Verhäuslichte Kindheit

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Der Begriff verhäuslichte Kindheit bezeichnet eine Lebenssituation von Kindern, die ihre Kindheit vorrangig im häuslichen Bereich oder in geschlossenen Räumen verbringen. Die Pädagogik und die sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung bezeichnen eine Entwicklung zu einer verhäuslichten Kindheit, die zum Teil in modernen Gesellschaften und vor allem in Städten zu beobachten sei, als die Verhäuslichung der Kindheit.

Es werden mehrere mit der Verhäuslichung in engem Zusammenhang stehende Tendenzen beobachtet: eine Zunahme der mit Massenmedien wie Fernsehen oder Computer verbrachten Freizeit von Kindern (Mediatisierung der kindlichen Lebenswelt), eine wesentliche Rolle institutionalisierter Betreuung (Institutionalisierung) und eine Aufsplittung in einzelne Lebensräume, die durch Kinder nicht selbständig erreicht werden können (Verinselung).

Zusammengenommen spricht man von einer „Verhäuslichung“, „Verinselung“ und „Institutionalisierung“ von Kindheit.[1]

Ursachen dieser Phänomene werden im soziokulturellen, sozio-politischen und sozio-ökonomischen Wandel sowie in der demografischen Entwicklung identifiziert.

Wissenschaftliche Untersuchungen Anfang des 20. Jahrhunderts konnten die Theorie einer verhäuslichten, institutionalisierten und sozial verarmten Kindheit, wie sie vor allem für Großstadtkinder als gültig angenommen wurde, nicht bestätigen.[2] Auf Basis von Auswertungen der Studie „Was tun Kinder am Nachmittag?“ des Deutschen Jugendinstituts wurde festgestellt, dass sich eine Mehrheit der Kinder allen Umständen zum Trotz täglich oder zumindest mehrmals in der Woche draußen aufhalte. Auch Distanzen würden vorwiegend „eigentätig“ im Sinne von zu Fuß oder mit dem Fahrrad, zurückgelegt.[3] Allerdings zeigte eine neuere Studie von Pro Juventute, dass Kinder in der Schweiz durchschnittlich 47 Minuten pro Tag draußen und davon gerade mal 29 Minuten selbstständig und unbeaufsichtigt spielen.[4]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Geographisches Institut, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität (Hrsg.): Abschlussbericht zum Geländepraktikum: Öffentliche Räume. Kinder(t)räume in der Großstadt. Wo spielen Kinder in Bonn? Bonn (Vollversion (Memento vom 1. April 2013 im Internet Archive) [PDF; 1,8 MB; abgerufen am 18. November 2019]).
  • Soziales Lernen in der Grundschule, Online-Familienhandbuch
  • Natur- und Waldkindergärten in Deutschland – eine Alternative zum Regelkindergarten in der vorschulischen Erziehung, Dissertation, Peter Häfner, 18. Oktober 2002. Darin: Abschnitt 2.2.3 Verhäuslichung und Abschnitt 2.2.3 Verinselung
  • Wider die These der Verhäuslichung. Ergebnisse der ersten qualitativen Querschnittstudie aus dem Projekt ‚Lernbiografien im schulischen und außerschulischen Kontext‘, Universität Siegen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kindheit. DJI online, 23. Mai 2013, abgerufen am 18. April 2015.
  2. Vgl. Zitate in: Carola Podlich: Selbstgewolltes Leisten. Kinder als Konstrukteure ihres Selbst über selbstbestimmte leistungsthematische Situationen. (PDF; 2,1 MB) 2006, abgerufen am 23. Juni 2008. Siehe S. 37.
  3. Ralf Richter: „Reduktion der Eigentätigkeit“: Ein treffendes Charakteristikum der Freizeitaktivitäten heutiger Kinder? In: Hausarbeit zur Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen an der Universität Lüneburg. 10. Oktober 2001, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. April 2003; abgerufen am 23. Juni 2008.
  4. Peter Höfflin, Baldo Blinkert: Freiraum für Kinder. (PDF; 3,4 MB) Pro Juventute, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Juni 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/freiraumdev.projuventute.ch (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)