Vampyrella pendula

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Vampyrella pendula

Illustration V. pendula:
Trophozoit (1,3–6), darüber Zellkern (2).
Modifiziert nach W. Zopf, 1885.[1]

Systematik
Unterstamm: Endomyxa
Klasse: Proteomyxidea
Ordnung: Vampyrellida
Familie: Vampyrellidae
Gattung: Vampyrella
Art: Vampyrella pendula
Wissenschaftlicher Name
Vampyrella pendula
Cienkowski, 1865

Vampyrella pendula ist eine Spezies (Art) von amöboiden Einzellern in der Familie Vampyrellidae, die zur Klade der Cercozoa (Cercozoen) innerhalb der Supergruppe Sar (Stramenopiles-Alveolata-Rhizaria) gehört.[2]

Im Gegensatz zu ihrer Schwesterart V. lateritia, die sich ausschließlich von Jochalgen aus der Familie der Zygnemataceae ernährt und nicht von Algen der Gattung Oedogonium (Familie Oedogoniaceae), bevorzugt V. pendula genau diese Gattung (z. B. die Art Oedogonium stellatum) und ignoriert die Zygnemataceae.[3]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vollständige Artbezeichnung ist:

Vampyrella pendula Cienk.[3][4][5][6]

In der Literatur findet sich auch die (offensichtlich fehlerhafte) Schreibvariante

Vampyrella pedula Cienkowski[7]

Von dieser Art sind zwei Stämme (en. strains) VP.01 (gefunden in Monsau) und VP.02 (gefunden auf Mainau) bekannt.[3][5]
Anm.: NCBI gibt für beide Stämme als Fundort Monsau an.[5] Das steht im Widerspruch zu Hess et al. (2012), Tbl. 1, wo als Fundort „Pond on the Flower island in Lake Constance, Germany“ angegeben ist, was sich nur auf Mainau beziehen kann.[3]

Außerdem wird diskutiert, ob die mögliche Spezies

Vampyrella inermis L. Klein 1882[3][4]

mit der (fehlerhaften) Schreibvariante

Vampyrella intermis Klein[7]

tatsächlich eine Variante von V. pendula ist mit der dann korrekten Bezeichnung

Vampyrella pendula var. inermis (L. Klein) Zopf[4]

Morphologie und Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Organismen von V. pendula sind räuberische eukaryotische Einzeller, Im Laufe ihres Lebenszyklus können sie die folgenden Formen annehmen:[3]

  • Trophozoit – diese Grundform hat die Gestalt einer in etwa kugelförmigen Amöbe,
  • Verdauungszysten (englisch digestive cysts) – mit einer dreifachen Hülle,
  • Ruhezysten (en. resting cysts) – selten beobachtet.

Trophozoit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Trophozoitenform ist V. pendula mehr oder weniger kugelförmig und merkliche Formänderungen sind selten. Junge Trophozoiten erreichen eine Größe von 20–30 μm.[3] Die bis zu 50 μm langen Pseudopodien (Scheinfüßchen) ragen radial (oder axial) aus dem Körper heraus.[3] Sie sind dünn, spitz zulaufend, können verzweigt sein und sind mehr oder weniger gleichmäßig auf der Zelloberfläche verteilt; manchmal bilden sie auch Bündel. Während der Bewegung können sich die Pseudopodien im vorderen Teil der Zelle ansammeln.[3]

Der Körper in der Mitte ist intensiv orange gefärbt (Endoplasma), die Randzonen (Ektoplasma) und Pseudopodien sind farblos.[3]

Verdauungszysten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration V. pendula mit Algen­beute
8: Bulbochaete minor A.Braun ex Hirn
9–11: Oedogonium sp., der Trophozoit entwickelt sich zur Verdauungszyste.
Modifiziert nach W. Zopf, 1885.[1]

Die Verdauungszysten (en. digestive cysts) haben einen kugelförmigen oder sehr leicht elliptischen Zellumriss. Sie erreichen einen Durchmesser von 25 μm inklusive der äußeren Zystenhülle. V. pendula lebt räuberisch und ernährt sich von Algen. Die äußere Zystenhülle ist zart, mit glatter Oberfläche und in der Form birnenförmig. Sie ist zu einem charakteristischen Stiel (en. stalk) ausgezogen, mit dem sich die Verdauungszyste an die Beute anheftet.[3]

Die äußere Hülle ist zart, tropfen- oder birnenförmig und der Stiel bildet einen Schaft. Der zentrale Warzenhof ist ebenfalls empfindlich und oft schwer zu erkennen. Er kann durch sehr dünne fadenförmige Strukturen mit dem äußeren Warzenhof verbunden sein. Der innere Warzenhof ist glatt und starr im Aussehen.[3]

Die nächste innere Hülle ist ebenfalls sehr zart, manchmal kaum sichtbar. Sie scheint mit der äußeren Hülle durch sehr schwache strangförmige Strukturen verbunden zu sein, die den zarten Stacheln ähneln, wie sie auch für die Ruhezysten dieser Spezies beschrieben wurden.[3]

Die innerste Zystenhülle ist vergleichsweise deutlich erkennbar, mit gleichmäßiger Oberfläche.[3]

Junge Zystenstadien sind grün gefärbt, was von den absorbierten (einverleibten) Chloroplasten der erbeuteten Algen herrührt. Sie haben dadurch einen voluminösen grünen Inhalt, der von farblosem peripherem (außen befindlichen) Zytoplasma bedeckt ist. Sie haben eine schwache ausgebildete, transparente Hülle, die vielleicht aus Schleim besteht. Mit fortschreitender Verdauung ändert sich die Farbe der Zyste in ein Orange-Rot. In reifen Verdauungszysten erscheinen die Reste der verdauten Nahrung als brauner zentraler Rückstand, der in der leeren Zyste verbleibt, nachdem der Trophozoit aus ihr geschlüpft ist.[3]

Ruhezysten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration V. pendula: Die Verdau­ungs­zyste entwickelt eine Ruhezsyste.
Modifiziert nach W. Zopf, 1885.[1]

Die Ruhezysten wurden bisher noch nicht im Detail beschrieben, es sind lediglich Zeichnungen von Klein (1882)[8] und Zopf (1885)[1][9] bekannt.[3]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Wilhelm Zopf (1846–1909): Zur Morphologie und Biologie der niederen Pilzthiere (Monadinen), zugleich ein Beitrag zur Phytopathologie. Veit & Comp., Leipzig 1885. Hier: Kapitel IV. Vampyrella pendula Cienk. S. 14–16 (Beschreibung), S.39f (Bildlegende) und S. 49 (Tafel II, Fig. 1–16).
  2. Sina M. Adl, Alastair G. B. Simpson, Christopher E. Lane, Julius Lukeš, David Bass, Samuel S. Bowser, Matthew W. Brown, Fabien Burki, Micah Dunthorn, Vladimir Hampl, Aaron Heis​s, Mona Hoppenrath, Enrique Lara, Line le Gall, Denis H. Lynn, Hilary McManus, Edward A. D. Mitchell, Sharon E. Mozley-Stanridge, Laura W. Parfrey, Jan Pawlowski, Sonja Rueckert, Laura Shadwick, Conrad L. Schoch, Alexey Smirnov, Frederick W. Spiegel: The revised classification of eukaryotes. In: Journal of Eukaryotic Microbiology, Band 59, Nr. 5, 28. September 2012, S. 429–493; doi:10.1111/j.1550-7408.2012.00644.x, PMID 23020233.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p Sebastian Hess, Nicole Sausen, Michael Melkonian: Shedding Light on Vampires: The Phylogeny of Vampyrellid Amoebae Revisited. In: PLoS One, Band 7, Nr. 12, 2012, e31165; doi:10.1371/journal.pone.0031165, PMID 22355342, PMC 328029 (freier Volltext), ResearchGate, Epub 15. Februar 2012. Tbl. 1, Fig. 1.
  4. a b c EOL: Vampyrella pendula (Verbreitung), sowie Vampyrella Cienkowsky 1865 (Artenliste der Gattung), National Museum of Natural History, Smithsonian.
  5. a b c NCBITaxonomy Browser: Vampyrella pendula Cienk. (species); Details: Nucleotide: [Organism:noexp] – Vampyrella pendula; graphisch: Vampyrella pendula, Lifemap NCBI Version. Dazu:
  6. UniProt: Vampyrella pendula (SPECIES) und Vampyrella, all lower taxonomy nodes.
  7. a b NIES: Vampyrella Cienkowski, 1865, National Institute for Environmental Studies (NIES): The World of Protozoa, Rotifera, Nematoda and Oligochaeta.
  8. Julius Klein: Vampyrella Cnk., ihre Entwicklung und systematische Stellung. In: Botanisches Centralblatt, Band 11, Nr. 5–7, 1882, S. 187–215 und S. 247–264.
  9. Zur Morphologie und Biologie der niederen Pilzthiere (Monadinen), zugleich ein Beitrag zur Phytopathologie (Wilhelm Zopf 1885), Tafel II (mit Legende)