahre das „Ultraphon“, ein Abspielgerät für Schallplatten in einem runden Gehäuse mit 2 Schalldosen, 2 Tonarmen und 2 rechtwinklig versetzten Schall-Öffnungen. Beide Nadeln laufen in einen festen Abstand durch die gleiche Rille, wodurch bei der Wiedergabe durch die jeweils eigenen Schalltrichter eine geringe Zeitverschiebung des Tonsignals erreicht wird. Dadurch wird einerseits ein Gewinn an Lautstärke erzielt, andererseits ein „Raumklang“ bzw. Pseudo-Stereoeffekt erzeugt.

Die „Deutsche Ultraphon AG“, deren Zweck die Produktion dieser Sprechmaschinen war, wurde am 13. August 1925 in Berlin-Lichtenberg gegründet, Hauptaktionär war Heinrich Küchenmeister.

Da der geschäftliche Erfolg der Erfindung gering war, ging man bald dazu über, konventionelle Geräte mit nur einem Tonarm/Schalltrichter zu bauen. Ab 1928 übernahm die Küchenmeister-Firma „BERTONA – Berliner Tonapparate-Fabrik GmbH“ die Herstellung. Sie stellte Anfang 1932 die Produktion ein.[1]

Deutsche Ultraphon AG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Zusammenarbeit mit dem holländischen Geschäftsmann und Ingenieur Andreas Struve (* 1882, † 1954) plante Küchenmeister einen multinationalen elektroakustischen Großkonzern mit eigenständigen Abteilungen für

  • Schallplatte und Sprechmaschine
  • Radio
  • Tonfilm.

Mit überwiegend niederländischem Kapital wurde in Amsterdam als Holding die „N.V. Küchenmeister’s Internationale Maatschappij voor Accoustiek“ gegründet (Mai 1929). Dazu gehörten für den Bereich des Tonfilms die „N.V. Küchenmeister’s Internationale Maatschappij voor Sprekende Films“ (gegründet Dezember 1927, später Internationale Tobis Maatschappij N.V.) und für die Radioabteilung die „N.V. Küchenmeister’s Internationale Radio Maatschappij“ die allerdings nur das Planungsstadium erreichte.

Die „N.V. Küchenmeister's Internationale Ultraphoon Maatschappij“ vom Oktober 1928 verantwortete den Schallplatten- und Sprechmaschinenbereich.[2]

Anfang 1929 fusionierte die Deutsche Ultraphon AG, Berlin mit Küchenmeisters Internationaler Ultraphoon, Amsterdam. Ziel war der Aufbau einer eigenen Schallplatten-Produktion in Deutschland. Erste Schallplatten kamen im Herbst 1929 auf den Markt.

Unter der Leitung des Schallplattenproduzenten Herbert Grenzebach (* 1897 Berlin, † 1992 Mallorca) entstand in kurzer Zeit ein umfangreiches Repertoire.

Zu den Ultraphon-Künstlern gehörten Marlene Dietrich, Joseph Schmidt und Erich Kleiber.

Die Aufnahmen zeichnen sich durch eine ungewöhnlich gute Klangqualität aus. Sie ist das Verdienst der Ultraphon-Tontechniker Hans-Karl von Willisen (* 1906 Berlin-Charlottenburg, † 1966 Wuppertal) und Paul-Günther Erbslöh (* 1905 Barmen, † 2002). Als Tonstudio nutzte die Aufnahmeabteilung der Ultraphon den Tanzsaal des Gartenlokals „Victoria-Garten“ (auch „Viktoria-Garten“) in Berlin-Wilmersdorf, Wilhelmsaue 114–115.

Aufgrund der unübersichtlichen Konzernkonstruktion geriet die „Deutsche Ultraphon AG“ im Juli 1931 in Zahlungsschwierigkeiten und wurde Anfang 1932 liquidiert.

Im März 1932 kaufte die Telefunken aus der Konkursmasse Matrizen und Presswerke und gründete als „Telefunkenplatte GmbH“ ein eigenes Label.[3]

Internationale Label[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Frankreich: „Ste. Internationale Ultraphone“ in Villetaneuse (Seine) nahe Paris, 1931–1939 selbständig tätig als „Société Ultraphone Française“
  • Niederlande: „Ultraphon“, Amsterdam
  • Schweiz: „Turicaphon AG“, gegründet Oktober 1930 in Zürich
  • Tschechoslowakei: Ultraphon-Presswerk und Tonstudio in Prag ab 1931. Das Produktionszentrum in Prag und dessen Rechte gingen an die tschechische Ravitas. Inländische Erzeugnisse wurden unter Ultraphon registriert während internationale Produktionen fortan den Namen Supraphon trugen. Das Hoch erlebte das Label in den 1930er Jahren mit dem Verkauf von Klassik- und Jazzaufnahmen. Mit der russischen Besetzung nach dem Zweiten Weltkrieg folgte 1946 die Verstaatlichung. Ultraphon und Supraphon wurden danach ausschließlich für den tschechischen Markt verwendet, das Weltrepertoire unter dem Label Mercury Records weitergeführt. Die Firma Ultraphon A.S. wurde 1969 in Supraphon A.S. umgetauft und ist heute das größte tschechische Schallplattenlabel.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herman George Scheffauer: Super-Sound ‘Felt’ By German Singer. [Artist-Scientist Has Perfected an Invention Which, It Is Said, Will Affect Talking Machines and Prove of Value in Medical World.], in: The New York Times, Sunday, November 8, 1925, p.6.
  • Franz Schorn: Alte Schallplatten-Marken in Deutschland. Wilhelmshaven: Noetzel 1988. ISBN 3-7959-0551-6
  • Hansfried Sieben: Herbert Grenzebach: eine Leben für die Telefunken-Schallplatte. Düsseldorf: Sieben 1991
  • Oliver Wurl: Ultraphon reflects the tone: the rise and fall of an enterprising record company. In: Classical recordings quarterly. Heft 63, Winter 2010, S. 37–40. ISSN 2045-6247
  • Enrico Pigorsch: The record company Société Ultraphone Française. In: Contributions to the history of the record industry, Vol. 12. Gesellschaft für historische Tonträger, Wien 2022, ISBN 978-3-9502906-6-0, S. 46–53.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hansfried Sieben: Herbert Grenzebach. Düsseldorf 1991, S. 9–12
  2. Dibbets, Karel: Tobis, made in Holland. In: Tonfilmfrieden/Tonfilmkrieg. München: edition text + kritik 2003. ISBN 3-88377-749-8
  3. Oliver Wurl: Ultraphon reflects the tone: the rise and fall of an enterprising record company. In: Classical recordings quarterly. Heft 63, Winter 2010, S. 37–40. ISSN 2045-6247